Alle sieben Sekunden erkrankt jemand an Alzheimer

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Die am meisten gefürchtete Krankheit nach Krebs ist Alzheimer. Der allmähliche Gedächtnisschwund kann jeden treffen. In Wien findet ab morgen die europäische Alzheimer-Konferenz statt.

Am meisten fürchten sich die Menschen vor einer Krebserkrankung, gleich danach folgt Alzheimer. Der Schrecken dieser Krankheit, die jeden von uns treffen kann: Der Betroffene verliert nach und nach Orientierung, Erinnerung, Persönlichkeit – bis nichts mehr oder fast nichts mehr von dem Menschen bleibt, der er einmal war. Und: 75 Prozent kennen persönlich jemanden, der unter dieser Art von Gedächtnisschwund leidet. Alle sieben Sekunden erkrankt weltweit ein Mensch an Alzheimer, einer Krankheit, die man medikamentös maximal ein wenig hinauszögern, aber nicht stoppen und schon gar nicht heilen kann.

Um neueste Forschungsergebnisse in der Alzheimertherapie wird es unter anderem bei der 22. europäischen Alzheimer-Konferenz gehen, die erstmals in Wien abgehalten wird (4. bis 6. Oktober, Austria Trend Eventhotel Pyramide). Neu sind Erkenntnisse über die Wirkung eines Mixes aus verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln. „Folsäure, Phosphatidylserin, Omega-3-Fettsäuren, Selen, Vitamin B 12 und andere Substanzen können, in einem spezifischen Verhältnis gemischt, die Hirnleistung ankurbeln und bei leichter Demenz Verbesserungen bringen“, erklärt der Neurologe Andreas Winkler, Vizepräsident von Alzheimer Austria. Nachsatz: Dieses Mittel in Form eines Getränkes könne Alzheimer keineswegs heilen.

Positive Wirkung auf die Gehirnleistung von Patienten mit früher Alzheimerkrankheit zeigte Souvenaid in zwei internationalen, randomisierten, kontrollierten, doppelblinden Studien an knapp 500 Probanden. Bei mittelschwerer Erkrankung bringt der „medical drink“ jedoch kaum einen Erfolg, wie eine Untersuchung an 527 Patienten zeigte. Winkler: „Wir stellen gerade ein Expertengremium zusammen, das definieren soll, welchen Stellenwert Souvenaid in der Klinik hat, wer es bekommen soll und wem es helfen könnte.“

Schon nächstes Jahr könnte es in Österreich erhältlich sein, dem Getränk wird auch eine präventive Wirkung nachgesagt. Winkler: „Das könnte von größter Bedeutung sein, entwickelt sich Morbus Alzheimer doch nicht von heute auf morgen. Der Prozess im Gehirn beginnt schon 20, 30 Jahre bevor die Krankheit zum Ausbruch kommt.“ Allgemein wird davon ausgegangen, dass man früh in den Krankheitsverlauf eingreifen muss, um ihn tatsächlich positiv beeinflussen zu können.

Wenig Positives gewinnen Winkler und andere Experten der sogenannten ketogenen Therapie und Diät ab, die der amerikanische Ernährungswissenschaftler und Naturheilkundler Bruce Fife in zwei neuen Büchern zum Thema Demenz empfiehlt. Laut Fife kann eine fettreiche, kohlenhydratreduzierte Ernährung in Verbindung mit Kokosöl Demenz vermeiden und effektiv behandeln. Denn die so entwickelten Ketonkörper seien ein Supertreibstoff fürs Gehirn und Kokosöl sowieso das Brainfood schlechthin. Im 250-seitigen Hauptbuch („Stopp Alzheimer! Wie Demenz vermieden und behandelt werden kann“; 25,70 €, Systemed Verlag) geht Fife auch auf das menschliche Gehirn und verschiedene Medikamente ein und behauptet unter vielem anderen, dass eine Cholesterinsenkung gefährlich sei. Das zweite Buch „Stopp Alzheimer“ (122 Seiten, 13,40 €) ist ein Praxisbuch mit rund 60 Rezepten, Mentaltest, Warenkunde und beschreibt unter anderem, wie man mit Kokosöl und der richtigen Ernährung der Krankheit entgegentreten können soll.

Zahl der Kranken explodiert

Im Kampf gegen Alzheimer gab es schon viele Misserfolge: Viele, in den Labors der Welt und an Menschen getestete Präparate enttäuschten hinsichtlich ihrer Wirkung, einige erwiesen sich gar als gefährlich. Und die Zeit drängt, denn infolge der Alterspyramide explodiert die Zahl der Alzheimerkranken: 130.000 sind es heute in Österreich, 35 Mio. weltweit – 2050 sollen es mehr als 120 Millionen (!) sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2012)

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