Die Testerinnen: Léontine

(c) Christine Pichler
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Wien hat Zuwachs bekommen: Willkommen, Léontine!

Es gibt laute Lokale und leise. Lokale, die schon Monate vor der Eröffnung (die sich prinzipiell nach hinten verschiebt) von nie dagewesenen „kreativen Kreationen“ und „lukullischen Gaumenfreuden“ trommeln, die regionale und saisonale Produkte zum einzigartigen Credo erkoren haben und sich selbst zum neuen Hotspot. Und es gibt Lokale, die aus dem Nichts auftauchen, einfach eines Tages aufsperren, mit Leuten am Herd, die keinem ein Begriff sind – und dank nie geweckter Erwartungshaltung und des Überraschungseffekts einen gewaltigen Startvorteil haben (auch wenn die sonst Trommelnden das Gegenteil behaupten). Lokale wie das Pramerl & The Wolf: die Kritiken euphorisch, die wenigen Sitzplätze auf Wochen ausgebucht. Und auch das Léontine ist so ein Fall. Still und sommerlochheimlich haben Ninon Roux und Nicolas Scandella kürzlich im Botschaftsviertel aufgesperrt, anstelle des El Fontroussi. 

(c) Christine Pichler

Mit weimaranerfarbener Lamperie, Zementfliesen, wo nicht Parkettboden, wunderschön renovierter Schank – und Blumenbouquets auf allen Tischen, sodass schon vor dem Studieren der Speisekarte Fragezeichen ob der Finanzierbarkeit des Projekts auftauchen. Fragezeichen, die angesichts der Preise drängender werden: fünf Gänge um 52 Euro, mittags drei um 19. Aber Fragezeichen beiseite, denn jetzt wird gegessen. Und wie. Nicolas Scandella kochte unter anderem bei der Drei-Sterne-Köchin Anne-Sophie Pic. Froschschenkel setzt er auf winzige Süßkartoffelwürfel, die nur einen Atemzug lang Hitze sowie ein weißes Sößchen abbekommen haben und dergestalt ungeahnt elegant sind (12,50). Rohe Bachforelle, hauchdünn geschnitten, wird mit Kaffirlimettenblattöl in Schwung gebracht (13 Euro). Die ätherischen Öle von Zitrusfrüchten hat Scandella offenbar richtig gern, auch auf dem großartigen bunten Paradeisersalat mt Zitronenbasilikum und im papierdünnen Baiser zu Bergamottencreme und Sablé Breton (acht Euro) kommen sie zum Einsatz. Dieses hochkant geschlichtete Dessert ist exemplarisch für Scandellas Könnerschaft, man könnte aber auch das saftige Perlhuhn mit Topfenpolenta, geröstetem Mais und roten Zwiebelpickles (17 Euro) nennen. Wien hat ein Geschenk bekommen, und man will es immer wieder auspacken.

Info

Léontine, Reisnerstr. 39, 1030 Wien. Tel: 01/712 54 30, Di u. Mi 11.30–14.30, Do–Sa 11.30–14, 18.30–23

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