Die Testerinnen: Vestibül

(c) Stanislav Jenis
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Ringstraßenrochaden zum 150. Geburtstag

Ist es Zufall, dass gerade rund um das 150-Jahr-Jubiläum der Ringstraße in der Gastronomie in Ring-Reichweite eine solche Aufbruchstimmung herrscht? Viele Wiener sagen jedenfalls derzeit für Small-Talk-Themennachschub herzlich Danke (und nützen die Gelegenheit für ein kleines Quiz, wer eigentlich Burgtheater, Oper und die Museen gebaut habe). Für Small-Talk-Nichtinteressierte: Steigen Sie einfach in der nächsten Spalte wieder ein.

Das Edvard im Palais Hansen, eines der besten Hotelrestaurants der Stadt, vermeldete einen Wechsel des Küchenchefs (Anton Pozeg folgt Philipp Vogel nach und will die Linie mediterraner anlegen). Im Clementine im Glashaus im Palais Coburg kocht nun der ehemalige Chef des At eight im Hotel The Ring, Silvio Nickol im Coburg verlor dafür seinen Souschef Fabian Günzel ans Le Loft – auch noch im Ringstraßendunstkreis. Im Le Ciel im Grand Hotel wollen Toni Mörwald und Roland Huber ab Mai alles neu machen. Und Jacqueline Pfeiffer, die ebenda zwölf Jahre die Karte prägte, wurde von Christian Domschitz fürs Vestibül im Burgtheater als Ko-Küchenchefin engagiert.

(c) Stanislav Jenis

Wo sie ihm nun die Möglichkeit gibt, noch etwas mehr mit den Gästen zu plaudern. Auf der neuen gemeinsamen Speisekarte herrscht schon das Pfeiffer’sche Wildkräuterfieber. Domschitz’ Signature Dish, das Krautfleisch vom Hummer, wurde aber nicht angesteckt. Das bleibt, wie es war. Der rare gebratenen Entenleber mit einer attraktiven Ahornsirup-Kaffee-Sauce steht die Anisnote von Wiesenkerbel ausgezeichnet, während herber Giersch aus dem ohnehin schon maskulinen Gang aus Kalbsleber mit Eiszapfen-Radieschen und Knoblauchgrießauflauf einen ausgesprochen männlichen Teller macht. Das ist wohl Jacqueline Pfeiffers Beitrag zur leidigen Diskussion, ob Frauen für mehr Küchenpräsenz deutlich weiblich kochen sollten. Auch Bärlauch fehlt nicht auf der Vestibül-Karte, und wie elegant dieser an der Seite von Morcheln und Erdäpfeln sein kann, ist die größere Überraschung als die brave Beiriedschnitte. Mehr Intensität können die Sauerampfer-Pannacotta zum Tatar vom Räucherkarpfen und das Latschen-Parfait brauchen – beides schmeckt eher blass. Und bei den Desserts braucht es eine Mehlspeise – bitte, wir sind doch am Wiener Ring!

Tipp

Vestibül, Universitätsring 2, 1010 Wien. Tel: 01/532 49 90, Mo–Fr, 11–24, Sa, 18–24 Uhr

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