Ein kleiner Antikorruptionsratgeber für Mediziner

Bei niedergelassenen Ärzten ist der Grat zwischen „verboten“ und „noch erlaubt“ manchmal schmal. Dazu einige Beispiele.

Um strengeren Gesetzen zuvorzukommen, hat der deutsche Verband der Kassenärzte nun von sich aus präzise Richtlinien gegen Korruption ausgearbeitet. Diese sollen mehr Klarheit über die Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Krankenhäusern, Apothekern und der Pharmaindustrie schaffen.

Das sind die wichtigsten Bestimmungen, die in der 22-seitigen Broschüre mit dem Titel „Richtig kooperieren“ vorgelegt wurden.
•Ärzte dürfen grundsätzlich an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen, die von der Pharmaindustrie oder von anderen Firmen gesponsert werden. „Die Fortbildung muss ausschließlich fachliche Themen behandeln“, heißt es in dem Ratgeber, der vor Kurzem an alle Kassenärzte geschickt wurde. Nicht erlaubt ist, dass Pharmaunternehmen die Kosten für „Verlängerungstage“ oder für ein „Rahmenprogramm“ übernehmen. Die Mediziner dürfen weiters in keinem Luxushotel untergebracht sein. Bei Flugreisen sind nur Tickets in der „Economy Class“ zulässig. Verboten ist, wenn Pharmafirmen die Reisekosten für Begleitpersonen übernehmen.
•Eine finanzielle Unterstützung von Jubiläumsfeiern, Betriebsausflügen, Weihnachts- und Geburtstagsfeiern oder die Ausrichtung eines „Tags der offenen Tür“ durch die Pharmaindustrie ist verboten.
•Unzulässig ist die Bezahlung einer Aufwandsentschädigung für die Befragung von Patienten zur Akzeptanz eines bestimmten Medikaments.
•Kassenärzte dürfen sich für die Zuweisung von Versicherten kein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile versprechen. Dieser Grundsatz gilt vor allem, wenn mehrere Vertragsärzte kooperieren oder eine gemeinsame Praxis führen. Empfiehlt ein praktischer Arzt einen bestimmten Facharzt oder ein Spital, darf er dafür kein Geld bekommen.
•Verboten ist, wenn Brillenanbieter oder Hörgeräte-Akustiker eine Vermittlungsgebühr zahlen. Nicht erlaubt ist außerdem, wenn beispielsweise ein HNO-Arzt Räume in seiner Praxis an einen Hörgeräte-Akustiker vermietet und mittels Beratungskarten Patienten überweist.
•Nicht zulässig ist, wenn Ärzte bestimmte Hilfsmittel in größeren Depots halten. Solche Hilfsmittel dürfen nur in Notfällen an Patienten ausgeben werden– wie beispielsweise Gehstützen und bestimmte Bandagen, die der Patient sofort benötigt, um weitere Schmerzen zu vermeiden. Mit dem Depotverbot soll erreicht werden, dass der Patient selbst auswählen kann, wo er die Hilfsmittel kauft.
•Zulässig ist, wenn ein Arzt Aktien eines großen Pharmakonzerns besitzt und regelmäßig Medikamente dieses Konzerns verschreibt. „Das Verordnungsverhalten des Arztes wird die Umsatzsteigerung des Pharmaunternehmens nicht beeinflussen können, daher liegt hier kein Verstoß vor“, heißt es. Die österreichische Ärztekammer kann sich vorstellen, einen ähnlichen Ratgeber zu veröffentlichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.01.2013)

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