Diabetes: "Unterzucker muss nicht sein"

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Ein durch vergessene Mahlzeiten oder ungeplante körperliche Belastung stark abgesunkener Blutzuckerspiegel kann für Diabetiker lebensbedrohlich sein.

Diabetes ist bei mangelnder Behandlung durch zu hohe Blutzuckerwerte charakterisiert. Gefährlich können aber auch Hypoglykämien, also Unterzuckerung, sein. Dies erklärten am Donnerstag Fachleute bei einer Pressekonferenz in Wien. Unter dem Titel "Unterzucker muss nicht sein" sollen in der nächsten Zeit Betroffene vermehrt über das Hypoglykämie-Risiko informiert werden. Kommt es durch das Auslassen von Mahlzeiten, ungeplante körperliche Belastung oder nicht optimal verwendete Therapeutika bei Diabetikern zu einem zu starken Absinken des Blutzuckerspiegels, drohen Kopfschmerzen, Schwindel, Bewusstlosigkeit etc. Das kann sogar lebensbedrohlich sein.

Eine Befragung von Ärzten in Österreich hat gezeigt, dass sie bei zehn Prozent ihrer Diabetes-Patienten von zumindest einer Hypoglykämie-Episode pro Jahr ausgehen. "Sechs von zehn Diabetikern können sich an eine oder mehrere Hypoglykämien erinnern", sagte Walter Wintersberger vom Spectra-Marktforschungsinstitut.

Potenzial der Selbst-und Fremdgefährdung

Während Typ-1-Diabetiker, die sofort nach Ausbruch der Erkrankung auf Insulin angewiesen sind, durch ihre Schulung mit solchen Episoden gut zurechtkommen sollten, ist die Situation bei Typ-2-Zuckerkranken oft komplizierter. Martin Schaffenrath, stellvertretender Vorsitzender des Verbandsvorstand des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, stellte die Daten dar: "Wir haben in Österreich rund 570.000 Typ-2-Diabetiker und rund 30.000 Typ-1-Diabetiker. (...) Bei etwa sechs Prozent der Österreicher ist die Krankheit diagnostiziert, zwei bis drei Prozent (143.000 bis 215.000) Betroffene sind nicht diagnostiziert."

"Hypoglykämien bedeuten für die Betroffenen eine Einschränkung der Handlungsfähigkeit. Vor allem Schwindel und eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit bis hin zur Ohnmacht haben in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation ein erheblichen Potenzial für eine Selbst-und Fremdgefährdung", betonte der Wiener Sozialmediziner Bernhard Schwarz. Im Straßenverkehr und in vielen Branchen des Berufslebens seien kontinuierliche Konzentrationsfähigkeit und Körperbeherrschung notwendig.

Für den Straßenverkehr, Führerschein etc. gibt es in Österreich klare Richtlinien, wie in Problemfällen im Einklang von Amtsärzten, Fachärzten und Patienten vorzugehen ist. Unfälle, bei denen Hypoglykämien bei Diabetes-kranken Lenkern ursächlich waren und die zur Gerichtscausa wurden, sind laut Kuratorium für Verkehrssicherheit in der jüngeren Vergangenheit nicht registriert worden.

Weniger Risiko mit Antidiabetika

Die Häufigkeit von Hypoglykämien bei Typ-2-Diabetikern kann auch durch die verwendeten Arzneimittel bedingt sein. Thomas Wascher, Vorsitzender der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG), erläuterte: "Unter allen Medikamenten, die wir zur Behandlung des Diabetes zur Verfügung haben, sind es die Sulfonylharnstoffe (orale Antidiabetika; Anm.) und Insulin, welche Hypoglykämien hervorrufen können."

Der Anteil von 23 Prozent der Sulfonylharnstoffe an den Packungen der von den Ärzten verschriebenen oralen Diabetes-Medikamente sei im europäischen Vergleich sehr hoch, sagte der Experte. Das Problem liegt darin, dass Sulfonylharnstoffe und Insulin die sonst vor Hypoglykämien schützenden Regelsysteme des Körpers außer Kraft setzen können. Während es bei wirklichem Bedarf für Zuckerkranke zu Insulin keine Alternative gibt, existieren viele verschreibbare orale Antidiabetika, welche kein erhöhtes Unterzuckerungsrisiko bewirken.

(APA)

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