Weihrauch, Gold und Myrrhe als Medizin

STERNSINGER
STERNSINGER(c) APA (ALOIS LITZLBAUER)
  • Drucken

Die drei Hauptgeschenke der Heiligen Drei Könige haben auch eine therapeutische Seite: Weihrauch etwa hilft gegen Entzündungen, Myrrhe in der Wundtherapie, Gold soll das Immunsystem stärken.

Weihrauch, Myrrhe, Gold – das brachten der Überlieferung nach die Heiligen Drei Könige nach Bethlehem. Dabei handelte es sich nicht um irgendwelche Geschenke, wiewohl nicht überliefert ist, ob sie sich des gesundheitlichen Werts dieser Gaben so richtig bewusst waren. Weihrauch kann man auch schlucken oder schmieren, unter anderem lindert er Schmerzen. Myrrhe findet sich in einigen Zahnpasten, und Gold soll dem Immunsystem guttun.

Weihrauch.
Schon schnuppern hilft. „Raumbeduftung mit ätherischen Ölen des indischen oder jemenitischen Weihrauchs kann das Immunsystem stärken, Ängste lösen, aber auch Viren in der Raumluft vernichten. Das verdanken wir vor allem dem Wirkstoff Monoterpen, einer chemischen Verbindung aus einer Kette mit zehn Kohlenstoffatomen. In Cremen, Gels und Mischungen mit natürlichen fetten Pflanzenölen kann dieser Wirkstoff schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken“, sagt Wolfgang Steflitsch, Lungenfacharzt im Wiener Otto-Wagner-Spital und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für wissenschaftliche Aromatherapie und Aromapflege. Weihrauch aus Äthiopien und Eritrea hingegen enthält mehr Ester, „seine ätherischen Öle sorgen für seelische Ausgeglichenheit und helfen gegen Schlafstörungen und depressive Verstimmung. Außerdem sind sie krampflösend.“

Bei Krämpfen und Muskelverspannungen wird man mit einer Duftlampe wohl eher wenig ausrichten können, da müssen es schon Einreibungen, Wickel oder Kompressen sein. Dazu nehme man ätherisches Weihrauchöl, mische es mit Basisöl und schmiere die betroffene Stelle ein. Es gibt aber auch fix und fertige Weihrauchcremen und -gels, die Schmerzlinderung versprechen oder bei Neurodermitis und Schuppenflechte Linderung bringen sollen.

„Ich arbeite oft mit Weihrauchkapseln und habe bei Patienten mit rheumatischen Beschwerden oder Entzündungen schöne Erfolge erzielt“, sagt der Allgemein- und Komplementärmediziner Gerhard Hubmann, der sich seit fast 20 Jahren mit Weihrauch beschäftigt. Derlei Benefits hat man vor allem der Boswelliasäure des Weihrauchs zu verdanken. Sie greift in den Zyklus der Arachidonsäure, die bei Entzündungen im menschlichen Körper eine große Rolle spielt, ein. Daher sind entzündliche Lungenleiden (etwa Bronchitis), entzündliche Darmerkrankungen (diesbezüglich hat eine Studie am AKH Wien ergeben, dass der indische Weihrauch, Boswellia serrata, ähnliche Effekte hat wie Kortison), aber auch Zahnfleischentzündungen einige der Einsatzgebiete von Weihrauchkapseln.

„Bei leichteren Rheumaleiden kann Weihrauch herkömmliche Medikamente ganz oder teilweise ersetzen“, sagt Hubmann. Bei schwereren Erkrankungen aber kommt man um die nebenwirkungsreichen NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) und andere schulmedizinische Arzneimittel nicht herum. Stichwort Schulmedizin: Die Weihrauchtherapie gehört in den Bereich der Naturheilkunde. Einer der Weihrauchpioniere, der deutsche Professor Hermann P. T. Ammon, Pharmazeut und Mediziner, hat mehr als 220 wissenschaftliche Arbeiten dazu publiziert. „Viele Arbeiten bescheinigen Weihrauch zwar eine antientzündliche Wirkung, aber es gibt noch immer zu wenige große wissenschaftliche Studien. Firmen, die Phytotherapeutika herstellen, haben einfach nicht das Geld dazu“, bedauert Hubmann. „Aber, wenn ich mit einem Pflanzenwirkstoff nebenwirkungsreiche synthetische Drogen einsparen kann, dann ist das einfach legitim.“ Bei Gehirntumoren zum Beispiel kann Weihrauch Kortison einsparen – zum Teil beträchtliche Mengen davon. „Weihrauch nimmt die Schwellungen rund um das Karzinom.“ Die positive Wirkung von Weihrauchpräparaten auf Ödeme rund um Gehirntumore ist übrigens in klinischen Studien beschrieben worden.

„Wer ein Weihrauchpräparat kaufen will, soll aufpassen“, warnen Hubmann und Steflitsch, in Europa und im Internet werden immer wieder qualitativ minderwertige Produkte angeboten, die entweder verunreinigt sind oder nur wenige Wirkstoffe enthalten. Profunder Tipp: Weihrauchkapseln und Co. nur in Apotheken oder bei Ärzten des Vertrauens kaufen.


