Geschmacksfrage: Schlichtes Lokal mit perfekter Teigware

Julia Stix
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Im Freihausviertel kocht Patrick Sowa im
Mormat viel sympathischer, als es klingt. Und man muss nicht stundenlang reden.

Gelangweilte Esser haben manchmal seltsame Anwandlungen. Nach dem hundertsten Sushi-Laden, dem tausendsten Wiener Neo-Beisl und dem zweiten Hotel-Restaurant suchen sie neue kulinarische Erfahrungen. Das kann dekadent werden oder ziemlich schräg. Da machen dann etwa plötzlich Köche ­Furore, die in einem Vernissagen-Keller auf ­Gaskochern georgisch schmoren. Und/oder Menschen, die noch nie in ihrem Leben einen Herd eingeschaltet oder eine Zwiebel geschält haben, eröffnen spontan ein Lokal und werden als natürliche und authentische Küchenhelden gefeiert, die alle Zwänge überwunden haben. Ähnliches dachte ich mir, als ich über Patrick Sowa in einem Beinahe-Kleinformat las, der in seinem neuen Mormat im Wiener Freihausviertel nur kocht, was er will. Und das nur nach einem persönlichen Gespräch mit dem jeweiligen Gast. ­Abschreckender kann ein neues Lokal nicht klingen; denn wenn ich reden will, gehe ich zum Psychiater.

Entwicklungshelfer

Aber man soll eben nie die falschen Zeitungen lesen, denn wichtig an Herrn Sowa ist nur eins: Er kann kochen. Das macht er zwar fast allein, deswegen dauert es ein wenig länger. (Er kommt übrigens wirklich an den Tisch, um über das Menü zu reden. Oder besser: um zuzuhören.) Aber das ­Warten lohnt sich. Denn der ehemalige Koch des Dolce Vita in Klagenfurt, dort so eine Art Vorposten der kulinarischen Zivilisation, versteht sein Handwerk, wenn er etwa Kürbis-Ravioli mit Affumicato und Granatapfelkernen zubereitet. Perfekte Teigware mit leichtem Biss, gute, nicht zu süße Kürbisfülle und exzellente Käseware: Das schmeckt im Friaul selten besser. Der Salat aus Calamares ist eigentlich ein bisschen frech – so wenig Calamares, so viel Minze und Erbsenschoten sind darin – aber er schmeckt frisch und intensiv. Das Wolfbarsch- und das Goldbrassenfilet mit Tomate gelangen zwar kross und nicht trocken, überraschen dann aber weniger. Für das sonst sonderbar brave Freihausviertel ist das schlicht eingerichtete Mormat auf jeden Fall eine Bereicherung. Fehlt nur noch dieser georgische Keller-Schmorer.

Info

Mormat, Mühlgasse 20, Wien 4
Tel. 06991/332 80 36, Mi–So 17 bis 1 Uhr

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