Die Herbstfarben der Spätblüher

Die Lampionblume zeigt im Herbst ihr charakteristisches Ziegelrot.
Die Lampionblume zeigt im Herbst ihr charakteristisches Ziegelrot.(c) Ute Woltron
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Nicht der Frühling, sondern der Herbst ist möglicherweise die aufregendste Phase im Staudengarten, denn jetzt bricht die Zeit der reiferen Schönheiten an.

Alle huldigen dem Frühling, zu wenige dem Herbst. Das gehört geändert. Staudengärten durchlaufen über das Jahr sowieso unterschiedliche Stadien, von atemberaubend schön bis, na ja, eh ganz ordentlich. Denn zwischendurch fällt fast jeder Garten für ein Weilchen in ein sogenanntes Blühloch, und das kann vorübergehend auch etwas öde ausschauen.

Als tollste und verlässlich schöne Staudengartenphase gilt unbestritten der Juni, weil in dieser Zeit alle Frühjahrs- und Frühsommerblüher auf einmal zeigen, was sie können, und die Gärten wie geronnene Farbexplosionen à la Jackson Pollock wirken. Doch mindestens genauso aufregend, wenn nicht vielleicht sogar von subtilerer Schönheit ist ein gut angelegter Herbstgarten, also ein solcher, in dem geschickt und an den richtigen Positionen die Späten unter den Blütenstauden und Blütensträuchern eingebuddelt wurden.

Man hat es jetzt sozusagen mit reiferen Schönheiten zu tun, mit erwachsenen Pflanzen, die nicht verspielt unter der Maisonne herumblödeln, sondern vor dem Ernst des nahenden Winters in den schon deutlich kürzer gewordenen Tagen mit sorgfältigem Trotz ihre Blüten in Wind und Wetter auspacken. Die Farben wirken irgendwie satter, gedeckter, weniger schrill und untereinander stimmiger als die des Frühjahrsblumengemüses.

Möglicherweise liegt es an den veränderten Lichtverhältnissen, an den schräger einfallenden Sonnenstrahlen und den längeren Schatten. Doch andererseits: Welche Frühlingsblume zeigt so ein kühles Lila-Rosa wie beispielsweise die Herbstanemone? Welche so ein klares Eisblau wie Säckelblume oder Mönchspfeffer?


Dahlien in allen Farbnuancen. Die Nachbarin stiehlt derzeit praktisch allen Gärten der näheren Umgebung mit einem Dahlienspektakel der Sonderklasse die Show. Bis zum ersten Frost blühen hier Hunderte Dahlien in Höhen von bis zu knapp zwei Metern in allen Farben bis auf Blau, dessen Hervorbringung der Dahlienzüchtergemeinschaft bisher noch nicht gelungen ist. Dafür leuchten sie in allen Nuancen von Rot, Lila, Gelb, Weiß, Purpur, dazu sind sie gestreift, gefleckt und tragen die hübschesten Blütenformen von Pompon bis Anemone.

Dahlien, die wahrscheinlich spektakulärsten unter den Spätblühern, machen allerdings viel Arbeit. Man muss ihre Knollen im Frühjahr ein- und im Herbst wieder ausgraben und frostfrei überwintern. Deshalb empfiehlt der dem Bequemen verpflichtete Herbstgärtner ähnlich veranlagten Kolleginnen und Kollegen lieber ausdauernde Stauden und herbstblühende Sträucher, und das können beispielsweise die Folgenden sein.

Neben den allseits ohnehin bekannten, so verlässlichen Herbstastern, von denen es unendlich viele Sorten in ebenso vielen Höhen und den wildesten Farben gibt, stechen dieser Tage die bereits erwähnten späten Herbstanemonen besonders ins Auge. Alle Rosa-Lila-Töne sind vorhanden, auch Creme und Weiß. Die Anemonen blühen, wie die meisten Herbststauden, wochenlang in der Kühle der späten Sonne und der bereits feucht-nebeligen Nächte. Sie vertragen sich besonders gut mit Gräsern und anderen feinen Rispenblühern.

Nummer zwei auf der Liste der schönsten Spätblüher sind die Herbstchrysanthemen. Auch sie blühen bis in den Frost und sind in einer unüberschaubaren Fülle unterschiedlicher Sorten zu haben. Die meisten der vornehmen Asiatinnen mit dem oft historischen Zuchtstammbaum sind gut über einen Meter hoch. Zierlichere Varianten erreichen immerhin noch einen halben Meter. Zu Nummer drei, der vielfach noch unterschätzten, außerordentlich genügsamen und dennoch prächtigen Hohen Fetthenne: Ihre Herbstfarben sind ebenfalls sehr spektakulär, insbesondere dann, wenn es um die dunkleren Varianten von Rot, Purpur und Rostbraun geht.

Die Krötenlilie als Nummer vier ist ebenfalls recht wenig bekannt. Die schattenliebende, filigrane Japanerin treibt zahllose Blüten, die wie Orchideen auf schlanken Stängeln sitzen. Dunkelpinke Tüpfelchen auf weißem Blattgrund. Atemberaubend. Wo sich die Pflanze wohlfühlt, dort breitet sie sich kräftig aus. Nummer fünf der herbstlichen Farbenstars ist eine alte, heute fast in Vergessenheit geratene Bauerngartenblume: Die Lampionblume blüht zwar bereits im Sommer, doch jetzt im Herbst färben sich die Kelchblätter, die lampionförmig die darinnen befindliche Beere samt Samen schützen, leuchtend ziegelrot.

Auf einen Blick

Lampionblume. Physalis alkekengi ist mit der schmackhaften Andenbeere eng verwandt, gilt aber als ungenießbar. Achtung, die Pflanze neigt zu kräftigem Überwuchern der Nachbarschaft, also besser im Auge behalten.

Chrysantheme. Die Herbstchrysantheme Chrysanthemum indicum ist die Blume Chinas und Japans, wo sie seit zwei Jahrtausenden Objekt zärtlicher Betreuung, Veredelung und Züchtung ist. Vornehme Damen also, die in keinem Garten fehlen sollten.

Japanische Krötenlilie. Die Tricyrtis japonica gehört zu den Liliengewächsen. Auch sie gibt es in mehreren Sorten, etwa mit blauen, gelben oder rot getüpfelten Orchideenblüten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2017)

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