„Skykitchen“: Kantinen-Disco auf Zeit

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ein leeres Bürohaus wird für Tanz genutzt. Ein seltenes Experiment, zumindest für Wien.

Eigentlich ist es nichts Besonderes, denn: „Die Leute“, sagt Frederic Mann, „stehen bei Partys immer in der Küche.“ Stimmt schon. Wenn sich aber die Küche als Tanzclub in der Dachgeschoß-Kantine eines verwaisten Bürohauses erweist, dann wird es interessant. Weil: Dass leer stehende Gebäude als Disco genutzt werden dürfen, hat Seltenheitswert – wir sind schließlich in Wien, nicht in Berlin (dem der Neunziger).

Die Ausnahme befindet sich in der Roßauer Lände 47–49 und heißt „Skykitchen“, was ihre Erfinder – der 24-jährige Frederic Mann und der 23-jährige Clemens Jahn – wörtlich verstehen: So ist das DJ-Pult in einer Küchenzeile untergebracht (die Mikrowellen blinken im Rhythmus). Und die Aufzüge, die die maximal 350 Gäste befördern – nachdem die bei der „eher strengen Türsteherin“ (O-Ton Mann) vorbei sind – werden als Eiskästen gestaltet. Insgesamt hat der Club eine große Tanzfläche und zwei Lounge-Bereiche. Besonderheiten sind der schöne Ausblick (wobei der angepriesene Kahlenberg nachts unsichtbar ist) und – ein Doppelsitz-WC für Damen: „Bei unserem ersten Probefest (Anm.: der reguläre Partybetrieb startet am 11. 9.) ist das gut angekommen“, sagt Mann. Ach.

„Icke Micke“ hört auf

Die beiden WU-Studenten Mann und Jahn haben einander beim Ausgehen kennen gelernt. Dass sie tatsächlich umsetzen konnten, wovon viele nach ein paar Bier reden, ist mehreren Umständen zu verdanken: Mann, der früher bei der Eventagentur Hirzberger arbeitete, ist freier Mitarbeiter bei der Immobilienfirma „conwert“, der das leere Haus gehört. Weshalb Mann wusste, dass das frühere Büro der Niederösterreichischen Versicherung nach dem Scheitern eines Hotel-Deals sechs Monate unbenützt sein würde. Sein Vorschlag, in dieser Zeit ein Geschoß als Club zu nutzen, fand beim geschäftsführenden conwert-Direktor Andreas Nittel Anklang: „Immerhin bekommen wir so etwas Miete“. Und Werbung für das Objekt sei es auch.

Üblich sei solches Interesse aber leider nicht, meint sowohl Tanya Bednar, die Gründerin von Wiens wohl bekanntestem Wander-Techno-Club „Icke Micke“, als auch Stefan H., der den vormals nicht ganz legalen „Wurstsalon“ betreibt. Immobilien-Eigentümer hätten, im Gegenteil, an derartigen Miet-„Peanuts“ meist kein Interesse und keines an Problemen mit den Nachbarn (Lärm) und in Folge dem Bezirk. Sind doch für die Veranstalter nur zentral gelegene Gebäude interessant. Weshalb die Liste der Orte, wo man gern oder fast etwas gemacht hätte (früheres Jugendgefängnis, altes Zollamt, Bahnhof Wien-Mitte) deutlich länger ist, als jene derer, die auch bespielt wurden.

„Wien ist halt klein, eng, alt und diesbezüglich schwierig“, resümiert Bednar, die nach Jahren das Club-Vagabundieren nun sein lässt. Anfang Oktober stellt sie „Icke Micke“ ein. Auch sonst zieht es sie weg. Weg von Wien nach – no na – Berlin.

Das Programm

Skykitchen startet am 11. 9. mit den „Soulbrothers“. Geplant sind dann ein Afterwork-Club (Mi), Elektro-House-Abende (Do, Fr) und Elektro, Techno (Sa). U. a. wird es vier Feste des „Wurstsalon“ geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2008)


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