Raupeninvasion füllt Arztpraxen

Bei Befall stellen Stadtgarten- und Forstamt Warnschilder auf (Archivbild).
Bei Befall stellen Stadtgarten- und Forstamt Warnschilder auf (Archivbild).(c) Bruckberger
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Der Eichenprozessionsspinner beschert hunderten Kindern Hautausschlag, der oft mit Ringelröteln verwechselt wird. Die Med-Uni Wien hat ein großes Forschungsprojekt gestartet.

Wien. Der Eichenprozessionsspinner hat Hochsaison und sorgt bei Kindern für juckende Ausschläge, brennende Augen und sogar Atemwegsbeschwerden – die Praxen der Kinderärzte sind voll. An der Medizinischen Universität läuft derzeit unter der Leitung von Professor Harald Maier ein groß angelegtes Forschungsprojekt zu den possierlichen, aber giftigen Tierchen.

1. Was ist ein Eichenprozessionsspinner?

Der Eichenprozessionsspinner ist eine Falterart, die vor allem Eichen – es gibt im Wiener Stadtgebiet an die 4000 – befällt. Ein Weibchen legt rund 300 Eier, die Tiere bewegen sich nach dem Schlüpfen im Mai in „Prozessionen“ in den Eichenkronen fort. Daher kommt ihr Name. Sie kommen in Zentraleuropa nördlich der Alpen vor.

2. Warum sind diese Tiere denn so gefährlich?

Die Raupen haben tausende kleine Gifthärchen auf ihrem Rücken, die bei der kleinsten Bewegung abbrechen und bis zu 100 Meter weit fliegen und bis zu acht Jahre aktiv sein können. Bei Kontakt kommt es zu schweren Hautreaktionen, Augenproblemen und Atemwegsbeschwerden bis zu Asthmaanfällen. Weil die Raupe noch sehr wenig erforscht ist, weiß man nicht, ob diese Reaktionen nun rein vom Gift kommen – und temporär sind – oder sogar Allergien auslösen können.

3. Wie sehen diese Ausschläge aus?

Die Raupe verursacht drei Arten von Ausschlägen: Nesselausschläge, juckende Ekzeme und einen knötchenartigen Ausschlag, der wochenlang anhalten kann. Immer wieder werden die Ausschläge mit Ringelröteln verwechselt.

4. Was soll man bei gesundheitlichen Problemen am besten tun?

Die Med-Uni Wien empfiehlt dringend, einen Arzt aufzusuchen. Zudem sind entzündungshemmende Cremen und kühlende Salben empfehlenswert. An der Med-Uni Wien gibt es auch eine eigene „Eichenprozessionsspinner“-Ambulanz und eine Hotline (0664/9447518). Professor Maier bittet Betroffene dringend, sich zu melden, und so auch seine Forschungen zu den Tieren zu unterstützen.

5. Wie kann man sich vor den Raupen schützen?

Menschen mit Atemwegserkrankungen sollten in der Hochsaison der Raupen (Juni/Juli) Wälder eher meiden. Um nicht mit den Raupen in Berührung zu kommen, empfiehlt es sich, etwa im Freibad nicht direkt unter Eichen zu liegen und auch bei Spaziergängen in Parks und Wäldern auf den Wegen zu bleiben. Durch den Wind können die giftigen Härchen der Tiere allerdings auch weiter verbreitet werden. Warntafeln „Eichen bitte ausweichen“ beachten! Und – kein besonders alltagstauglicher Tipp im Hochsommer: Je besser bekleidet, umso geringer die Chance, dass die Haut mit dem Gift in Berührung kommt.

6. Was kann man gegen die Raupen tun?

Wien hat eine eigene Eichenprozessionsspinner-Verordnung, die die Bekämpfung der Raupen regelt. Zuständig ist das Stadtgartenamt (MA42), das die rund 2600 Eichen auf städtischem Grund (die übrigen stehen auf Privatgründen) auf Befall kontrolliert. Prophylaktisch wird seit Jahren das biologische Spritzmittel Xentari eingesetzt, wodurch der Bestand der Tiere, wie Christian Eigner, Leiter der Spritzgruppe bei der MA42 sagt, unter Kontrolle sei. Ganz ausmerzen könne man die Population aber nicht: Zum einen, weil das biologische Spritzmittel nicht immer greift. Zum anderen, weil etwa in den Auwäldern des grünen Praters nicht alle Bäume behandelt werden. Weniger leicht lässt sich die Population in großen Waldgebieten wie dem Lainzer Tiergarten kontrollieren, wo das zuständige Forstamt immer wieder größere Abschnitte sperren muss. Professor Maier von der Med-Uni Wien empfiehlt: die befallenen Gebiete absperren und dann die Tierchen gezielt bekämpfen anstatt groß angelegter Vernichtungsaktionen. Er arbeitet an einem Frühwarnsystem mit.

7. Wo sind in Wien die Hotspots der giftigen Raupen?

Grob gesagt: überall dort, wo Eichen sind. Hotspots aber sind in Wien im Lainzer-Tiergarten, auf der Donauinsel, im Pötzleinsdorfer Schlosspark und im daran angrenzenden Wienerwald. Auch in Niederösterreich und dem Burgenland kommt es immer wieder zu „Attacken“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2015)

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