Killerbienen und Hornissen

Bienen in Gefahr: Im Herbst gehen Hornissen auf Bienenjagd.
Bienen in Gefahr: Im Herbst gehen Hornissen auf Bienenjagd.Ute Woltron
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Asiatische Hornisse. Sie frisst gern Bienen, breitet sich in Südeuropa schnell aus, hat nun Großbritannien erreicht und wird wahrscheinlich auch bei uns landen. Der schlimmste Bioinvasor bleibt jedoch der Mensch selbst.

Britische Gärtner und Imker stöhnen. Erst erreichte der seit Jahren auf dem europäischen Festland wütende Buchsbaumzünsler die Insel. Nun wurde auch die Asiatische Hornisse gesichtet. Beides sorgt für erhebliche Scherereien.

Die Gefräßigkeit der Zünslerraupen ist hierzulande wohlbekannt und hat überall dort, wo man nicht ständig Gift oder biologische Mittel zu spritzen gewillt war, zu schmerzlichen Abholzungen liebevoll großgezogener Buchshecken geführt. Das ist beklagenswert, für viele jedoch nach dem ersten Schock verschmerzbar. In Großbritannien aber ist der Buchs eines der wesentlichen Gestaltungselemente der berühmten Gärten und Parkanlagen. Die chinesischen Schmetterlinge erfreuen sich dort eines gewaltigen Nahrungsangebots in Form oft jahrhundertealter Buchsskulpturen. Wie man die langfristig vor dem großen Fressen schützen kann, bleibt derzeit noch ein Rätsel.

Die Asiatische Hornisse, Vespa velutina, hingegen wird zwar den Gärtnern weniger Kopfzerbrechen bereiten, wohl aber Bienenvätern und -müttern. Seit 2004 breitet sich das aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls aus seiner Heimat China eingeschleppte Insekt von Südfrankreich über Spanien und Italien aus, und die Annahme, dass es demnächst auch in Österreich landen wird, gilt als gesichert, wobei noch darüber spekuliert wird, ob sie wirklich kalte Winter überstehen kann.

Die eingeschleppte Hornissenart hat folgende unangenehme Eigenschaft: Sie ernährt sich bevorzugt von Honigbienen. Im Sommer, wenn es genügend andere Beuteinsekten in Form von Wespen, Fliegen, Spinnen und Heuschrecken gibt, ist das laut Entomologen noch kein großes Problem. Doch im Herbst, wenn deren Populationen schwinden, geht die Asiatische Hornisse vor allem auf Bienenjagd. Die Flugkünstler lauern im Schwebflug vor den Bienenstöcken, erbeuten die Immen in der Luft, beißen ihnen die Köpfe ab und fressen sie.


Bienenmassaker. Experten meinen, dass eine einzelne Hornisse im späten Herbst bis zu 75 Bienen täglich frisst, was angesichts der Größe der Hornissenvölker von bis zu 6000 Tieren einem Bienenmassaker gleichkommt. Für den Menschen ist die große Faltenwespe übrigens genauso ungefährlich wie die heimische Art, Vespa crabro. Die jagt auch gelegentlich Bienen, weil sie ihre Brut mit tierischem Material füttert. Doch im Herbst erübrigt sich die Jagd, da ohnehin nur die Hornissenköniginnen überwintern, der Hofstaat den Weg alles Irdischen geht und Hornissen zur Eigenversorgung lieber zuckerhaltige Säfte naschen. Wer im Herbst eine Fallobstwiese betritt, auf der Zwetschken, Birnen, Äpfel im Gras liegen, kann das Festmahl der Wespen und Hornissen beobachten.

Während Bienen in Völkern überwintern, bleibt von den Hornissen nur deren Königin am Leben. Der Mensch ist und bleibt jedoch ein ewiger verantwortungsloser Unruhestifter. Wo auch immer er sich einmischt, verursacht er Scherereien. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist der brasilianische Bienenzüchter Warwick Estevam Kerr. 1955 importierte er 120 Bienenköniginnen einer afrikanischen Bienenart nach Südamerika, um eine ertragreiche Leistungsbienenrasse zu züchten.

Zwei Jahre später entkamen ihm 26 Schwärme und konnten nicht mehr eingefangen werden. Die neuen Bienen verbreiteten sich rasant über Südamerika, erreichten schließlich sogar die südlichen Zonen der USA – und diesmal waren ausnahmsweise Menschen selbst die Leidtragenden. Die als Killerbienen bekannt gewordenen Insekten sind äußerst aggressiv, sie verfolgen Eindringlinge über Hunderte Meter in Schwärmen. Zudem ist ihr Gift gefährlich. Eine größere Anzahl von Stichen kann einen Menschen umbringen.

Wie es sich anfühlt, von Killerbienen gestochen zu werden, kann ich Ihnen zum Glück nicht sagen, sehr wohl aber, wie es ausschaut, wenn Leute von Killerbienen verfolgt werden. Als eine brasilianische Schulklasse vor langer Zeit eine Landschulwoche in einer abenteuerlichen Dschungelgegend verbrachte, war ich dabei. Rund um die Hütten nur Regenwald. Jeder österreichische Schulinspektor hätte augenblicklich Anzeige gegen die Lehrer wegen Gefahr für Leib und Leben erstattet. In der Früh suchten wir unser Gewand nach Vogelspinnen und Skorpionen ab. Wir fanden das alles genial. In der Mitte der teilweise überwucherten Anlage gab es ein Schwimmbecken, dessen Wasser so veralgt war, dass das Ende des hineingesteckten Fingers im grünen Dämmer verschwand.

Zumindest ein, zwei Anakondas vermuteten wir darin, und kein Mensch ging baden. Als aber zwei von uns oben am Hügel im Unterholz herumstreifend einen Stock Killerbienen verärgerten, kam ihnen die grüne Suppe gerade recht. Sie rannten in ihrer Not quasi um ihr Leben stichgerade auf den Pool zu, von einem ungeheuren Insektenschwarm verfolgt wie im Zeichentrickfilm. Nachher wussten wir: Keine Anakondas im Pool. Sehr gut, wir gingen dann alle baden.

Lexikon

Asiatische Hornisse.Die eingeschleppte Hornissenart ist etwas kleiner als die heimische Art, dunkler gefärbt und ein an sich friedliches Insekt, das jedoch bevorzugt auf Bienenjagd geht.

Asiatische Riesenhornisse. Die sind noch nicht da, zum Glück. Sie sind um ein Drittel größer als heimische Hornissen, keine Gefahr für Honigbienen, dafür für Menschen, die allergisch auf Stiche reagieren.

Heimische Hornisse.Auch wenn sich die meisten Menschen fürchten: Hornissen sind schöne, interessante Tiere, die nur angreifen, wenn man sich dem Nest unvorsichtig nähert oder wenn man sie ärgert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2016)

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