Die Zicke in Seidenpapierrüschen

(c) Ute Woltron
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Der Schlafmohn ist eine der prächtigsten, zugleich aber auch kapriziösesten Zierpflanzen.

Nun zum Mohn: Von ihm gibt es viele ausnehmend aparte Arten, wobei hier lediglich die Rede vom kapriziösesten von allen, dem Schlafmohn Papaver somniferum, sein soll. Als alte Mohnnation mit einer Graumohn-Anbaugeschichte, die nachweislich bis zurück zu den Kelten reicht, genießen wir Österreicher eine EU-Ausnahme-Anbauregelung. Denn in den meisten Nationen ist es aus Gründen der Suchtgiftgesetze verboten, Schlafmohn zu kultivieren.

Die Gärtner dieser Verbotszonen sind durchaus ein wenig zu bemitleiden, denn der einjährige Schlafmohn ist, besonders in seinen Zierformen und den wie mit Seidenpapierrüschen gefüllten Varianten, ein Traum von einer Pflanze. Er ist jedoch überaus kapriziös und wächst wirklich nur dort, wo es ihm gefällt und wo er sich selbst ansiedeln darf. Heiß, sonnig und trocken soll sein Standort sein, lehmig und nicht zu gut gedüngt der Boden. Es gelingt kaum je, eine Pflanze umzusetzen, sie verzeiht das auch dann nicht, wenn man sie großräumig aushebt und sorgfältig wie mit Glacéhandschuhen verpflanzt. Wahrscheinlich deshalb gibt es Papaver somniferum in Gärtnereien so gut wie nie zu kaufen.

Die einzige Möglichkeit, zu ordentlichen Schlafmohnpopulationen zu gelangen, ist, den Mohnsamen im Herbst oder im Winter breitwürfig durch den Garten zu streuen und sich im Frühjahr überraschen zu lassen. Als Kaltkeimer braucht der Mohn ein paar Wochen feuchter Kühle, sonst keimt er nicht.

Ähnlichkeit mit Distel. Warum heuer das Jahr des Mohns ausgerufen und in Pflanzenmassen geschwelgt werden kann? Die kleinen Mohnpflänzchen ähneln der zeitgleich keimenden Jugendform der Distel. Die beiden sind erst im Alter einiger Wochen wirklich voneinander unterscheidbar. Dank der Faulheit dieses Frühjahrs durften beide entsprechende Größen erreichen und der Garten nun distelbereinigt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2016)

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