Neue Wege gegen die Orangenhaut

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Gegen Cellulite gibt es einige Methoden, ohne Bewegung und richtige Ernährung geht aber nichts.

Es gibt fast nichts, was es gegen Cellulite nicht gibt: Wickel und Massagen, Bürsten und Pillen, Kälte und Lichttherapie, Ultraschall und Radiofrequenz, Vibration und Body-Wrapping, Cremen und Gels, Tees und Hormone, Strom und Spritzen. Das Geld geht, die Dellen bleiben – denn das Wundermittel hat noch niemand erfunden. Aber fast jedes Jahr erfindet jemand etwas Neues im Kampf gegen die Orangenhaut. Endlich ein Gegenmittel?

Rolf Bartsch, Facharzt für plastische Chirurgie an der Worseg-Klinik in Wien, führt als einer von wenigen im deutschsprachigen Raum eine neuartige Operation durch. Die Methode nennt sich Vaser Smooth und kommt, wie so vieles, aus den USA. „Dort wird sie seit drei Jahren gemacht, ich habe bereits an die 40 solcher Eingriffe ausgeführt. Dabei werden die Hauptursachen der Cellulite bekämpft. Fettgewebe verändert sich mit der Zeit, die Fettzellen werden größer, Bindegewebsfasern verlieren an Elastizität.“ Genau hier, so Bartsch, setze Vaser Smooth an: Über eine unter die Haut geführte Ultraschallsonde werden störende Bindegewebsstränge und unförmige Fettgewebezellen entfernt. Der Eingriff dauert rund eineinhalb Stunden, wird ambulant im Dämmerschlaf durchgeführt und kostet 3000 bis 6000 Euro. Dauerhaften Erfolg mit dieser Methode verspricht Bartsch allerdings nur bei Cellulite Grad eins und zwei. „Bei Grad drei ist das Gewebe schon zu schlaff, da geht nichts mehr.“


Straffere Oberschenkel. Hoffnung für jene rund 85 Prozent aller weißen Frauen, die im Lauf ihres Lebens an dem ungeliebten Matratzenphänomen leiden, machen auch Betreiber der neuen Celllex-Methode. „Die innovative Liege aus der Schweiz bekämpft Orangenhaut mit niederenergetischen Schallwellen, sogenannten Stoßwellen, und gibt 40.000 Stoßwellen pro Anwendung nebenwirkungslos ab“, wird propagiert. Elisabeth Kuhn, 50-jährige Gesundheitstrainerin in Wien, hat das System schon ausprobiert. „Nicht wegen Cellulite, denn die habe ich nicht – ich betreibe sehr viel Sport. Aber dennoch ist das Gewebe in meinem Alter halt nicht mehr so straff.“ Kuhns Bilanz nach acht Behandlungen: Straffere Oberschenkel, zwei Kilo weniger.

Ob die Realität hält, was dieser Einzelfall und die Werbung versprechen, will Barbara Gebhard, Fachärztin für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie, als Leiterin einer medizinischen Studie überprüfen. Stoßwellen, so die Ärztin, werden seit Langem in der Medizin, unter anderem zur Schmerzreduktion sowie zur Knochen- und Wundheilung, eingesetzt. Sie sind auch in der Lage, Lymphabfluss, Mikrozirkulation in der Muskulatur, Durchblutung und Stoffwechsel anzuregen. „So kommt es zu einer Straffung des Gewebes.“ Ob das reicht, um die Berge und Täler auf der Haut zu glätten, soll die demnächst startende Studie beweisen, Teilnehmerinnen werden noch gesucht (✆0664/16 07 01), die sich regelmäßig auf die Liege legen. Für alle anderen kostet eine Anwendung 30 Euro.

Allerdings: Liegen allein ist für die Delleneliminierung allemal zu wenig. Tatsächlich dauerhaft glatte Haut an Oberschenkel und Gesäß fordert schon auch einen entsprechenden Lebensstil. Soll heißen: Viel liegt an der richtigen Ernährung, und auch genügend Bewegung sollte man machen.

