Sport im Freien trotz Pollenallergie

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Dass draußen Pollen unterwegs sind, bedeutet noch lange nicht, dass Sportler daheim bleiben oder das Training auslassen müssen. Man muss nur wissen, wie man sich wirksam schützt und die richtigen Vorkehrungen trifft.

Während sich die meisten Menschen derzeit auf die warmen Sonnentage freuen, wieder vermehrt vor die Türe gehen und tief durchatmen, bekommen Pollenallergiker dieser Tage den Frühlingsblues. Für sie bedeuten Sonne und höhere Temperaturen unter anderem auch: Die Laufschuhe bleiben im Schrank, das Rennrad verstaubt in der Garage. Aber muss das wirklich so sein?

Sicher ist sicher, meinen viele Allergiker. In den Monaten des Pollenflugs heißt das: no sports. Ist diese Devise jedoch zwingend? Dürfen Allergiker während des Pollenflugs nun mal nicht im Freien sporteln? Der Grundsatz lautet: Sport im Freien vermeiden. Wenn man sich aber über den aktuellen Pollenflug informiert und bestimmte Vorsichtsmaßnahmen ergreift, verkürzt sich die Zeit eines absoluten Freiluftsport-Verbots meist auf wenige Wochen oder gar nur Tage im Jahr.

Pollen gelangen während der Baum-, Gräser- oder Kräuterblüte in großer Menge in die Luft. Sie wirbeln umher, der Wind trägt sie mitunter über viele Kilometer, bei Regen sinken sie auf den Boden. Je mehr Luft man einatmet, desto mehr Pollen atmet man ein. Dies ist natürlich für Sportler besonders problematisch, da durch das vergrößerte Atemvolumen der Allergenkontakt verstärkt wird. Der vorrangige Schutz vor den Pollen erfolgt durch Vermeidung. Wer sich Pollen nicht aussetzt, hat auch keine Symptome zu befürchten.

Daraus folgt aber keineswegs, dass sportliche Allergiker monatelang in Turnhallen und Fitnesscenter ausweichen müssen. Viele Pollenallergiker sind lediglich auf eine einzige Pollenart allergisch, sie müssen daher nur in der Blühzeit dieser konkreten Art vorsichtig sein. So muss etwa ein Birkenpollenallergiker vor allem im April mit hohen Pollenkonzentrationen rechnen. Die Gräserpollen im Frühsommer betreffen ihn ebenso wenig wie etwa Ragweed im August und September. Der Birkenpollenallergiker kann demnach das ganze Jahr draußen sporteln, nur eben im April muss er vorsichtig sein.

Sich vorsehen bedeutet Information einholen. Sportler sollten sich über die aktuelle Stärke des Pollenflugs erkundigen. Auf www.pollenwarndienst.at findet man nicht nur Prognosen für einen Tag, auch die prognostizierten stündlichen Belastungen sind grafisch dargestellt. Gibt man die Postleitzahl ein, erfährt man den aktuellen Stand in seiner Region. Informieren kann man sich auch mithilfe der Gratis-Pollen-App des Pollenwarndienstes der Med-Uni Wien, sie bietet aktuelle Werte für ganz Österreich.

Die persönliche Belastung. Und weil Beschwerden individuell unterschiedlich sind, manche Allergiker stark reagieren, wo andere noch fast gar nichts spüren, berücksichtigt die App genau das und errechnet die ganz persönliche Belastung. „Das Resultat ist ein maßgeschneiderter Pollenalarm, samt Vorhersage für die nächsten zwei Tage“, sagt Uwe Berger, Leiter der Forschungsgruppe Aerobiologie und Polleninformation an der Medizinischen Universität Wien.

Ob man auf Sport im Freien verzichten sollte oder nicht, hängt auch davon ab, wie stark man allergisch reagiert. Wer nur unter Nießreiz und tränenden Augen leidet, muss sicher nicht ganz vom Sport absehen, sondern nur gewisse Regeln einhalten. Wer dagegen schon an allergischem Asthma leidet, sollte sich in geschlossene Räume begeben. Und sich dort, nach dem O. K. seines Arztes, auch bewegen, denn eine Pollenallergie sollte nicht dazu führen, dass man auf die gewohnte Bewegung ganz verzichtet.

