Ausbildung: ÖVP-Phalanx setzt auf Turnus beim Hausarzt

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Ausbildung, Arzt(c) FABRY Clemens
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Die Misere um niedergelassene Ärzte und die neue Medizinerausbildung spitzt sich zu. ÖVP-Klubchefs in den Ländern bringen Minister Stöger in die Zwickmühle.

Salzburg/Wien. Angehende Ärzte sollen in Österreich künftig einen Teil ihrer Medizinerausbildung in den Ordinationen von niedergelassenen praktischen Ärzte absolvieren. Darüber herrscht grundsätzlich Einigkeit. Mit diesem Konsens ist es aber rasch vorbei, wenn es um die Übernahme der Kosten geht. Noch sind nicht einmal die langwierigen Verhandlungen zwischen Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) und der Ärztekammer abgeschlossen, da tauchen schon neue Gewitterwolken auf.

Denn jetzt erhalten die Ärztevertreter massive Rückendeckung von der Riege der ÖVP-Landtagsklubobleute. Diese haben sich zuletzt auf Betreiben der Fraktionschefin im Salzburger Landtag, Gesundheitssprecherin Gerlinde Rogatsch, festgelegt. Demnach soll es nicht nur eine Verpflichtung geben, einen Teil des Turnus bei einem Hausarzt zu absolvieren. Die ÖVP-Länderriege verlangt aber auch, dass der Bund die Finanzierung dafür tragen muss. Stöger hält sich zur Finanzierung allerdings bedeckt: „Das muss man sich anschauen“, erklärte er der „Presse“.

Für Rogatsch ist ein verpflichtender Turnus außerhalb des Krankenhauses bei der neuen Medizinerausbildung ein Kernpunkt im Kampf gegen steigenden Ärztemangel. Dieser drohe nicht nur in ländlichen Regionen, sondern auch in städtischen Gebieten. Daher müssten bereits angehende Mediziner in sogenannten Lehrpraxen die Arbeit von niedergelassenen Ärzte kennenlernen.

Sorge wegen Ärztemangels wächst

Die ÖVP-Landespolitiker wollen mit ihrer eindringlichen Warnung an den Bund und den zuständigen Gesundheitsminister verhindern, dass es zu einer Einigung kommt, bei der die Kosten entweder den Bundesländern oder zur Gänze den Ärzten aufgehalst werden. „Das muss im Rahmen der Ausbildung vom Bund übernommen werden“, betont Rogatsch daher im Gespräch mit der „Presse“.

Nicht nur aus Oberösterreich, wo das Land inzwischen auf Bundesebene die gesetzliche Grundlage für eine neue medizinische Uni-Fakultät in Linz durchgeboxt hat; um dem Ärztemangel zu begegnen, wird die Entwicklung der medizinischen Versorgung mit wachsender Sorge verfolgt. Allein in Salzburg würden in den kommenden zehn Jahren gut 40 Prozent der praktischen Ärzte in Pension gehen, rechnet die ÖVP-Klubobfrau und Gesundheitssprecherin im Salzburger Landtag vor. Dies bedeute, dass in ihrem Bundesland rund 100 Arztstellen nachbesetzt werden müssten.

Auch über die Dauer der neuen Turnusausbildung in derartigen Lehrpraxen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Idealerweise wären das für die Salzburger ÖVP-Klubobfrau zwölf Monate. Daraus dürfte aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts werden. Denn Gesundheitsminister Stöger erklärte der „Presse“ auf Befragen: „Sechs Monate sind realistisch.“ Wenn es nach ihm gehe, könnte diese Ausbildung freilich auch länger dauern. Aber, so Stöger: „Ich will, dass es jedenfalls sechs Monate sind.“ Der SPÖ-Minister betont zugleich, ihm gehe es bei der Reform speziell auch darum, die Bedingungen für Jungärzte im Auge zu behalten.

„Nicht bis zum St. Nimmerleinstag“

Über eine Neuordnung der Medizinerausbildung wird seit längerer Zeit bisher ohne konkretes Ergebnis debattiert und verhandelt. Der SPÖ-Gesundheitsminister erhöht seinerseits den Druck auf die österreichische Ärztekammer. Stöger möchte die Änderungen „so bald wie möglich“ unter Dach und Fach bringen. Es dürfe „nicht bis zum St. Nimmerleinstag“ dauern.

Die neue Medizinerausbildung stellt keineswegs die einzige Konfliktzone zwischen dem Gesundheitsminister und den Ärztevertretern dar. In den vergangenen Monaten war diese Frage von der viel heftigeren Auseinandersetzung um die von Stöger vorangetriebene elektronische Gesundheitsakte, kurz ELGA, überschattet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2014)

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