Geschmacksfrage: Le petit Maroc

Le petit Maroc
Le petit Maroc(c) Julia Stix
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Heute empfehle ich ein Lokal. Ein marokkanisches. Was ist nur los mit mir?

(c) Julia Stix

INFO

Übertriebene politische Korrektheit verdirbt den Magen. Nein, nicht im übertrage­nen Sinn, nur in der Küche: Wer sich gegen griechische oder, sagen wir, türkische Küche sträubt, kann, muss aber kein konservativer Esser sein. Denn wie schon einmal hier erwähnt: Aus irgendeinem Grund kochen die im östlichen Mittelmeer nicht so gut wie die im westlichen, wenn ich schon einmal beim Verallgemeinern bin.

Gut, vielleicht ist auch das Klima schuld und alles wurde von den bösen Byzantinern leergefischt, aber gegen Spanien, Frankreich und Italien kommt die Konstantinopel-Fraktion plus Hinterland nicht an. Bevor mich jetzt Maria Vassilakou und Omar Al-Rawi anrufen und mich als Griechen- beziehungsweise Türken- und Moslemfeind beschimpfen, drei wichtige Einschränkungen. Erstens und zweitens: Knoblauch und Lamm können manchmal ganz gut sein. Und vor allem drittens: Ich war zum Glück schon in Marokko essen, was das ultimative Argument für meine West-Ost-Küchentherapie gibt. (In den USA könnte ich mit einer so absurden politischen Küchenthese einen Bestseller schreiben.) Denn in Marrakesch und Essaouria isst man schlicht großartig, in Europa kommt man dem Vergnügen dank marokkanischer Lokale in Paris noch am nächsten.

Nun gibt es in Wien ein winziges Restaurant namens Le petit Maroc, das neben all den sinnlosen Kebab-Orient-Hütten dieser Stadt schon sehr empfehlenswert ist. Mo El Hamdaoui bereitet in dem sehr modernen, puristisch schönen Marokko-Bistro vor allem Tajines zu, im Hintergrund werkt eine Köchin aus dem Atlas-Königreich, wie er sagt. Diese im Tontopf gegarten Eintöpfe schmecken wirklich ganz gut, Huhn mit Birne etwa oder Lamm mit Pflaumen und Sesam. Den klassischen Couscous, den längst jeder Drogeriemarktkosmopolit zu Hause hat, kriegen sie hier perfekt hin: kernig, buttrig mit wunderbar knackigem Gemüse. Jetzt fehlt nur noch eine Pastilla, der traditionelle Fleisch- (Taube oder Huhn) bzw. Meeresfrüchtekuchen, der süß serviert wird. Das wagt El Hamdaoui noch nicht; der Preis für diese aufwendig zubereitete Delikatesse sei zu hoch. Vielleicht sollten sie das ausprobieren! Ich bin selbst überrascht, wie euphorisch das alles klingt. Vielleicht haben sie mir etwas ins Essen gemischt . . .

Le petit Maroc, Neubaugasse 84, 1070 Wien, Tel.: 0699/18 47 73 64, Mo–Sa 12–24 h

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