Welt-Aids-Konferenz: Heilung auf Jahre nicht in Sicht

In Melbourne findet die größte Aids-Konferenz der Welt statt.
In Melbourne findet die größte Aids-Konferenz der Welt statt.(c) APA/EPA/DAVID CROSLING
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Die Vision der UNO: Bis 2020 sollen 90 Prozent der HIV-Infizierten ihren Status kennen und Zugang zu Medikamenten haben.

Eine Heilung von Aids ist trotz großer Fortschritte in der Medizin auf Jahre nicht in Sicht. "Eine Heilung für mit dem HI-Virus infizierte Menschen in aller Welt? Das wird noch viele, viele Jahre dauern", sagte Aids-Experte Steven Deeks von der Universität von Kalifornien am Montag auf der Welt-Aids-Konferenz in Melbourne.

Eine Woche zuvor erlebten die Forscher einen herben Rückschlag: Bei dem als funktional geheilt geglaubten "Mississippi-Baby" wurde nach 27 Monaten ohne Medikamente und ohne Virennachweis plötzlich HIV im Blut festgestellt.

Unabhängig davon macht die Forschung große Fortschritte, betonte die Konferenzvorsitzende Francoise Barre-Sinoussi. "Es gibt keinen Grund, nicht optimistisch zu sein", sagte sie.

Der britische Sänger und Komponist Elton John hat sich mit einer Grußbotschaft gegen Stigmatisierung und Diskriminierung zu Wort gemeldet. "Wir können Aids schlagen, aber nur, wenn wir eines der tödlichsten Symptome besiegen: die Stigmatisierung."

Neue Medikamente gegen Tuberkolose

Tuberkulose ist eine der bedeutsamsten Folgekrankheiten bei HIV-infizierten Menschen. Nun gibt es einen neuen Medikamenten-Cocktail dagegen. Eine kleine Studie mit 200 Patienten habe hervorragende Ergebnisse gebracht, berichtete der Präsident der Tuberkulose-Allianz, Mel Spigelman, am Montag bei der Welt-Aids-Konferenz in Melbourne.

Das HI-Virus löst unbehandelt die Immunschwächekrankheit Aids aus. Zwei Milliarden Menschen weltweit sind nach Angaben von Spigelman mit Tuberkuloseerregern infiziert, wobei nur ein geringer Teil der Infektionen sofort zu einer Erkrankung führt. Etwa 1,3 Millionen Menschen sterben jedes Jahr. Bei 20 Prozent der Aids-Kranken ist Tuberkulose die Todesursache.

Problematisch ist vor allem, dass der Erreger gegen die gängige Behandlung zunehmend resistent wird. Nun gebe es einen neuen Ansatz, sagte Spigelman. "Wir haben die Behandlung dieser Patienten von zwei Jahren auf etwa vier Monate reduziert, die Kosten sind um 90 Prozent geringer, und die Heilungsrate stieg von 50 auf 90 Prozent." HIV-Infizierte hätten bestens auf die Medikamente reagiert.

54 Prozent sind sich ihrer Infektion nicht bewusst

Der Exekutivdirektor der UN-Organisation UNAIDS, Michel Sidibe, präsentierte am Sonntag eine neue Vision: "Bis 2020 sollen 90 Prozent aller HIV-Infizierten ihren Status kennen, 90 Prozent sollen Zugang zu Medikamenten haben und bei 90 Prozent soll das Virus nicht mehr nachweisbar sein" sagte er. "So kann die Epidemie bis 2030 beendet werden." Eine Mammutaufgabe: Noch sind sich 54 Prozent der weltweit 35 Millionen Betroffenen ihrer Infektion gar nicht bewusst.

Ein Hindernis auf dem Weg zu diesem Ziel sind diskriminierende Gesetze etwa in Russland, Indien und afrikanischen Ländern, die Homosexuelle und HIV-Positive in den Untergrund treiben. "Wir dürfen nicht einfach zusehen, wenn Regierungen monströse Gesetze erlassen, die die verwundbarsten Gesellschaftsschichten marginalisieren", sagte die Präsidentin der Internationalen Aids-Gesellschaft, Francoise Barre-Sinoussi.

Kriminalisierung der Betroffenen

Die Kriminalisierung bestimmter Verhaltensweisen - Drogenkonsum, Sexarbeit, Homosexualität - führt nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dazu, dass gerade für diese betroffenen Gruppen die Gefahr steigt, sich mit dem HI-Virus zu infizieren, und sie medizinisch nicht angemessen versorgt werden.

Bis kommenden Freitag berichten rund 12.000 Forscher, Experten und Aktivisten aus rund 200 Ländern über neue Medikamente und Impfstoffforschung und tauschen Erfahrungen im Umgang mit dem HI-Virus und der Immunschwächekrankheit Aids aus.

Die Konferenz hatte am Sonntag mit einer Schweigeminute für die Opfer des abgestürzten MH17-Fluges begonnen. An Bord des Flugzeugs, das offenbar über der Ukraine abgeschossen wurde, waren sechs Delegierte der Konferenz, darunter der ehemalige Präsident der Internationalen Aids-Gesellschaft, Joep Lange aus den Niederlanden.

(APA/dpa)

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