Schwul, lesbisch, unkoscher: Israelische Popmusik erobert Wien

(c) Clemens Fabry
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Mit ihren Veranstaltungen „Kibbutz Klub“ in der Künstlerhauspassage wollen Ursula Raberger und Stefan Schaden israelische Popmusik nach Wien holen. Raberger und Schaden feilen seit geraumer Zeit an ihrer Idee.

Wien ist nicht Berlin. So weit, so gut. Aber die nördlich gelegene Stadt der konzentrierten Coolness liefert doch ab und zu (kreative) Ideen nach Wien ab. Diesmal handelt es sich um Popmusik aus Israel: „Berlin Meschugge“ heißt jene Partyreihe, die bereits seit mehreren Jahren die dortige Nachtszene auffettet. Nun bringen Ursula Raberger und Stefan Schaden die Israel-Party nach Wien: Am 2. Februar findet die erste „Kibbutz Klub“-Party in der Künstlerhauspassage statt – und der DJ kann gleich ein bisschen Routine mitnehmen: DJ Aviv without the Tel legt bei Berlin Meschugge ebenfalls auf.

Raberger und Schaden feilen seit geraumer Zeit an der Idee, die israelische (Pop-)Kultur in Wien bekannter zu machen. Die Journalistin und Filmwissenschaftlerin und der Politikwissenschaftler engagieren sich beide im Netzwerk QueerHebrews, einer losen Vereinigung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender-Personen (LGBT), und politisch Aktiven, die sich gegen Antisemitismus und für Solidarität mit Israel einsetzen. Wobei Raberger und Schaden ihr neues Partykonzept nicht als politische Kundgebung verstanden wissen wollen. Eher als einen weiteren Neuzugang in die bereits vielseitige LGBT-Partyszene in Wien – man denke etwa an das Queer-Balkan Clubbing „BallCanCan“.

Das Kibbutz-Klub-Publikum soll jedenfalls nicht auf eine Nationalität oder sexuelle Orientierung beschränkt werden, sagt Raberger. „Wir haben bewusst einen sehr offenen Ansatz gewählt“, meint auch Schaden. Der 36-jährige Wiener hat zwei Jahre in Israel gelebt, unter anderem absolvierte er seinen Zivildienst in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Auch nach seiner Rückkehr nach Wien präge die israelische Kultur seinen Alltag, erzählt er: angefangen von Fernsehserien bis hin zur Lektüre israelischer Zeitungen.

Im Gegensatz zu Schaden hat die gebürtige Linzerin Raberger jüdische Wurzeln. Ihre Großmutter ist eine Holocaust-Überlebende, die Gespräche mit ihr haben die 31-Jährige auch ihren eigenen Wurzeln nähergebracht, erzählt sie. Sie verbrachte ebenfalls einige Zeit in Israel, promovierte schließlich über queere israelische Filme.

Auch wenn das Ziel der beiden Veranstalter lautet, das Publikum divers zu halten und das Bild Israels facettenreich zu präsentieren, zumindest der Name fällt in die Kategorie Stereotyp: Kibbutz Klub, Untertitel: 100 % UNkoscher. „Kibbutz“ sei nun einmal mehrheitsfähig, heißt es. Oder wie Raberger es ausdrückt: eine „catchy phrase“. Catchy dürfte jedenfalls auch die Musik sein.
Aufgelegt wird neben Popmusik auch die in Israel sehr populäre Mizrachi-Musik (orientalisch angehauchte, auf Hebräisch gesungene Popmusik) und Isratrash, das israelische Pendant zu Eurotrash – jener Disco-Musik aus den 1990er-Jahren, an die man heute nicht ganz ohne Grauen zurückdenkt. Eine Fundgrube für Isratrash seien die israelischen Beiträge des Eurovision Song Contests, sagt Schaden.

Nun ist Wien aber nicht Berlin. Leben in der deutschen Hauptstadt 20.000 Israelis, sind es in Wien gerade einmal rund 1000. Was Schaden und Raberger nicht als Manko betrachten, denn die Party soll – nachdem sie nicht politisch und auch nicht nur schwul-lesbisch-transgender gelten soll – auch nicht als eine rein jüdische Party wahrgenommen werden. Anders gesagt: Alle sollen kommen.

Auf einen Blick

Kibbutz Klub. Am Samstag, dem 2. Februar, findet in der Künstlerhauspassage („Club U“ im Otto-Wagner-Pavillon am Karlsplatz) die erste Kibbutz-Klub-Party statt (ab 22 Uhr). Aufgelegt werden israelischer Pop, Mizrachi-Musik sowie Isratrash (der kleine Bruder von Eurotrash).
www.facebook.com/KibbutzKlub

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2013)


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