Die Testerinnen: Senns Restaurant

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Grandiose Aromen und viel Hübsches bei Andreas Senn.

Darf man einen Koch bitten, ein bisschen hässlicher anzurichten? Im Fall von Andreas Senn muss man das sogar. Und zwar nicht, damit das Essen besser zur Einrichtung passt (was hier, im absurden Schauhotel im Salzburger Gusswerk, im Reich der 1000 Beispieloberflächen, freilich ein Argument wäre). Senn sollte vielmehr deswegen ein bisschen hässlicher kochen, weil man an den gewiss sehr hübschen, aber eben auch abgedroschenen Formen auf dem Teller (eingerollte Gemüsebänder, Stickstoffkügelchen) gleichsam abzurutschen droht und erst gar nicht zum Kern des Talents vordringt: Senn hat einen genialen Gaumen. Schon an seinem vorigen Arbeitsplatz, dem Heimatliebe in Kitzbühel, verblüffte, welche geschmackliche Dichte Senn schaffte. „Wo kommt diese aromatische Schicht jetzt wieder her?“, fragte man sich dort.

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Andreas Senn ist nun in Salzburg sein eigener Herr. Das Lokal war schon da, wird wohl noch einige Zeit hässlich bleiben, heißt jetzt Senns Restaurant und wurde kürzlich mit einem „Michelin“-Stern ausgezeichnet. Auf der Karte steht nur ein Menü, aus dem man zwischen drei (65 Euro) und sechs Gänge (115 Euro) bestellen kann. Den Black Cod mit Miso, Maniok, Rettich und Dashi sollte man tunlichst nicht auslassen, und auch nicht den begleitenden Wein dazu: Der Bellavista Franciacorta ist eine Entdeckung und fügt sich mit einer tiefdunklen Salzigkeit von Walnussblättern ideal zum miso­glasierten Fisch. Königskrabbenbeine kleidet Senn in Yuzusud und Sake-Hollandaise und gibt noch diverses Kleinzeug von Kürbis, Chicorée und Zwetschke dazu. Ob es zu Wild wirklich immer eine dunkle Sauce sein muss, beantwortet Senn überzeugt mit Nein und serviert den fast rohen Hirschkalbsrücken mit einem hellen, leicht gebundenen Selleriefond. Dazu gibt es Selleriecouscous, ein aus dünnen Nashibirnenscheiben gewickeltes Croissant (Heinz Reitbauer lässt grüßen) und ein Shisopüree – wieder ein Beweis für Senns Riesentalent, spannende Aromenpa­rallelen zu finden: Das Wild ist von ebenso reizvoll metallischem Charakter wie das violette Shisokraut. Auch das Dessert aus Gurke, Dille, Kokos und weißer Schokolade spielt in Sachen Aromaakribie alle Stückln. Wenn es bloß ein bisschen weniger hübsch wäre!

Tipp

Senns Restaurant, Söllheimer Straße 16, 5101 Salzburg, 0664/45402320, Küche Di–Sa 18.30–21.30 Uhr

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