Die stille Revolution in Österreichs Gärten

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Was bringt der Frühling? Tipps für den Garten. Doch diese haben sich in den vergangenen Jahren ziemlich verändert: Alte Kulturtechniken kehren zurück,

Dumme hasten. Kluge warten. Weise gehen in den Garten. Zusehends mehr Menschen beherzigen diesen zeitlosen Ratschlag des bengalischen Dichters Rabindranath Tagore. Der Garten, seine Produkte in Form von Blumen, Gemüse und Früchten, nicht zuletzt auch die Freude an der Arbeit im Grünen, stehen hoch im Kurs. Jetzt geht es endlich wieder los da draußen.

Von der breiten Öffentlichkeit kaum beachtet, hat in den vergangenen Jahren eine stille Revolution in den heimischen Gärten stattgefunden: Alte Gartentechniken wurden wieder hervorgekramt und mit neuesten Erkenntnissen der Ökologie verschmolzen. Plötzlich wurde es wieder schick, Blattlausinvasionen nicht mit Gift, sondern mit selbst angesetzten Brennnesseljauchen zu bekämpfen. Komposthaufen schossen aus dem Gartenboden, und die gärtnerisch verbündete Nachbarschaft begann sich über die Gartenzäune hinweg über die Qualitäten der selbst gezogenen Tomaten auszutauschen, um die besten Sorten herauszudestillieren. Verantwortlich für die Renaissance des Gemüseanbauens und Blumenzüchtens auf international vergleichbar höchstem Niveau ist ein fein geknüpftes Netzwerk von Leuten, denen nicht nur schön gestaltete und angenehm zu durchwandelnde Gärten und Freiräume ein Anliegen sind, sondern die, wenn man so will, zunehmend der faszinierenden Sprache der Natur zu lauschen gewillt sind.

Diese versteht natürlich nur, wer sich eingehender damit beschäftigt, und Österreich ist reich an solchen Leuten, zu denen Biobauern, Gartenbauexperten, Biologen, Ökologen und eben diese eingeschworene Hobbygärtnerschaft zählen. Pflanzenschutz etwa wird heute völlig anders verstanden als noch vor ein paar Jahren, als die Privatgärtner einen bedeutenden Anteil am Verspritzen von Pestiziden zu verantworten hatten. Dazu haben auch Änderungen der gesetzlichen Grundlagen beigetragen, was aber nicht bedeutet, dass die Pestizid- und Herbizid-Thematik nicht noch verbessert werden könnte.

Nicht nur meins. Auch liegt es im Trend, den Garten nicht als Privatbesitz allein zu erachten, sondern auch als Lebensraum für eine Fauna, deren Kostbarkeit zusehends erkannt wird. Selbst manche Balkon- und Stadtgärtner bemühen sich darum, verstärkt Pflanzen zu kultivieren, die Bienen und anderen Insekten als Nahrung dienen. Wer größere Flächen bewirtschaften darf, belegt Kurse im Sensenmähen, weil die Rasenflächen teilweise Blumenwiesen weichen. Denn wer Schmetterlinge und Käfer im Garten haben will, hat an diesen genialen Kleinbiotopen seine pflegeleichte Freude. Kurzum: In der Vorreiternation in Sachen biologischer Landwirtschaft hat sich die Szene der Privatgärtner, aber auch deren Versorger in Form von Garten- und Grünmärkten zu einer ökologisch verantwortungsvollen Szene gemausert. Ein Überblick. Corbis

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2016)

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