Die Testerinnen: Amador’s Wirtshaus & Greißlerei

(c) Stanislav Jenis
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Giorgios Nähstübchen, Juans Wirtshaus.

Diskutieren unerwünscht: „Komplizierten Menschen, die mit uns über das Wort ,Wirtshaus‘ sinnlose Diskussionen führen wollen“, richtet die Facebook-Seite des Restaurants von Juan Amador aus: „Bitte nicht hier! Wir wissen, was wir wollen, und haben eben eine andere Definition.“ Man ist offenbar also nicht allein, wenn man sich fragt, warum der nach Wien übersiedelte deutsche Drei-Michelin-Sterne-Koch sein neues Lokal auf Teufel komm’ raus tiefstapelnd Wirtshaus & Greißlerei nennen muss, wenn man nur die (noch etwas mager bestückte) Greißlerei als erkannt abhaken kann, sonst aber ein denkbar nichtwirtshausartiges Restaurant vorfindet. Aber gut, warum nicht, Armani nennt sein Maison ja auch Giorgios Nähstübchen.

(c) Stanislav Jenis

Vorn drauf steht also Wirtshaus, drin ist Fine-Dining. Juan Amador oder vielmehr Küchenchef Sören Herzig stehen am Herd. Der Weinkeller sieht immerhin 1000 Positionen zu tendenziell fairen Preisen vor, auch glasweise gibt’s Spannendes. Die rot-weiße Einrichtung und ein paar Signature Dishes sind aus Mannheim ins Grinzinger Ziegelgewölbe mitgekommen. Sechs Gänge plus Kleinzeug gibt es um 125 Euro. Am Sonntag bekommt man nur eine abgespeckte Version von drei oder vier Gängen um 55 bzw. 85 Euro, zusätzlich steht ein Drei-Gang-Bratenmenü, etwa mit Bärlauchvelouté und Kalbsrollbraten, auf der Karte (55 Euro). In diesem Wirtshaus also isst man Kaviar zum ersten Gang, seltsam aromabefreit, dafür ist das Eis vom Gemischten Satz darunter dominant, der Haselnussschaum hat es etwas schwer. „Das hätte ich lieber als Dessert gehabt“, sagt die Tischgenossin. Beim Zander mit rotem Paprika und einem Lardo-bedeckten Knödelscheibchen, sehr gekonnt zubereitet, blitzt kurz eine vage Idee von Wirtshaus durch – vielleicht kommt von dieser Sorte bald mehr, wenn alle Wiener einmal die zu Recht berühmte Taube mit Purple-Curry- Kruste, Mango und Kokoscreme gekostet haben, von der sich Amador (noch?) nicht trennen konnte? Auch das magentafarbene Signature-Dessert „Brick in the Wall“ ist mitübersiedelt – den auf hohem Niveau soliden, aber wenig überraschenden Schokoladepuzzleteller gegen dieses einzutauschen ist sicher kein Fehler. Das dürfte auch möglich sein, ohne dass man als kompliziert gilt.

Info

Amador’s Wirtshaus & Greißlerei, Grinzingerstr. 86, 1190. Tel: +43/(0)660/907 05 00, Restaurant Mi bis Sa 18.30–21.30, So 12–18 (Küchenannahme).

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