Genuss auch für Pflanzen: Tee, Kaffee

Farn
FarnUte Woltron
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Bodenverbesserung. Man kann selbst dieser elenden Kälte noch Gutes abgewinnen, man braucht nur die rechte Einstellung zu den schönen Dingen des Lebens.

Wärmende Getränke sind dieser Tage unsere Freunde. Kaffee oder Tee. Jedem das Seine. Die Tomatenpflanzen draußen mögen die Kälte noch weniger als wir. Meine stehen wie hagere Bräute im Garten, sie wurden sorgfältig mit Tomatenvlies umhüllt, damit sie sich nicht verkühlen. Busch- und Stangenbohnen leisten Bankettgesellschaft, auch sie wehen mit weißen Schleiern verkleidet im Wind der Schafskälte, weil sie auf Nachttemperaturen von fünf, sechs Grad gewöhnlich mit kränklichem Beleidigtsein reagieren und sich nie wieder davon erholen. Der Rest muss schauen, wie er durchkommt, da hilft nichts.

Wir aber, wir trinken wie gesagt Tee oder Kaffee und warten ab, wie sich die Witterung entwickelt. In Anbetracht der Jahreszeit kann alles nur lieblicher werden, wir sind Optimisten. Da wir zudem zu den eher Maßlosen gehören, tun wir meistens beides, oft und hintereinander, und das hat auch gärtnerische Vorteile: Kaffeesatz zum Beispiel wird nie weggeworfen. Er zählt zu dem Besten, was man unter die Erde und in den Kompost mischen kann.

Direkt in die Erde eingearbeitet lockert das überbrühte, normalerweise weggeworfene Kaffeepulver das Substrat auf und versorgt es mit Kalium, Stickstoff, Phosphor und anderen düngenden Gaben, die langsam, aber stetig abgegeben werden. Kein Turbodünger also, aber eine konstante Bodenverbesserung, beispielsweise im Gemüsegarten. Ein weiteres Talent von Kaffee besteht darin, dass er den Schnecken nicht schmeckt und in größerer Dosis sogar giftig für unsere Lieblingsfeinde ist. Sie überwinden Kaffeesudbarrieren folglich ungern. Um wirksam zu werden, müssen die allerdings entsprechende Wallhöhen oder Flächen aufweisen und nach Regengüssen ausgebessert werden.

Fast noch toller ist es aber, viel Tee zu trinken. Die den aufgebrühten Teeblättern innewohnenden Qualitäten kommen jenen Pflanzen zugute, die saure Böden schätzen. Farne, Rhododendren, Erdbeeren und so weiter. Jetzt, da ich das über zwei Jahre hinweg getestet und für sensationell befunden habe, kann ich die Botschaft reinen Gewissens verkünden: Trinken Sie viel Tee, heben Sie jedes einzelne Teeblättchen auf und streuen Sie es bei ebendiesen Pflanzen aus.

Bereits im Vorjahr, als die Farne die erste Frühjahrsteekur bekamen, war die Wirkung vorzüglich. Sie waren kraftstrotzend wie nie zuvor. Farne lieben, wie bekannt, Feuchtigkeit und Schatten und bevorzugen saure Böden. Diese haben sie hier im berüchtigt trockenen Steinfeld nicht, es sei denn, man gibt ihnen den aufgrund ökologischer Bedenklichkeit abzulehnenden Torfmull ins Beet. Aus diesem Grund waren die Farne zwar immer recht fesch, aber nie überwältigend, was sich nach der Teekur augenblicklich änderte, denn sie trieben sofort in einer Art und Weise aus, dass es augenscheinlich anders war als je zuvor.

Die Kur bestand darin, die im Winter gesammelten Schwarzteeblätter, welche sehr viele waren, über die Erdoberfläche rund um alle Farne zu verstreuen und mit der mir eigenen Schlampigkeit überhaupt nicht einzuarbeiten. Sie wirkte dennoch. Ich wollte es Ihnen damals bereits berichten, traute der Sache aber nicht so ganz, es hätte sich ja auch um Glück oder Zufall, eine günstige stellare Konstellation oder um einen anderen geheimnisvollen, mir unbekannten botanischen Prozess handeln können. Also mussten heuer die Farne der Nachbarin als vergleichendes Experimentierfeld herhalten. Da sie nunmehr nach der gleichen Behandlung explosionsartig in die Höhe schießen und, keine Übertreibung, fast doppelt so hoch wachsen wie zuvor, und da auch der teebehandelte Rhododendron so schön blüht wie noch nie, erachten wir den Beweis als erbracht.

Tee ist selbst ein Rhododendrongewächs, er säuert den Boden an. Sie brauchen allerdings wirklich gute Mengen davon, ein lächerliches Teesäckchen pro Farn wird das Kraut nicht fett, den Wedel nicht dicht machen, wobei Teesäckchen prinzipiell eine Teeunkultur sind. Doch das ist ein anderes Thema, das in die Kulinarikabteilung dieser Zeitung gehört, nicht in die Gartenkolumne. Allerdings, auch ein Teesäckchen kann ein Anfang sein: Besser wenig als gar nichts. Sammeln Sie einfach, machen Sie Ihrem Farn die Freude. Auch Zimmerfarne profitieren davon. Was? Sie haben noch gar keinen Farn? Trinken Sie Ihren Tee aus, und besorgen Sie sich schleunigst einen!

Gartenlaube

Sowohl Tee als auch Kaffee schimmeln sehr schnell. Das ist im Garten egal, im Innenraum aber bedenklich, also sollten Sie dort Sorgfalt walten lassen und die Zusätze unter die Erde mischen. Im Idealfall bereiten Sie Zimmerfarnen die Erde mit Teeblättern auf und topfen Sie sie darin neu ein. Auch das Gießen mit Teeresten ist keine schlechte Idee. Ohne Zucker und Milch versteht sich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2013)

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