Die Wiederauferstehung der Tulpe

Die Tulpen haben das Trockenjahr 2015 nicht nur überlebt, sie haben offenbar sogar davon profitiert.
Die Tulpen haben das Trockenjahr 2015 nicht nur überlebt, sie haben offenbar sogar davon profitiert.Ute Woltron
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Was im Vorjahr mickrig blieb, wuchs sich heuer zum Tulpenmeer aus.

So wie nun jeder Tag den Garten in eine modifizierte Gestalt gießt, so hat auch jedes Jahr seine botanischen Eigenheiten. Sicher gibt es immer eine Erklärung, warum sich in manchen Jahren bestimmte Pflanzenarten wohler fühlen als andere. Natürlich spielen Witterungsverhältnisse die Hauptrolle. Doch so ganz genau kann man es auch wieder nicht ergründen, und viele Phänomene bleiben rätselhaft.

Heuer begehen wir zum Beispiel überraschenderweise das Jahr der Tulpe. Im Vorjahr blühten sie nur zögerlich und unscheinbar. Warum? Keine Ahnung! Manche von ihnen wähnte man bereits sogar verschwunden, die trieben nicht einmal Blätter. Doch heuer, aus welchen Gründen auch immer, spenden eben diese Versager des Vorjahres ihre Blüten in derartigen Massen, dass man aufatmen und gewiss sein kann: Sie haben das Trockenjahr 2015 nicht nur überlebt, sie haben offenbar sogar davon profitiert.

Wer seinen Tulpenzwiebeln ersparen will, unnötig Kraft abgesaugt zu bekommen, zwickt nach der Blüte brav die sich bildenden Samenkapseln ab. Wer jedoch sehr geduldig ist und Wildtulpen sehen will, lässt ein paar Samenkapseln ausreifen, streut sie aus oder lässt sie von Wind und Ameisen vertragen. Am Waldrand der Nachbarin beispielsweise blühen mittlerweile zahllose zierliche Wildtulpen in Gelb, Orange, Rot, die so entstanden sind. Doch die Zeitenläufe der Tulpen sind die der Ewigkeit. Es kann bis zu zehn Jahre dauern, bis Sämlinge Blüten zeigen.

Auch die Kultursorten vermehren sich, in der jeweiligen Gestalt jedoch nur über ihre Tochterzwiebeln, die sich nach der Blüte rund um die Mutterzwiebel bilden. Auch das dauert seine Zeit, geht jedoch deutlich schneller. Eine Tochterzwiebel wird bereits mit zwei, drei Jahren blühen. Schneiden Sie die Blätter erst ab, wenn sie vergilben. Die Zwiebel zieht nach der Blüte alle Nährstoffe ab und speichert sie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2016)

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