Mit Marc Aurel im Garten

Der Frauenmantel wächst schnell und dicht und ist eine ideale Randbepflanzung.
Der Frauenmantel wächst schnell und dicht und ist eine ideale Randbepflanzung.(c) Ute Woltron
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Was Stress, Ärger und viel sinnlose Arbeit macht, wird von klugen Gärtnern stets vermieden. Ein reiches Betätigungsfeld für derlei Sinnlosigkeiten sind die Kanten zwischen Beet und Rasen.

Eine im Garten überlebensnotwendige Devise lautet: Alles, was für konstanten Ärger und nicht enden wollende Arbeit sorgt, muss optimiert oder – noch besser – beseitigt werden. Eine dieser extrem arbeitsintensiven Zonen stellt oft der Grenzbereich zwischen Beet und Umgebung dar – das ist ein gar feiner Grat, den man, wenn schon nicht akkurat, so doch halbwegs adrett und gepflegt sehen will.

Vor allem aber entscheidet seine Beschaffenheit darüber, ob das Unkrautjäten in den Rabatten zur Sisyphosarbeit ausartet oder mit der von Gärtnern prinzipiell angestrebten Gelassenheit vonstattengehen kann. Schon Marc Aurel berief sich auf Demokrit, als er empfahl: „Beschränke deine Tätigkeit auf weniges, wenn du in deinem Inneren ruhig sein willst.“

Wenn die Grenze nicht scharf gezogen wird, ist es schnell und wiederholt aus mit der Ruhe. Dann wird jedes Beet binnen Kurzem von außen erobert und fröhlich überwuchert. Ein bisschen Unkraut stört nur Pedanten, doch das Unterwandern empfindlicher Anlagen durch Giersch, Quecke und Co. mag keiner. Nach der Erprobung zahlloser Begrenzungsmöglichkeiten bin ich bei der Kombination zweier Maßnahmen gelandet, doch zuerst zu den Flops. Die schlechteste Variante stellte in der gärtnerischen Jugend das Aneinanderreihen der hier im Steinfeld in reichen Mengen vorhandenen Feldsteine dar.

Das zu verwenden, was ohnehin vorhanden war, schien logisch und ökologisch und sah anfangs auch recht nett aus. Doch der vermeintliche Schutzwall wurde selbstverständlich sofort von allen natürlich vorkommenden Kräutern der Umgebung eingenommen – und alle zwei Wochen zwischen Steinen Unkraut hervorzukratzen erwies sich als ein Elend.


Rasenkante bereinigen.
Die Idee, die Zwischenräume sparsam, sozusagen unsichtbar, mit Beton zu versiegeln, widerstrebte meinen Instinkten. Der nächste Versuch war schon brauchbarer, jedoch mangels unterstützenden Haus- und Gartenpersonals kraftmäßig großflächig nicht aufrechtzuerhalten: Das Bereinigen der Rasenkante mittels Kantenstecher ist für kleine Gärten und rüstige Betreiber derselben eine gute Möglichkeit, sich das hereinwuchernden Beikraut vom Beet zu halten. Die Kanten werden schräg gestochen, sie trocknen ab und bilden eine nicht so gut einnehmbare Barriere. Doch ab einem halben Kilometer Beetumrandung, zwei- dreimal jährlich, streckt man dann doch irgendwann die Patschen. Nicht sonderlich erfolgreich, doch sehr aufwendig und auch gar nicht billig war der nächste Versuch, das Eingraben spezieller Kantenfolien. Metall wäre anstrebenswerter, aber noch teurer gewesen.

Den Durchbruch schaffte ich letztlich mit einer Kombination von zugegebenermaßen anfangs nicht sehr attraktiven Betonsteinen und einer diese später völlig kaschierenden dichten Randbepflanzung. Im Fachjargon heißen die nur 4,5 Zentimeter hohen, etwa 20 Zentimeter langen und zehn Zentimeter breiten Betonelemente Mähsteine. Sie haben eine konvexe Rundung auf der einen, eine konkave auf der anderen Seite und können dank dieses „Gelenks“ gewissermaßen auch Kurven durch den Garten fahren.

Wer über etwas Muskelkraft, einen guten Spaten und genug Energie verfügt, hat sie schnell verlegt. Anfangs hat ein solchermaßen umrandetes Beet zwar leichte Züge ins Brutale, doch diese Anmutung verliert sich bereits nach ein paar Wochen. Denn die erst hell und hässlich leuchtenden Steine verdrecken, werden dunkel und unscheinbar, und außerdem überwuchert sie das Pflanzenwerk, das ich Ihnen nun zu diesem Zweck ans Herz lege.


Storchschnäbel.
Ideale Randbepflanzungen sind beispielsweise alle gut wuchernden Storchschnäbel, also die meisten von ihnen. Der recht groß gewachsene Balkan-Storchschnabel, Geranium macrorrhizum, ist die hurtigste Variante. Schnell und dicht wachsen auch Frauenmantel, Alchemilla, alle Ziest-Arten, wie etwa der flauschige, unverwüstliche Wollziest, Stachys byzantina, den es in größeren und kleineren Varianten gib. Weiters empfehlenswert sind Purpurglöckchen, Heuchera, Lavendel, Schleifenblume, Iberis sempervivens, Katzenminze, Nepeta, Spanischer Salbei, Salvia lavandulifolia, Fetthennen und verschiedene sich ausbreitende Thymianarten. Sobald die Rasensteine überwuchert sind und das Beet wieder schön ist, darf man nach getaner Arbeit abermals Marc Aurels Lehren befolgen: „Blicke oft zu den Sternen empor – als wandelst du mit ihnen. Solche Gedanken reinigen die Seele von dem Schmutz des Erdenlebens.“

Lexikon

Rasenkante. Sie hat nur, wer auch Rasen hat, und je weniger davon vorhanden ist, desto blühender ist der Garten und – erstaunlich, aber wahr – geringer der Pflegeaufwand. Wenig macht mehr Arbeit als der Rasen.

Beetkante. Überwinden Sie sich und nehmen Sie diese in Angriff, wie auch immer. Befestigte Einfassungen ersparen so unendlich viel Arbeit, das wird erst klar, wenn dieser Schritt einmal gesetzt ist.

Einfassungspflanzen. Sie umranden alles, was umrandet werden soll, etwa auch Gemüsebeete, Plätze und Wege, besondere Gartenzonen, aber eben auch Blumenbeete. Auf die Höhe achten, damit sich die Pflanzen nicht gegenseitig auf die Füße treten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2016)

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