Die Linzer Ärztin Sabine Wied-Baumgartner rät zu basenreicher und kohlehydratarmer Ernährung. Zu den Basen bildenden Lebensmitteln gehören etwa Äpfel, Bananen, Zwetschken, grüne Bohnen, Karotten, Rettich – saure Lebensmittel sind unter anderem Wurst, Milchprodukte, raffinierte Fette und Öle. „Zucker und Auszugsmehl sind die weißen Gifte, die Cellulite fördern können“, sagt Wied-Baumgartner und rät zudem zu genügend Flüssigkeit und Bewegung. „Täglich eine halbe Stunde schnell gehen und immer Treppe statt Lift, das bringt auch schon etwas.“ Wer das macht, dem könnte als Unterstützung die Meso-Cellulite zu einem schöneren Hautbild verhelfen, indem die Mikrozirkulation verbessert und Bindegewebe und Haut regeneriert werden. „Dabei werden mit winzigen Nadeln entsprechende Stoffe gespritzt, also Antioxidantien, fettabbauende Stoffe wie Koffein, durchblutungsfördernde Mittel, eventuell auch Grüntee-Extrakte und Vitamin C.“

Sepp Fegerl, ärztlicher Leiter im Ambulatorium Vollererhof und Arzt im gleichnamigen Kurhotel in Puch bei Salzburg, bringt die F.-X-Mayr-Kur ins Spiel. „Entschlackung ist sicher ganz wichtig. Cellulite hat schließlich auch etwas mit Einlagerungen von Eiweiß, Zuckern und Fetten im Bindegewebe und mit Lymphblockaden zu tun. Mit der richtigen Ernährung und dem richtigen Essensmuster unterstützt man den Körper beim Abbau der Ablagerungen, Stauungen werden gelöst und die Fettpolster an Oberschenkeln und Gesäß kleiner. Auch TCM und Akupunktmassagen können erwähnte Stauungen lindern.“ Moderne Mayr-Kur als Wegweiser zu einer gesünderen Ernährung ja, von dauernden Reduktionsdiäten aber rät Fegerl ab.

Im Health Aesthetic Center in Wien will man den Wellen auf Schenkeln und Po mit der Kombination von neuromuskulärer Stimulation und Radiofrequenz zu Leibe rücken. Hajnal Kiprov, Fachärztin für Dermatologie in Wien, und angeblich auch Penelope Cruz und Angelina Jolie setzen auf die Endermologie, eine Art dreidimensionale Bindegewebsmassage, die mit speziellen Geräten durchgeführt wird. Nur so nebenbei: Die Endermologie-Behandlung wurde von der Food und Drug Administration (FDA; amerikanische Arzneimittel- und Medizinprodukt-Zulassungsbehörde) zur Behandlung von Cellulite anerkannt.

Fett absaugen. Als wirksamste Maßnahme gegen den noppigen Schönheitsmakel sieht die Dermatologin Sibylle Wichlas von Juvenis Medical Center in Wien die oberflächliche Fettabsaugung.

„Mit ganz dünnen Kanülen, die das Gewebe auch gleichzeitig netzartig tunnelieren.“ Doch auch Wichlas betont: „Nachhaltig bleibt der Eingriff nur, wenn man sich richtig ernährt und entsprechende Bewegung macht.“

Gute Sportarten in dieser Hinsicht sind unter anderem Aqua-Gymnastik, Schwimmen, Radfahren, Nordic Walking und Wandern. Es soll aber keine Anstrengung à la Marathonlauf sein. Kurarzt Fegerl: „Überforderung führt zu Schwäche und ein geschwächtes Bindegewebe öffnet der Cellulite Tür und Tor.“

5 Fragen

Heißt es Cellulite oder Cellulitis?
Richtig ist Cellulite, „itis“ bedeutet in der Medizin Entzündung.

Was ist Cellulite?
Eine Melange aus Bindegewebsschwäche, Fettzellen, Flüssigkeitsansammlung, dem Aufbau der weiblichen Haut und deren Reaktion auf Östrogene.

Warum haben Männer das fast nie?
Bei Frauen verlaufen die Gewebestränge aus Kollagen und Elastin, aus denen Bindegewebe besteht, nahezu parallel. So können sich Fettzellen matratzenartig nach oben ausdehnen. Bei Männern bilden die Kollagenfasern eine Netzstruktur.

Tritt Cellulite auch bei schlanken Frauen auf?
Ja, Schlankheit schützt nicht. Aber: Übergewicht fördert sie.

Gibt es ein Mittel?
Es gibt viele mehr oder weniger erfolgreiche Mittel. Doch ohne Bewegung und vernünftige Ernährung hilft auf Dauer nichts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2014)

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