Klug gedüngt ist halb geerntet

Hühner
HühnerUte Woltron
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Warum nicht Jauche? Hobbygärtner sind die dankbarsten Konsumenten der chemisch-mineralischen Düngerindustrie, doch es geht auch ganz anders.

Der in China aufgewachsenen amerikanischen Schriftstellerin Pearl Buck, geborene Sydenstricker, verdanken wir zahlreiche Beschreibungen des ruralen China zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In ihren Memoiren und Romanen beschrieb sie die Düngegepflogenheiten der chinesischen Kleinbauern.

Die brachten jeden Morgen die Inhalte ihrer Nachttöpfe auf den Feldern aus, und Buck, die als Kind besser Mandarin sprach als Englisch, verstand nie, warum diese Sitte in den USA unbekannt war.Verheiratet mit einem Agraringenieur, der China in eine moderne Landwirtschaft führen wollte, schrieb sie: „Ich muss gestehen, dass ich mich oft im Geheimen gefragt habe, was denn ein junger Amerikaner die chinesischen Bauern lehren konnte, die seit Generationen dieses Land bestellten und durch geschickte Düngung und Bewässerung ganz ohne moderne Maschinen außerordentliche Erträge erzielten.“ Zum Beispiel die Rosen: „Die blühten zu Hunderten, denn der Gärtner düngte sie jeden Morgen mit menschlichem Dung, dem besten Dünger, den es gibt. Es ist mir unverständlich, dass die Schätze, die in den städtischen Kloaken verborgen sind, nicht einem nützlichen Zweck zugeführt werden. Ich besuchte vor einigen Jahren eine Ausstellung in New York, auf der ein Modell der unterirdischen Kanalisation der Stadt zu sehen war. Es war eine schreckliche Entdeckung für mich, dass unschätzbare Werte in Kläranlagen und von dort ins Meer geleitet werden, dass also jenes Material, das für die Fruchtbarkeit der Erde so kostbar ist, einfach verschwendet wird. Ich konnte diese Torheit gar nicht fassen!“

Für uns, die wir gewohnt sind, alle möglichen Gartendünger, abgepackt und mit Dosieranleitung versehen, einfach zu kaufen, mutet Bucks Aufforderung exotisch an. Doch diejenigen unter uns, die ein wenig älter und auf dem Land aufgewachsen sind, werden sich noch an die Latrinenwagen erinnern. Damit führten die Bauern Jauche unterschiedlicher Provenienz auf die Felder, und man musste nicht sehr erfahren sein, um die Produzenten dieser organischen Düngergaben olfaktorisch unterscheiden zu können: Hühner, Kühe, Schweine und, genau, nicht selten auch Menschen.

Überdüngung schadet

Von dieser Art der Landwirtschaft hat man sich mittlerweile großteils verabschiedet. Gedüngt wird mit chemisch-synthetisch hergestellten Düngemitteln. Dabei sind die Hobbygärtner ganz vorn, was den Verbrauch anlangt. Und tun gern viel zu viel des Guten. Insbesondere Dünger mit hohem Stickstoffanteil sind beliebt. Wer diese jedoch nicht verwendet, fährt auf lange Sicht besser. Denn eine Überdüngung mit Stickstoff – und so gut wie jeder Hobbygärtner streut zu viel davon aus – führt zwar zu schnellem, mächtigem Wachstum, zugleich aber zu schwammigen und krankheitsanfälligeren Pflanzen.

Tomaten etwa, die im Jugendstadium zu gut gedüngt werden, liefern auf den ersten Blick erfreulich große Triebe und Blätter, werden aber deutlich weniger Blüten und somit Früchte ansetzen. Die Kraft geht ins Blatt und nicht in die Ernte. Jeder, der sich eingehender mit dem Thema Dünger befasst, wird viel mehr zum Kompostierer als zum Düngerkäufer. Wer guten Gartenkompost hat, braucht den Kunstdünger nämlich nicht.

Wenn Sie jetzt allerdings vor dem eigenen Humusklo zurückschrecken, wofür ich übrigens allergrößtes Verständnis habe, und sich fragen, wie denn sonst, wenn nicht mit chemisch aufbereitetem Granulat und so weiter gedüngt werden soll, ein paar kleine Tipps:

Nehmen Sie Hornspäne!

Legen Sie einen Komposthaufen an und ernten Sie damit den besten Dünger überhaupt. Verwenden Sie lieber Hornspäne zu Stickstoffdüngung, als die beliebten Kügelchen, denn Hornspäne zersetzen sich langsam, versorgen ihre Pflanzen trotzdem ausreichend und das schützt vor Mastigkeit und dem unweigerlich darauffolgenden Befall mit Läusen. Betrachten Sie die Holzasche in Ihrem Ofen als köstliches Geschenk für Beerenpflanzen aller Art, sie enthält genau das Kalium, das Beeren brauchen. Bereiten Sie allerlei Pflanzenjauchen, vorzugsweise aus dem tiefwurzelnden Beinwell, der Nährstoffe aus erheblichen Tiefen schürft und in sich trägt. Auch Brennnesseln und Ackerschachtelhalm liefern hervorragende Düngerjauchen.

GARTENTIPPS

Für ausführliche Rezepturen von Jauchen, Brühen und anderen natürlichen Düngergaben fehlt uns hier der Platz. Doch wer sich dafür interessiert, wer seinen Pflanzen Gutes tun und dabei Geld sparen und Umwelt schonen will, schlägt unter www.bio-gaertner.de nach und findet alles zum Thema und noch viel mehr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2014)

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