An unseren Händen erkennt ihr uns!

Schneeball
Schneeball(c) Woltron
  • Drucken

Ein Garten, ein richtig großer, hinterlässt Spuren: Die Haut wird schrundig, die Fingernägel sind oft eingerissen. Aber der Garten bietet auch Abhilfe: Gärtnerhandcreme!

Es ist vollbracht. Der Garten ist frühlingsreif. Die dicksten Laubschichten sind weggerecht, damit die Sonne den Boden erwärmen kann. Ein bisschen etwas darf alljährlich als Mulch in den Beeten bleiben – unter anderem für die Regenwürmer. Die können ihrer förderlichen Arbeit damit auch weiterhin nachgehen und die Erde tiefgründig lockern und düngen. Die Obstbäume sind aufs Professionellste ausgelichtet, was einmal mehr dem lang gedienten Pomologen zu verdanken ist, dem ich andächtig assistiere, und der in den Bäumen liest wie andere in wissenschaftlichen Abhandlungen.

Die vertrockneten Staudenreste des Vorjahres sind abgeschnitten und ungehäckselt vorerst locker kompostiert, damit ja kein Marienkäfer und anderes darinnen überwinterndes Getier Schaden nimmt. Die Rosen sind fassoniert, möglicherweise zu früh im Jahr, aber es gab kein Halten im Arbeitsfluss. Die Beete des Gemüsegartens liegen da wie dunkelbrauner Samt. Die ersten Kräuter – Melissen, Minzen, Schnittlauch, Sauerampfer und Liebstöckel – sprießen bereits. Kurzum: Alles ist bereit für den großen Frühlingsauftritt, alles präsentiert sich sehr säuberlich.

Nicht so die Hände. Paris Hilton erlitte einen Schock, sähe sie ihre Händchen über Nacht in einem Zustand wie jene, die ein paar tausend Quadratmeter Frühlingsgarten bewirtschaftet haben. Diese Gärtnerhände seien gepriesen, sie leisten Schwerarbeit. Nach ein paar Jahrzehnten sieht man es ihnen auch an. Die Hände meiner ewig gärtnernden Großmutter waren groß, sehnig, kräftig, schrundig. Ihre Fingernägel waren ein immerwährendes Fiasko, die Fingerkuppen oft eingerissen und entzündet. Die Großmutter gehörte jener Generation an, die keine Gartenhandschuhe kannte und nur ab und zu Gummihandschuhe überstülpte, was aufgrund innerer feuchter Hitzeentwicklung kontraproduktiv war.

Da die ganze Nachbarschaft großflächig wirtschaftet, haben wir alle Hände, die nicht salonfähig scheinen, was uns egal wäre, gäbe es da nicht das unangenehme Phänomen des Schnappfingers. Der ist vielen Leuten bekannt, die ihre Hände stark beanspruchen, indem sie etwa zu lange mit Gartenscheren hantieren oder störrische Unkräuter ausreißen statt ausstechen. Der Schnappfinger ist ein weit verbreitetes Gärtnerelend. Der Nachbar hat das Schnappen am Daumen, die Nachbarin am Mittelfinger, ich habe es am Ringfinger. Aber so genau wollen Sie das wohl gar nicht wissen. Dieses Karpaltunnelsyndrom ist eine beleidigte, entzündete und somit verdickte Sehne, die nicht mehr mit der gewohnten Geschmeidigkeit durch ihre inneren Aufhängungen gleitet, was den Finger in seiner Bewegung stocken und „schnappen“ lässt.

Solche Finger müssen geschont werden. Wie? Das Mittel zum Zweck erreichte mich in Form eines Päckchens, in dem sich ein fast dekadent anmutendes Spielzeug befand: eine elektrische Gartenschere. Die ersten Probeschnitte verliefen glatt. Die Schere schneidet ausgezeichnet, selbst daumendicke, vertrocknete Äste fällt sie unverdrossen. Sie liegt gut in der Hand, ist nicht schwer, gewöhnungsbedürftig ist nur das unangenehme Geräusch. Außerdem ist man damit nicht so flink wie mit den guten alten mechanischen Gartenscheren.

Dennoch ist sie eine enorme Hilfe, wenn man sehr viel zu schneiden hat. Noch ein Vorteil: Man erreicht damit jene bodennahen dürren Triebe, die sich gern über die Jahre beispielsweise in Ribiselsträuchern und Strauchrosen ansammeln, die eigentlich abgeschnitten gehören, die man aber mit normalen Gartenscheren nur schwer erreicht. Die putzt das elektrische Gerät formidabel aus.

Zu guter Letzt: Wer gern experimentiert und seinen strapazierten Händen eine besänftigende Gärtnerhandcreme kochen will, kriegt jetzt ein bewährtes Rezept. Erhitzen Sie langsam 250 ml Olivenöl, 50 g Bienenwachs, 50 g Kakaobutter, werfen Sie zwei Handvoll Ringelblumenblüten hinein, lassen Sie alles kurz aufwallen und danach einen Tag zugedeckt stehen. Dann nochmals erhitzen und verflüssigen, schnell abseihen, fünf Tropfen Vitamin-E-Acetat (Apotheke) einrühren und in eine selbstredend formschöne Dose gießen. Weil wir Gärtnerinnen und Gärtner es uns wert sind.

GARTENLAUBE

Wenn Sie Ihren Händen zwischendurch eine Pause gönnen wollen, greifen Sie zum eben erschienenen Buch „Südtiroler Kräuterfrauen“ (Verlag Löwenzahn, 24,95 €). Irene Hager, Astrid Schönweger und Alice Honigschmid porträtieren darin junge und betagte Südtirolerinnen, die das Kräuterwissen vieler Generationen weitertragen und anwenden. Ein historischer Abriss rundet die Sache schön ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.