Spätsommerblumen: Der August ist sonnengelb

Sonnenaugen machen ihrem Namen alle Ehre.
Sonnenaugen machen ihrem Namen alle Ehre.(c) Woltron
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Sonnenhut, Sonnenbraut, Sonnenauge, Sonnenblume – wer soll sich denn da auskennen, noch dazu, wo die alle gelb blühen? Der August ist jedenfalls der Monat der Prachtstauden in allen Sonnentönen.

Vor einigen Jahren wurde ich dazu eingeladen, einen alten, in Auflösung befindlichen Bauerngarten im Weinviertel heimzusuchen. Ich durfte alles, was noch darin vorhanden war, nach Gutdünken ausgraben und hierher ins südliche Niederösterreich verpflanzen. Solchen Aufforderungen kommt der neugierige Gartenmensch – wobei die Betonung des Adjektivs zweifellos auf den letzten drei Silben liegt – selbstverständlich stets gern nach. Auch wenn eigentlich kein Platz mehr ist im Garten für Neues, so muss man den in solchen Fällen eben irgendwie schaffen, und dazu fällt einem, mit Krampen, Spaten und Schaufel ausgerüstet, immer etwas ein.

Da es spät im Herbst und der verlassene Garten bereits von zahllosen schneller zur Stelle gewesenen Plünderern weitgehend entleert und verwüstet war, hatte ich keine Ahnung, was ich denn da an Staudenresten mit herbstlich angewelktem Blattwerk ausgrub. Es war jedenfalls nicht wenig, sah hauptsächlich nach Erdklumpen mit Wurzeln und ein bisschen verbliebenem Grün aus, füllte jedoch nicht nur den Kofferraum, sondern auch die sicherheitshalber stets für solche Einsätze auf der Rücksitzzone zwischengelagerten Maurerwannen.

Beet auf gut Glück. Das Wurzelwerk samt Labberlaub kam vor den ersten Nachtfrösten in ein eigens dafür angelegtes, doch was die Erdqualität anlangt fragwürdiges Beet. Dieses hatte ich der Wiese in der südlichen Sonnenzone unter den Bäumen entrissen, man darf sich den Mangel an tiefgründiger Sattheit der Erde also vorstellen.

Im nächsten Frühjahr kümmerte ich mich nur wenig um die tadellos wieder austreibenden Pflanzen. Ich goss sie gelegentlich, wenn die ärgste Dürre hereinbrach, und wartete ansonsten ab, was daraus erwachsen würde. Man muss ja erst einmal schauen, was man sich da heimgeholt hat, bevor man die anderen Beete damit besiedelt. Farben, Höhen und so weiter. Ab August war alles klar: Sonnenhüte, Sonnenbräute, Sonnenaugen hatten Einzug gehalten.

Besagtes Beet wogte nur so in Gelb, von halbmeterhohen bis mannshohen Pflanzen in unterschiedlichsten Blatt- und Blütenformationen. Es war, und ich gebe es nur ungern mit leicht gekränktem Stolz angesichts viel sorgfältig überlegter, geplanter und gepflegter Nachbarbeete zu, eigentlich der schönste Flecken im Garten weit und breit. Eben weil das Beet so wild und üppig war. Es war die erste von heute vielen wilden Rabatten in meinem Garten. Sie hatte kräftige Vorbildwirkung auf dem Weg ins Wogende.

Diese aus dem Weinviertel entführten Augustschönheiten blühen in warmen Jahren bis in den Dezember, und sie haben seither einen großen Teil des Gartens in Besitz genommen. Zumindest im Herbst. Sie sind unverwüstliche Selbstaussäer, sodass sie an den unmöglichsten Stellen keimen und viele von ihnen versetzt, verschenkt oder kompostiert werden müssen.

Worin unterscheiden sie sich aber? Schwierig. Insbesondere die Rudbeckien, die in diversen Varianten auftauchen, sind schwer auseinanderzuhalten. Hier zumindest der Versuch eines groben Überblicks.

Die Sonnenhüte, Rudbeckia, benannt nach dem eigenwilligen schwedischen Universalgelehrten Olof Rudbeck dem Älteren, sind nordamerikanische Präriepflanzen. Rund um das hochgewölbte Körbchen, das braun, schwarz oder gelb sein kann, befinden sich die zungenförmigen, oft herabhängenden Blütenblätter. Diese können wiederum rund oder spitz sein. Es gibt Varianten ohne Ende.

Rot bis Gelb. Die Sonnenbraut, Helenium, kommt ebenfalls aus Amerika, wo sie über den gesamten Kontinent verbreitet wächst. Ihre Blüte kann ins bräunliche Rot spielen, hat dito ein rundlich vorstehendes Körbchen unterschiedlicher Färbung, doch sie trägt kürzere, leicht gezackte und gewellte Blütenblätter in zwei oder manchmal auch mehreren Reihen. Außerdem sitzen auf jedem Stängel im Gegensatz zum Sonnenhut gleich viele Blüten.

Das Sonnenauge, nach dem griechischen Wort für Sonne Heliopsis genannt, ähnelt stark der Rudbeckia, hat aber einen bestechenden Vorzug: Die robuste Pflanze ist standfester als die meisten Sonnenhüte, sie benötigt jedoch einen etwas feuchteren Boden. Wer Verblühtes abschneidet, bekommt neue Blüten als Draufgabe spendiert.

Damals nicht im Weinviertler Gartensortiment vertreten war selbstverständlich die einjährige Sonnenblume, Helianthus. Die kennt ohnehin jeder, und auch sie färbt in unterschiedlichsten Sorten den August sonnengelb. Lassen Sie doch die abgeblühten Pflanzen stehen. Das freut die Meisen, aber auch die kleinen Stieglitze, die wie freche Straßenbubenbanden im Herbst und im Winter einfallen und liebend gern die Sonnenblumenkörner auspicken.

Lexikon

Helenium. Sonnenbräute gibt es in vielen Sorten und Arten, von Zehn-Zentimeter-Winzlingen bis zu 160-Zentimeter-Riesen. Sonnig will sie es, nicht zu dürr und gut gedüngt. Spendieren Sie ihr entweder stützende Nachbarpflanzen oder eine Staudenstütze.

Heliopsis. Die meisten Sonnenaugen-Arten stammen aus Mexiko. Je nach Sorte wachsen die ausdauernden Stauden 30 bis 150 Zentimeter hoch. Humose, nährstoffreiche, nicht zu trockene Böden sind ihr Element.

Rudbeckia. Mit Wuchshöhen von bis zu 300 Zentimetern ist sie die größte unter den sonnengelben August-Prachtstauden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2016)

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