Influenza: Zahl der Erkrankten wird noch steigen

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Etwa 240.000 Menschen in Österreich sind erkrankt, seit die Grippewelle am 22. Jänner begann. Und die Zahlen steigen weiter, selbst die Ferien brachten keine Entlastung. Fragen und Antworten zum aktuellen Leiden.

1. Warum kommt die Grippe immer im tiefen Winter? Wo ist sie sonst?

Sie ist immer dort, wo es kalt ist, deshalb ist sie in unserem Sommer auf der Südhalbkugel. Aber warum liebt sie die Kälte? „Eine hundertprozentige Antwort gibt es nicht“, erklärt Monika Redlberger-Fritz von der Virologie der Med-Uni Wien, „es spielt vermutlich Verschiedenes mit.“ Zum einen können Viren in Kälte besser an Oberflächen überleben, zum anderen sind unsere Immunsysteme im Winter geschwächt und die Menschen häufiger auf engem Raum zusammen.

2. Die Grippe kommt immer in Wellen. Steigt sie jetzt noch?

Ja. Österreichweit sind, seit die Grippewelle am 22. Jänner offiziell ausgerufen wurde, etwa 240.000 Menschen erkrankt. Und die Zahlen steigen: In der letzten Woche gab es in Wien 14.600 Neuerkrankungen, in Graz und Tirol jeweils über 4000. „Das ist extrem hoch“, erläutert Redlberger-Fritz, „und es ist ungewöhnlich, dass die Zahlen in Wien während der Ferien gestiegen sind. Wann genau der Gipfel erreicht sein wird, kann man im Moment nicht sagen, es wird in den nächsten ein, zwei Wochen sein. Und wie hoch die Welle steigen wird, kann man auch erst sagen, wenn der Gipfel erreicht ist.“

3. Wie viele Menschen werden an der Grippe sterben?

Das lässt sich nicht prognostizieren, man kann auch die Opferzahlen der letzten Jahre nur schätzen. Denn es gibt keine Meldepflicht für Grippetote, und auf dem Totenschein findet sich das Wort auch so gut wie nie, dort steht dann etwa „Herzversagen“. Die Grippe wirkt am Tod mit, da sie ohnehin Schwache und Alte noch weiter schwächt. Dass sie das tut, sieht man an der sogenannten Übersterblichkeit: Die Statistiker vergleichen die Sterberaten in Zeiten ohne und mit Grippe, die Differenz zeigt die Opfer. Bei einer durchschnittlichen Grippewelle in Österreich sind es 1300 Personen.

4. Was ist diese Grippe überhaupt? Gibt es nur eine?

Es gibt eher harmlose grippale Infekte, und es gibt die wirkliche Grippe, Influenza, sie verursacht die Welle. Sie entsteht durch Viren, die sich immer wieder bei Vögeln und Schweinen neu mischen. So kam vor Jahren die Vogelgrippe H5N1 aus Asien, vor drei Jahren eine Schweinegrippe (H1N1) aus Mexiko (die Namen der verschiedenen Typen kommen von Hüllproteinen der Viren).

5. Welche Typen der Viren grassieren derzeit bei uns?

Vier verschiedene: H1N1, H3N2, Yamagata und Victoria. Am häufigsten ist H1N1, an ihm zeigt sich auch die Launenhaftigkeit der Grippe: Als dieses Virus vor drei Jahren aufkam, wurde von der Weltgesundheitsorganisation WHO eine Pandemie ausgerufen. Aber die Grippewelle verlief dann doch eher durchschnittlich. Dass sie sich jetzt stärker auswirkt, ist insofern verwunderlich, als alle Menschen, die damals erkrankt sind, heute immun gegen H1N1 sein sollten. Die jetzt hohen Zahlen liegen zum einen an den Kindern, die vor drei Jahren noch nicht auf der Welt waren – „Kinder sind immer die Motoren in der Ausbreitung der Grippe“ –, zum anderen an der Unberechenbarkeit der Krankheit. „In manchen Jahren fallen Grippewellen stärker aus, in anderen schwächer“, erklärt Redlberger-Fritz, „man weiß nicht, welche Mechanismen dahinterstehen. Man kann deshalb nie im Vorhinein bestimmen, wie eine Welle verläuft. Man kann sie nur beobachten.“

6. Wie gut ist der diesjährige Impfstoff?

„Im Moment wirkt er sehr gut, und die Viren im Impfstoff stimmen mit denen, die zirkulieren, weithin überein. Nur gegen Victoria wirkt der Impfstoff nicht, aber sie betrifft nur drei Prozent der Fälle“, erklärt Redlberger-Fritz: „Aber auch die Wirksamkeit kann man erst retrospektiv beurteilen, am Ende der Saison.“

7. Soll sich noch impfen lassen, wer kann?

Redlberger-Fritz: „Es ist nicht zu spät, noch nimmt die Welle ja zu. Normalerweise dauert eine Welle acht bis zehn Wochen, wir haben jetzt drei Wochen. Wer sich jetzt impfen lässt, hat in etwa einer Woche Schutz, d.h. für die zweite Hälfte der Saison.“

8. Was kann man sonst unternehmen, um sich und andere zu schützen?

Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen! Das Virus verbreitet sich als Schmierinfektion von Hand zu Hand (bzw. Objekt). Es verbreitet sich aber auch via Tröpfchen: Nicht in die Hände niesen, sondern in ein Taschentuch oder, sofern keines zur Hand, in die Ellenbogenbeuge. Das empfehlen deutsche Behörden, und Redlberger-Fritz stimmt zu. „Aber das Beste wäre überhaupt, dass man zu Hause bleibt, wenn man krank ist.“ Und dass man dann nicht an den Arbeitsplatz eilt, um der dezimierten Restkollegenschaft beizustehen. „Das ist leider oft so. Bei uns im Institut ist es ein bisschen besser“, freut sich Redlberger-Fritz: „Wir sind ja alle Virologen und schicken infizierte Mitarbeiter nach Hause.“

Auf einen Blick

Influenza wird von Viren ausgelöst, die mit Tröpfchen (beim Niesen) übertragen werden oder auch durch Schmierinfektion von Hand zu Hand. Diese Viren haben ihre Namen von Hüllproteinen, und diese werden immer wieder neu kombiniert. Und zwar dann, wenn die Grippe Geflügel und/oder Schweine befällt: Dann entsteht etwa Hühnergrippe (H5N1) oder Schweinegrippe (H1N1). Diese kam vor drei Jahren schon einmal – vor allem sie ist jetzt wieder da. [DAPD]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2013)

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