Was soll ins Gärtchen, Mangold oder Spinat? Für den Chemienobelpreisträger Martin Karplus wäre die Entscheidung leicht: Spinat mochte er nie. Und was soll sonst noch ins Gärtchen? Das Nötigste eben.
Dumme rennen, Kluge warten, Weise gehen in den Garten, schrieb der bengalische Dichter und Gärtner Rabindranath Tagore. Als man ihm 1913 den Literaturnobelpreis verlieh, freute er sich nur kurz. Der Wirbel um seine Person, schrieb er, sei entsetzlich: „Es ist fast so schlimm, als ob man eine Blechdose an den Schwanz eines Hundes bindet, so dass er nirgendwo hinlaufen kann, ohne Lärm zu machen und Menschenmengen zu versammeln.“
Das also kann einer der Vorteile sein, wenn man zum doch recht großen Kreis derjenigen gehört, die weder dem Literaturnobelpreis noch einer anderen Ehrung hinterherjagen, sondern in ihren Garten gehen und ungestört in der Erde wühlen wollen. Neben vielen anderen besteht ein weiterer Vorteil dieser segensreichen Beschäftigung darin, dass der Garten, wenn er gut behandelt wird, mehr zurückzugeben pflegt, als man selbst ihm zuteilwerden lässt. Aus Samenkörnern, dem richtigen Boden, Licht und Wasser macht er Radieschen, Gurken, Paradeiser. Sehr praktisch.
Manche Pflanzen bleiben da, überwintern und treiben alle Jahre wieder aus. Andere vergehen mit dem Frost. Welche von ihnen verdiente wohl den Gartenpflanzen-Nobelpreis? Diese Frage ist weder klug noch zu beantworten, kann aber durch eine Auswahl der sinnvollsten ausdauernden sowie jährlich neu zu säenden Gemüse- und Kräuterpflanzen ersetzt werden. Die Ausdauernden sind natürlich die Praktischsten. Zählen wir zehn auf, auf die man ungern verzichtet, wenn man sie einmal hat.
Minze, Schnittlauch, Salbei
Aus Gründen der Bequemlichkeit kommen auch Beerensträucher auf die Liste, denn an Johannisbeeren etwa hat der Mensch jahrzehntelang viel Vergnügen und wenig Arbeit. Die Herbsthimbeere ist die, die am einjährigen Holz trägt und deshalb ebenfalls in der Liste der Praktischen vorkommt. Folgen Kräuter: Das Maggikraut zum Beispiel ist von unverwüstlicher Vitalität, ebenso die Minze, der Schnittlauch und der Salbei. Macht die ersten sechs.
Wer Rucola mag, aber faul ist, sollte die Wildform, genannt Wilde Rauke, säen. Die schmeckt erstens intensiver und treibt zweitens nach dem Frost wieder aus. Außerdem sät sie sich selbst aus, wenn man sie blühen lässt, und verschafft dem Gärtner unzählige Kinderpflanzen, sodass vom Frühjahr bis in den Herbst hinein geerntet werden kann. Auch der Gartensauerampfer ist langlebiger Natur, nicht zu vergessen das Bergbohnenkraut und der Thymian. Macht zehn. Wer genug Platz hat, wird jetzt Obstbäume in die Liste hineinreklamieren. Ja, stimmt. Aber wir halten diesmal im Küchengarten, die Obstbäume wären ein Kapitel für sich. Die Ausdauernden schaffen ein Grundgerüst, das von den Einjährigen alljährlich ergänzt wird. Welche könnten die zehn elementaren Gemüsepflanzen sein? Paradeiser natürlich, die Sie übrigens niemals zu viel und vor allem nicht zu stickstoffreich düngen sollten, weil sie sonst mehr Blatt als Frucht produzieren. Bald in die Erde sollten die Samen der Capsicum-Gewächse wie Chilis. Die brauchen vergleichsweise lang, bis sie zur Blüte gelangen, und werden von Profis oft bereits ab Jänner, Februar vorgezogen. Mit Gurken, Zucchini und Kürbissen kann man sich dagegen noch ein paar Monate Zeit lassen. Macht fünf in der Liste.
Gurken, Zucchini, Rote Rüben
Ab März kommen die Samen der schnellwüchsigen Mairüben in den Boden, diesem köstlichen und unterschätzten Gemüse. Radieschen und Karotten dürfen auch nicht fehlen. Zwei enge Verwandte machen den Zehner rund: Die Roten Rüben und der Mangold. Letzterer, werden die Profis unter Ihnen anmerken wollen, tanzt ein wenig aus der Reihe. Denn er ist, wenn es sich um den Blattmangold handelt, mit etwas Glück und nicht zu frostiger Lage, zumindest zweijährig. In Wintern wie diesem kann man selbst zu Silvester noch Mangold ernten. Ein paar Grad unter null schaden ihm nicht.
Wenn Sie mich fragen, ist der Mangold die weit lohnendere und verlässlichere Pflanze als der Spinat. Der stammt ursprünglich aus Asien, erreichte seinerzeit mit den Arabern Spanien und damit europäisches Festland und verdrängte das bis dahin so beliebte Blattgemüse. Ob der diesjährige Chemienobelpreisträger mit Wiener Wurzeln, Martin Karplus, Mangold mag, weiß ich nicht. Spinat konnte er jedoch schon als Kind nicht leiden. Den schleuderte er als Dreijähriger mit dem Löffel an die Zimmerdecke. Seine Autobiografie nannte er „Spinach on the Ceiling: A Theoretical Chemist's Return to Biology“.
GARTENLAUBE
Wem diese Listen viel zu kurz sind, wer elaborierten Gartenfreuden zustreben, gewissermaßen im Vollen wühlen möchte, kann sich beispielsweise an der heuer erschienenen Arche-Noah-Biogarten-Bibel delektieren und inspirieren lassen.
„Das große Biogarten-Buch“ von Andrea Heistinger ist im Verlag Löwenzahn erschienen, kostet 39,90 Euro und beantwortet praktisch alle Gärtnerfragen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2013)