Die Testerinnen: Winisan

(c) Christine Pichler
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Hot, Haut, Herz, Huhn: Wini Brugger kocht wieder.

„Und, wie ist das Lokal?“ „Eh.“ „Echt, war’s nicht so gut?“ „Na, eh nicht schlecht, aber, äh, eh halt.“ Eh nette Einrichtung, mit allem, was man heute eben so braucht (und man braucht noch immer vor allem Schiefertafeln). Eh nette Getränkekarte mit den üblichen Was-man-heute-eben-so-braucht-Verdächtigen von Limonade bis Craft-Bier. Eh nette Gerichte, ganz lieb regional-saisonal, eh alles gut zubereitet, kein Grund zur Beschwerde. Aber.

(c) Christine Pichler

Ein Eh-Lokal ist Wini Bruggers Winisan definitiv nicht. Allein die absurde Mischung aus altdeutscher Dunkeleiche, pinkhaltigen Wandmangas und schwarzen Industrielampen in dieser 400 Jahre alten ehemaligen Gewölbebäckerei könnte kein hochbezahlter Interior-Consulter so erfinden. Und in diesem altdeutschen Dunkeleichenkosmos isst man nun grandioses Hot Sashimi vom Wolfbarsch mit Yuzu-Chili-Dressing, wobei hot nicht heiß heißt, außer beim Preis (neun Euro). Man isst dreierlei Pickles und staunt, wie schlicht etwas aussehen kann, was so nach bittemehrdavon schmeckt. Man isst Schwarzen Kabeljau (15 Euro), der nach Absprache mit der Nachbartischbesetzung offenbar leider unterschiedlich saftig geraten kann, mit einer gewissen Ssamjang-Sauce (ich ignoriere jetzt einfach das Handbuch für Gastrokritik, das vorschreibt, immer! so zu tun, als ob man alles kennen würde). Gebackener Karfiol (12 Euro) würde sogar richtig artig zur altdeutschen Dunkeleiche passen – aber nicht, wenn man bei Wini Brugger isst, da kommt er in Tempurateig mit üppiger Yuzu-Sake-Creme zu Tisch, und gut ist’s. Man isst aber vor allem Spieße mit allem, was einem Huhn so einfällt zu haben. Yakitori sind schließlich das heimliche Herz des Winisan. Hühnerherzen etwa, mit Shichimi-Pfeffer mariniert. Flügel mit Limette und Sake, Brust mit Wasabi und Zwiebel. Jeweils zwei Spieße gibt es um zwischen sechs und neun Euro. Absolut niemals zu versäumen ist hier aber die grandiose Hühnerleber, mit Ingwer, Mirin und Sojasauce mariniert, mit maximalem Kontrast zwischen innen und außen, zart-rosa und derb-rauchig, Prinzessin und Drache. Und wenn man die Hühnerhaut mit Currysalz nicht probieren kann, weil es die heute nicht mehr gibt, ist man kurz böse, aber auch dankbar, denn wie oft hört man schon den Satz „Haut ist aus“?

Tipp

Winisan, Lange Gasse 34, 1080 Wien, office@winisan.com, Di–Sa, 17–24 Uhr, nur Barzahlung

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