Arbeitszeit: Notoperation soll Notarzteinsätze retten

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Neue Konfrontation im Gesundheitswesen: Grund ist eine Sonderregelung des Sozialministers auf Wunsch der Länder.

Wien/Salzburg/Linz. Wegen der Einschränkung der Arbeitszeit der Spitalsärzte gingen zu Jahresbeginn die Wogen hoch, aber Monate später entspinnt sich jetzt zwischen Bundesregierung und Ärztekammer ein neuer Konflikt. Anlass sind diesmal die Arbeitszeiten der Notärzte. Die Bundesländer haben massiv auf Ausnahmen bei der Arbeitszeitregelung gedrängt, weil sie sonst um die notärztliche Versorgung fürchten. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) kommt dem nunmehr mit einer Gesetzesänderung nach. Das treibt allerdings die Ärztekammer- und Spitalsärztevertreter neuerlich auf die Barrikaden.

Diese Sonderregelung für Notärzte ist Teil eines Pakets im Rahmen des Sozialrechtsänderungsgesetzes 2015, das insgesamt 26 Neuregelungen im Sozial- und Gesundheitswesen umfasst und noch bis zum gestrigen Dienstag in einer verkürzten Begutachtung war. Darin wird festgelegt, dass nebenberufliche Tätigkeiten als Notarzt für Blaulicht- und Hilfsorganisationen künftig als selbstständige Tätigkeiten gelten. Die Folge ist, dass sie damit nicht in die Arbeitszeitsregelung der Spitäler fallen, für die gemäß einer EU-Richtlinie eine Beschränkung auf 48 Stunden pro Woche eingeführt wurde. Einsatzzeiten als Notärzte werden damit in Hinkunft nicht eingerechnet.

Der Bund und der Sozialminister kommen damit einem dringenden Wunsch der Bundesländer nach. Die Landeshauptleute haben zuletzt bei ihrer Konferenz Anfang November in Linz nochmals mit Nachdruck auf die Bedeutung einer entsprechenden Gesetzesänderung hingewiesen und an die Bundesregierung appelliert.

Ländersorge um Versorgung

Die Begründung für diesen Weckruf der Landeschefs ist, dass sonst im ländlichen Raum die notärztliche Versorgung nicht mehr für die Bevölkerung und auch Touristen gewährleistet werden könne, wie etwa der Salzburger Landeshauptmann, Wilfried Haslauer (ÖVP), gewarnt hat. Denn Mediziner würden sich dann nicht mehr als Notärzte zur Verfügung stellen.

Das ruft jedoch die Ärztekammer auf den Plan. Harald Mayer, der Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte und zugleich Vizepräsident der österreichischen Ärztekammer, kritisiert scharf, dass damit die strengere, seit 1. Jänner dieses Jahres geltende Arbeitszeitregelung für Spitalsärzte umgangen und „ausgehebelt“ werde. Für den Ärztevertreter ist dies aber die falsche Antwort auf ein Problem.

Ärztekammer fürchtet Zwang

Denn durch die wegen der EU-Vorschriften kürzeren Arbeitszeiten komme es in vielen Bereichen zu personellen Engpässen, dies sei auch bei Notärzten der Fall. Seiner Ansicht nach wäre genug Zeit gewesen, sich mit den Folgen der neuen Arbeitszeitregelung für Spitalsärzte auseinanderzusetzen und Lösungen zu finden.

Ärztevertreter Mayer fürchtet, dass nach der Gesetzesänderung Spitalsärzte künftig „gezwungen“ werden könnten, als Notärzte zur Verfügung zu stehen. Man werde sehr genau darauf schauen, dass es nicht dazu komme.

Im Sozialministerium wurde die nun beendete Begutachtungsfrist abgewartet. Das gesamte Paket mit sozialrechtlichen Änderungen soll noch im Dezember vom Nationalrat beschlossen werden. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.11.2015)

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