Myrrhe.
Es ist durchaus möglich, dass Sie mit Myrrhe schon einmal die Zähne geputzt oder gegurgelt haben – sie ist in einigen Zahnpasten und Gurgelwässern enthalten. „Grund ist der adstringierende, entzündungshemmende, desinfizierende und heilende Effekt“, weiß Steflitsch, „Myrrhe wirkt aber auch antiviral und antibakteriell, bekämpft also bis zu einem gewissen Grad auch Viren und Bakterien.“ Er selbst hat schon gute Erfahrungen mit Myrrhe bei der Behandlung von chronischen offenen Wunden gemacht. Auch hier scheiden sich – wie so oft in der Medizin – wieder einmal die Geister: Ein Teil der Ärzteschaft sieht die Myrrhe als wertvolle Bereicherung bei der Wundtherapie, ein anderer lehnt diese und viele anderen pflanzlichen Therapien rundheraus ab.

Letztere Ärztegruppe wird sich wohl auch nur bedingt mit den Ergebnissen der Studien der Universität Leipzig anfreunden können, denen zufolge Myrrhe Darmkrämpfe lindern kann und daher bei Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Reizdarm hilfreich sein könnte.

Als ätherisches Öl ist Myrrhe in der Lage, via Raumbeduftung Viren und Bakterien zu vernichten. „Von der psychischen Seite her wirkt das ätherische Myrrhe-Öl antidepressiv und inspirierend“, weiß Steflitsch. Auch Hubmann setzt das „herrliche Aromamittel“ auf der geriatrischen Bettenstation Rosenhügel ein, „weil es Menschen hilft, gewisse Dinge leichter zu nehmen, weil es seelisch stark stabilisierend ist“.

Auszuprobieren wäre, ob das mit der angeblich sinnlichen Wirkung von Myrrhe tatsächlich stimmt – ihre Wirkstoffe sollen die Produktion von Pheromonen, also von Sexuallockstoffen, anregen. Für Testfreudige: acht Tropfen ätherisches Myrrhe-Öl in 100 Milliliter Mandel- oder Aprikosenöl mischen und den Körper massieren.


Gold. Gold wird (in unseren Breiten heute immer weniger) in der Zahnheilkunde eingesetzt. Und vor allem auch in der Homöopathie kommt es zum Einsatz, etwa bei Depressionen, Angstzuständen und Erschöpfung. Es macht sich aber auch gut im Danziger Goldwasser, einem Gewürzlikör mit Blattgoldflocken. Und das soll nicht nur einem festessengeschädigten Magen guttun, sondern auch unseren Abwehrkräften. In winzigen Dosen soll Gold nämlich einen regulierenden Einfluss auf unser Immunsystem haben – das ergaben zumindest schwedische und amerikanische Forschungen.

Und wer in dem Buch „Gold als Medizin“ (Verlag Neue Erde) blättert, wird darin unter anderem erfahren, dass wir Gold meist unbemerkt aufnehmen, etwa durch das Tragen von Schmuck. Und auch, dass dieses Edelmetall bei Polyarthritis und Herzbeschwerden helfen könne und vitalisierend auf den ganzen Körper wirke. Eine Goldkette oder einen goldenen Ring unter dem Weihnachtsbaum kann man also nicht nur als Schmuck betrachten, sondern in gewisser Hinsicht auch als eine ästhetische Form der Gesundheitsvorsorge.

HEILSAMES TRIO

Weihrauch
Weihrauch wird aus Harz von Bäumen der Gattung Boswellia gewonnen. Die Baumrinde wird angeschnitten, das Harz gesammelt, es trocknet an der Luft zu gelblichen bis rötlich-braunen „Tränen“. Die so gewonnenen Weihrauchbrocken enthalten etwa 70 Prozent Harze, 25 bis 35 Prozent Gummi und drei bis acht Prozent ätherische Öle. Der Rauch beim Verbrennen wird für kultische Zwecke verwendet.

Myrrhe
Auch bei Myrrhe handelt es sich um ein Balsambaumgewächs, von dem Harz gewonnen wird. Ähnlich wie Weihrauch wird es als Räucherwerk verbrannt, bei medizinischer Anwendung wird es zerkaut und in Tablettenform eingenommen. Früher wurde es auch zur Einbalsamierung verwendet – und auch als Aphrodisiakum. Die Heimat des Myrrhebaumes liegt in Ostafrika, auf der Arabischen Halbinsel und in Indien.

Gold
Gold ist nicht nur Schmuck allein – seit Jahrtausenden verwenden Wunderheiler, Scharlatane und Ärzte dieses Edelmetall zu therapeutischen und esoterischen Zwecken. Ende des 19.Jahrhunderts wurde Gold bei Tuberkulose, im 20.Jahrhundert unter anderem bei Epilepsie verordnet. Wird Gold, das etwa als Dekoration von Speisen zum Einsatz kommt, verzehrt, besteht für den Organismus keine Gefahr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.