Der Stich der asiatischen Tigermücke

Tigermücke
Tigermücke(c) Wikipedia
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Explosionsartig verbreitet hat sich in jüngster Vergangenheit die Tropenkrankheit Chikungunya. Doch seit geraumer Zeit ist diese Viruserkrankung auch in Europa anzutreffen, die »schuldige« Mücke wurde auch bereits im Burgenland gesichtet.

Der gekrümmt Gehende“ ist ein Leiden, das sich explosionsartig verbreitet hat. Noch vor wenigen Jahren war es eine exotische Tropenkrankheit, die in Mittel- und Südamerika nicht vorkam. Nun sind die registrierten Fälle auf dem amerikanischen Kontinent von zehn (Ende 2013) auf über eine Million (Ende 2014) angestiegen. Die Mücke, die das Virus überträgt, ist äußerst reisefreudig und längst auch in Italien, Frankreich und anderen Ländern Südeuropas heimisch. Sogar im Burgenland wurde sie gesichtet. Die Rede ist vom Tropenfieber mit dem beinah unaussprechlichen Namen Chikungunya, das 1952 erstmals in Tansania beschrieben wurde. Mit dem Virus infizierte sich erst vor wenigen Monaten Hollywood-Schauspielerin Lindsay Lohan.

„Als ich vor rund 40 Jahren mit dem Medizinstudium begonnen habe, fand sich gerade einmal eine halbe Seite über Chikungunya im Lehrbuch. Damals kannte fast niemand diese Krankheit“, erzählt Tropenmediziner Herwig Kollaritsch. Damals sei Chikungunya auch noch eine sehr exotische Erkrankung gewesen, „infolge weiträumiger Epidemien in den vergangenen Jahren wurde daraus eine reisemedizinisch relevante Krankheit, die auch vor Europa nicht Halt gemacht hat“. In Europa ist die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) für die Übertragung der Krankheit verantwortlich, eine Epidemie hat es in Italien (Ravenna, 2007) gegeben, in Südfrankreich wurden Ende 2014 autochthone Fälle gemeldet. Kollaritsch: „In Italien beispielsweise kommt diese Mücke praktisch überall vor. Die Gefahr, dass sie auch in Österreich heimisch wird, ist nicht ausgeschlossen. Ein lokaler Ausbruch ist also durchaus auch hierzulande möglich.“ Panik ist allerdings keineswegs angebracht, auch für Italien-Urlauber nicht. Zwar sind die Mücken beim südlichen Nachbarn massenhaft vorhanden, jedoch besteht derzeit keine Aktivität. „Das Virus wurde zwar immer wieder importiert, aber keine ausreichend große Mückenpopulation damit infiziert“, erklärt Kollaritsch. Anstecken kann man sich hingegen momentan nicht nur in den Hauptverbreitungsgebieten (Südostasien, Afrika, Indien und Inseln im Indischen Ozean), sondern neuerdings auch in der Karibik, in Florida und in Mittel- und Südamerika, wo es seit Ende 2013 immer wieder riesige Epidemien gibt.

Der gekrümmt Gehende. Wer sich angesteckt hat, bekommt innerhalb von drei bis zwölf Tagen hohes Fieber, Kopfschmerzen, mitunter einen Hautausschlag und starke bis sehr starke Gelenks- und Muskelschmerzen (vor allem an den Extremitäten; wegen der mitunter extremen Schmerzen können Kranke oft nicht mehr aufrecht gehen – daher wurde die Krankheit Chikungunya genannt, was – wie eingangs erwähnt – „der gekrümmt Gehende“ bedeutet). Betroffene fühlen sich sehr schlecht, im Regelfall jedoch heilt die Krankheit von selbst und ist nach etwa einer Woche wieder vorbei. Bei 30 Prozent der Betroffenen dauern die Gelenksbeschwerden allerdings einige Wochen bis Monate an, bei einigen Prozent bis zu einem Jahr und noch länger. Die Gelenksschmerzen sind nur schlecht therapierbar und können mitunter sogar zur Bewegungsunfähigkeit führen. In seltenen Fällen kommt es auch zu Leber-, Herz- oder Hirnhautentzündungen. Nach überstandener Krankheit besteht lebenslange Immunität. Allerdings kann das Chikungunya-Fieber vor allem für ältere und geschwächte Personen auch immer wieder tödlich enden.

Impfung gibt es derzeit noch keine. Weil sich jedoch die Krankheit in den letzten zwei Jahren rapide ausgebreitet hat, ist der Forschungsdruck gestiegen, und es dürfte nicht mehr allzu lange dauern, bis ein Impfstoff auf dem Markt ist. Hier mischt auch Österreich mit, unter anderem mit Wissenschaftlern der Medizinischen Universität Wien und dem Wiener Biotech-Unternehmen Themis Bioscience, das bereits eine erste Studie mit einem Impfstoffkandidaten erfolgreich abschließen konnte.

Kann jederzeit zustechen. Derzeit ist die beste Vorbeugung konsequenter Mückenschutz, also Repellents und Moskitonetz. Mückenschutzmittel für Körper und Gewand sollte man Tag und Nacht anwenden – die asiatische Tigermücke ist nämlich tag- und nachtaktiv, kann also jederzeit zustechen und den Menschen bei ihrer Blutmahlzeit infizieren.

FAKTEN

Infos und Hilfe: Zentrum für Reisemedizin, Tel.: 01/403 83 43, www.reisemed.at; Institut für Reise- und Tropenmedizin, Tel.: +43/(0)1/ 402 68 61-0, www.tropeninstitut.at; Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien, Tel.: +43/(0)1/40 160-38200, www.meduniwien.ac.at/tropenmedizin; Apotheken bieten zudem Beratung für Reiseimpfungen und Reiseapotheke an.

Ebola ist (für Touristen) weniger gefährlich als sein Ruf, es ist nämlich relativ wenig infektiös. So steckt ein mit Ebola infizierter Mensch durchschnittlich ein bis zwei andere Menschen an, bei Mumps sind es vier bis sieben und bei Masern gar zwölf bis 18.

Die Pest ist entgegen weitläufiger Meinung nicht ausgestorben. In Madagaskar wurden heuer mehr als 250 Verdachtsfälle gemeldet, es gab mehr als 80 Tote.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2015)

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