Gartenkralle

Gartenliteratur: Intime Bekanntschaften

Schreiben über Gartenkult, in der Literaturwelt hierzulande stößt es fast auf Unbehagen.
Schreiben über Gartenkult, in der Literaturwelt hierzulande stößt es fast auf Unbehagen. Ute Woltron
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Was das Schreiben über Gärten anlangt, haben die Briten seit jeher die Nase vorn, während die hiesige Literaturkritik noch nicht allzu viel damit anfangen kann.

Garten und Literatur sind Themenkreise, die sich gut vertragen und einander im Lauf der Menschheitsgeschichte oft befruchtet haben. Wer jetzt im Sommer Zeit und Muße hat, sich in die Welt der Gartenliteratur zu versenken, kann also aus dem Vollen schöpfen, beginnend mit antiken Schriften etwa des Plinius und den gartenphilosophischen Betrachtungen des Epikur bis hin zu zeitgenössischer Gartenlektüre etwa von Barbara Frischmuth.

Apropos: Der österreichischen Schriftstellerin war eben ein literarisches Festival gewidmet. Es fand in Gmunden statt, und der Ort, an dem sich Literaturkritik und Publikum trafen, war sehr passend. Inmitten eines alten wilden Parks liegt gut versteckt und nur von Eingeweihten auffindbar eine Villa aus der Zeit des Historismus, die ihresgleichen sucht. Die Decken- und Wandgemälde zeigen Gartenidyllen und Pastoralen, und durch die alten Gläser raumhoher Fenster blickten anlässlich des Festivals die großen Bäume auf die Besucher herab, so wie sie es gut 150 Jahre getan haben.

Die Schriftstellerin wurde gebührend gewürdigt, schließlich mäanderte die Diskussionsrunde auch in Richtung Garten. Ab da war klar, dass die deutschsprachige Literaturkritik damit noch nicht allzu viel anfangen kann. Ihre Vertreter wirkten ein wenig verloren, so, als ob sich ein Stadtkind zu tief in einen zwar freundlichen, doch rätselhaften Auwald verirrt hätte.

Schicksal als Mauerblümchen

Tatsächlich erleidet das Schreiben über Gärten in der deutschsprachigen Literatur ein Mauerblümchenschicksal, sieht man von Ausnahmen ab. Die fruchtbarste Scholle für Schriftsteller, die den Garten auf unterschiedliche Weise thematisieren, liegt traditionell im Gartenland England. „Gott der Allmächtige pflanzte zuerst einen Garten, und dies zu tun ist in der Tat das reinste Vergnügen des Menschen“, schrieb der Philosoph Francis Bacon im Jahr 1625.

„Adam war ein Gärtner“, meinte auch sein Landsmann Rudyard Kipling, ließ diesen Satz auf die Wand seines Arbeitszimmers malen und behauptete: „Gott, der ihn erschaffen hat, sorgt dafür, dass die Hälfte aller guten Gartenarbeit auf den Knien erledigt wird.“ Kipling erhielt 1907 den Literaturnobelpreis, mit einem Teil des Geldes ließ er in seinem Garten in Sussex einen Teich anlegen. Den Rest investierte er in die umliegenden Gründe, um einen Bannkreis der Unberührtheit um seinen geliebten Garten zu ziehen.

Britische Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die sich mit Gärten befasst haben, sind zahlreich und weltbekannt. Ganze Wissenschaftlergenerationen waren etwa damit befasst, die Blumen und Pflanzen, die durch das Werk William Shakespeares wuchern, in ihrer Bedeutung zu entschlüsseln. Von Vita Sackville-West, Virginia Woolf, Gertrude Jekyll über Charles Dudley Warner und Beverley Nichols bis hin zu zeitgenössischen Gartenschreiberinnen wie Alys Fowler und Anna Pavord ist die englische Literatenszene gespickt mit Leuten, die dem Garten huldigen.

Nicht nur für Horace Walpole war das Gärtnern eine höchst edle Tätigkeit, vergleichbar mit anderen schönen Künsten: „Die Poesie, die Malerei und das Gärtnern, oder die Wissenschaft von der Landschaftsgestaltung, werden von Menschen mit Geschmack für immer als drei Schwestern gesehen werden, oder als die drei neuen Grazien, welche die Natur schmücken.“

Im Vergleich zu den Briten sind die Gartenschreiber hierzulande rar. Von Hermann Hesse weiß man, dass er ein Gartenmensch war: „Im Übrigen bin ich, nicht ungern, der Sklave meines Gartens, wo ich samt meiner Frau fast jede freie Minute arbeite. Es macht mich sehr müd und ist etwas zu viel, aber mitten in alledem, was die Menschen heut tun, fühlen, denken und schwatzen, ist es das Klügste und Wohltuendste, was man tun kann.“


Sich selbst genug. Auch Wilhelm Busch war sich selbst in seinem Garten genug: „Auch ich war immer daheim, grub, krautete, stocherte, handhabte die Gießkanne, besah alles, was wuchs, täglich genau und bin mit jeder Rose, mit jedem Kohlkopf, mit jeder Gurke intim bekannt. Eine etwas beschränkte Welt, so scheint's. Und doch, wenn man es recht erwägt, ist all das Zeugs, vom dem jedes unendlich und unergründlich ist, nicht weniger bemerkenswert als Alpen und Meer, als Japan und China.“

So betrachtet legt Lewis Caroll in „Alice hinter den Spiegeln“ seiner Heldin gar prophetische Worte in den Mund: „Oh, Tigerlilie“, sprach Alice und wandte sich einer zu, die sich anmutig im Winde wiegte, „wenn du doch sprechen könntest!“ „Wir können sprechen“, sagte die Tigerlilie, „wenn jemand da ist, mit dem es sich lohnt.“

Barbara Frischmuth. Die österreichische Schriftstellerin hat neben Romanen, Theaterstücken und Hörspielen auch mehrere sehr empfehlenswerte Gartenbücher geschrieben, die bis in den englischsprachigen Raum Wellen schlugen.

Vita Sackville-West. Die Gestalterin der Gärten von Sissinghurst ist die wohl bekannteste Gartenschreiberin unter den britischen Autoren, schrieb jedoch vor allem Gedichte, Novellen und Romane.

Gartenliteraten. Im nur noch antiquarisch aufzutreibenden Buch „Der Garten und sein Mensch“ von Astrid Wintersberger kommen zahlreiche Schriftstellerinnen und Schriftsteller über ihre Leidenschaft zu Wort.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2017)

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