Generell gilt: Keine unnötigen Gefahren eingehen. Wer trotz Allergiezeit und starker Symptome im Freien sportelt, riskiert allergische Reaktionen bis hin zu einem Asthmaanfall. Eine Verschärfung der Allergie, den sogenannten Etagenwechsel – das ist die Ausbreitung der Probleme in Richtung Bronchien samt Entstehung einer Asthmaerkrankung –, riskiert man dann, wenn man sämtliche Vorsichtsmaßnahmen ignoriert und selbst bei hoher Pollenbelastung immer wieder im Freien sportelt. „Allergische Erkrankungen stellen gerade für Freiluftsportler ein nicht zu unterschätzendes Problem dar“, warnt der Linzer Sportmediziner und Marathonläufer Dr. Andreas Dallamassl.

Der Grundsatz, sich vor dem Einatmen der Pollen zu schützen, gilt nicht nur für den Sport, Allergiker sollten generell für ein pollenarmes Umfeld sorgen. Pollenfilter fürs Auto sind wichtig, jedoch nur wirksam, wenn sie ordentlich gewartet werden. Geschlossene Fenster sind ein Muss. Das gilt für Fahrzeug, Wohnung und Haus. Feinmaschige Vliese für Fenster und Türen verhindern das Eindringen von Pollen in die Wohnräume. Auch diverse Luftfilter bieten Schutz. Kleidung (auch Sportkleidung) sollte zur Hauptsaison der Pollen nicht im Freien getrocknet werden. Kleidung sofort zur Schmutzwäsche geben, um eine Verunreinigung des Wohnbereichs durch Pollen zu verhindern. Kleidung nicht im Schlafzimmer ausziehen, diese häufiger als üblich waschen. Wer indoor sportelt, sollte die Sportkleidung erst vor Ort anziehen, um möglichst wenige Pollen in den geschlossenen Raum einzuschleppen. Haare täglich vor dem Zubettgehen waschen.


Medikamente.
Was Medikamente angeht, sind manche Hilfsmittel zwar verlässlich wirksam (z. B. Antihistaminika), können aber mitunter Müdigkeit hervorrufen. Eine Einnahme rechtzeitig vor Trainingsbeginn (ein bis zwei Stunden) ist zu empfehlen. Andere Substanzen, wie Bronchien erweiternde Sprays, sogenannte Beta-Mimetika, sind für Asthmatiker in der Regel unentbehrlich, werden aber mitunter als Doping angesehen. „Damit ist bei Profisportlern eine Meldepflicht des Teamarztes bei Einnahme durch einen Sportler verbunden. Weil aber die Asthmadefinition nicht eindeutig ist, und auch nicht festgelegt ist, wer Asthma als Diagnose stellen darf oder muss, gibt es hier eine Grauzone“, sagt Berger.

Sportmediziner und Läufer Dallamassl empfiehlt, bei mäßigem bis starkem Pollenflug im Zweifel besser auf die Sportausübung im Freien zu verzichten. Selbst medikamentöse Vorsichtsmaßnahmen können in manchen Fällen nicht ausreichen und im schlimmsten Fall zu allergischem Asthma führen. Wer unsicher ist, sollte vor der geplanten Sportausübung jedenfalls einen Allergologen konsultieren.

Tipps & Tricks

•Kopfbedeckung tragen sowie möglichst große, dicht schließende Sonnenbrillen.
•Filtermasken für Nase und Mund sind prinzipiell auch eine Möglichkeit, sich zu schützen, der Tragekomfort lässt allerdings zu wünschen übrig.
•Problemlos sind isotonische Salzwasserlösungen, die man sich kurz vor Beginn der Aktivität in die Nase sprüht. Ein großer Teil der Allergiemoleküle wird im Wasser gelöst und kann durch die Nasenlöcher abfließen. Auch Augentropfen lindern die Symptome.
•Sobald eine allergische Reaktion auftritt, sollte das man das Training beenden.
•Am Meer oder im Hochgebirge ist die Luft nahezu pollenfrei.
Belaubter Wald, möglichst dicht und mit Kronenschluss, wirkt wie ein Schutzschild. Im Inneren des Waldes finden sich deutlich weniger Pollen als im freien Gelände oder an den Waldrändern. Nadelwald eignet sich nicht so gut.
•Am frühen Morgen ist die Luft zwar meist gering belastet, das ist jedoch nicht zwingend der Fall. Da Pollen über weite Distanzen transportiert werden, können je nach Wetter- und Windbedingungen die Hauptbelastungen tags- oder nachtsüber auftreten. Daher sollte man sich unbedingt über die aktuellen Werte informieren.
•Bei regnerischem Wetter ist die Belastung durch Pollen deutlich herabgesetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2014)

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