Es gibt sie, die ganz gesunde Weihnachtsbäckerei

(c) APA (HERBERT PFARRHOFER)
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Mit speziellem Weißmehl, Holzzucker und einer neuartigen Milch kann man gesundheitlich wertvolle Bäckereien herstellen. Matcha-Teepulver und Chia-Samen tun ihr Übriges.

Zucker wird von der Ernährungswissenschaft allgemein als Dick- und Krankmacher verteufelt. Aber: Ein Vanillekipferl ohne Zucker ist kein Vanillekipferl! Dann besser gar nicht? Mitnichten, denn es gibt sie, die süße Alternative zum Backen, die auch die Ernährungsmedizin begrüßt: „Birkenzucker hat jede Menge Vorteile. Unter vielem anderem ist er ein Karieshemmer und trägt zur Erhaltung der Zahnmineralisierung bei, das ist in sehr vielen Studien erwiesen“, schwärmt Markus Metka, Präsident der Österreichischen Anti-Aging-Gesellschaft. Genau genommen ist es das Xylit oder Xylitol im Birkenzucker, dem selbst die in diesen Belangen überstrenge EU Health Claims zubilligt, dass es nachweislich den Zahnbelag verringert. Xylit wird gern auch Kaugummis oder Zahnpasten zugesetzt.

Birkenzucker, der traditionell sehr aufwendig aus der Rinde der Birken gewonnen wird (heute stammt er oft auch von Maiskolben oder von anderen Laubbäumen), bringt aber noch andere Positiva ins Weihnachtsgebäck: Zum einen hat er – zum Unterschied zu Stevia – die gleiche kristalline Form wie Haushaltszucker, ist jedoch viel figurfreundlicher. „Der Holzzucker hat um 40 Prozent weniger Kalorien als Haushaltszucker“, sagen Experten von Forum Ernährung heute. Metka: „Der Blutzucker steigt nach dem Verzehr von Birkenzucker weniger stark an.“ Denn dieser Zucker hat einen niedrigen glykämischen Index (sieben bis zwölf; normaler Zucker hat etwa 65), daher können auch Heißhungerattacken so weitgehend vermieden werden. Xylit eignet sich auch für Diabetiker, weil er insulinunabhängig verstoffwechselt wird.

Einige Studien weisen darauf hin, dass Birkenzucker auch für die Knochendichte positiv ist, jedoch ist die Datenlage diesbezüglich noch relativ dünn. „Nicht ganz klar ist auch noch, auf welchem Weg genau Xylit im menschlichen Körper verstoffwechselt wird“, sagt Metka. Klar ist hingegen: Birkenzucker ist so süß wie Kristallzucker, der in Rezepten für Kekse und Co. angegebene Zucker wird also eins zu eins durch Xylit ersetzt. Zu viel sollte man davon allerdings nicht naschen, denn das wirkt leicht abführend. Ein weiterer Nachteil mag der Preis sein: Birkenzucker ist um einiges teurer als normaler Zucker. Und: Haustiere sollten nichts davon abbekommen, denn sie vertragen Xylit nicht.

Neben dem Zucker ist auch das leere Mehl Ernährungsmedizinern ein Dorn im Auge. „Zucker und Auszugsmehl tragen massiv zu den Gesundheitsproblemen von heute bei“, sagt der Mediziner Meinrad Lindschinger, Leiter des Instituts für Ernährung und Stoffwechselerkrankungen auf der Laßnitzhöhe. Seit Jahren gebe es Bestrebungen, Gebäck und Mehl wieder gesünder zu machen. Und zwar auch weißes Mehl, denn das wird nach wie vor von den allermeisten bevorzugt. Nun dürfte es mit dem gesunden Weißmehl so weit sein. Dafür, so Lindschinger, gebe es zwei Ansätze. Der eine: Durch ein spezielles patentiertes Verfahren der italienischen Müllerdynastie Varvello entstehen lösliche Ballaststoffe, die – „und das ist der Riesenvorteil“ (Lindschinger) – dem Körper im höheren Ausmaß als bei Vollkornmehl und sofort zur Verfügung stehen.

Die Sättigung hält länger an. Studien an der Universität Pavia bescheinigen diesem Mehl, das auch pflanzliches Omega 3 und Antioxidantien enthält, noch ein Plus: Es lässt den Blutzuckerspiegel nach dem Essen um 50 Prozent weniger ansteigen als normales Weißmehl und garantiert damit eine länger anhaltende Sättigung. Das gesunde Vollweiß (Integralbianco) wird übrigens aus österreichischem Getreide und von einer heimischen Mühle hergestellt. „Das Mehl ist ein ernährungsphysiologisches empfehlenswertes Produkt für Menschen, die Beschwerden vorbeugen wollen, denen Vollkorngetreide nicht schmeckt oder die es nicht vertragen“, sagt die Diätologin Ulrike Thaler.

Der zweite Ansatz für gesundes Weißmehl ist eine Mischung aus normalem Mehl mit Quinoa/Weizenfaser-Vitaminmehl, dem mittels eines besonderen Verfahrens biologisch aktive Vitamine zugefügt werden. Lindschinger: „Das wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ernährung und Stoffwechselerkrankungen entwickelt, das Mehl hat eine sehr hohe Nährstoffdichte und ist dadurch von besonderem gesundheitlichen Vorteil.“ Noch ist dieses Produkt nicht auf dem Markt, „aber es könnte noch heuer so weit sein. Was beiden Mehlen gemeinsam ist: Man muss auf den gewohnten guten Geschmack nicht verzichten.“

Als dritte besonders gesunde Zutat beim Backen sei eine ganz neue Milch erwähnt: Ihre besonderen Eigenschaften sind eine Extraportion an Vitamin D (hat unter anderem positiven Einfluss auf Knochen und Immunsystem) sowie ein Plus an Omega-3-Fettsäuren (stärken unter anderem Abwehrkräfte und wirken entzündungshemmend). „In einem hoch spezialisierten Verfahren haben wir der Milch diese gesunden Stoffe schonend beigemengt“, sagt Christoph Dörflinger, Geschäftsführer der Molkerei Seifried. Freilich: Durch Kochen und Backen geht ein Teil dieses Zusatznutzens wieder verloren. Der Verlust hält sich jedoch in Grenzen, da vor allem Vitamin D relativ hitzebeständig ist. Unterm Strich jedenfalls enthält Weihnachtsbäckerei, der die neuartige Milch beigefügt wurde, mehr der guten Dinge als ein Keks, das mit normaler Milch hergestellt wurde.

Zu guter Letzt kann man der Bäckerei mit Chia-Samen noch mehr gesunde Aspekte verleihen. Und wer eventuell noch Matcha-Teepulver beimengt, färbelt die Backpalette noch einmal positiv: Keks und Kipferln erhalten ein interessantes Grün, das gleichzeitig gesund ist. Denn Matcha-Tee hat auf alle Organe eine äußerst positive Wirkung – vom Hirn übers Herz bis zu den Muskeln, vom Immunsystem bis zu den Nerven, von der Haut bis zum Darm, von den Gefäßen bis zu den Gelenken.

Der Teewissenschaftler Thomas Grömer hat aber nicht nur pulverisierten Grüntee im Angebot, sondern auch Rooibos und Schwarztee vermahlen. „Eine Tasse Teepuder hat so viele gesunde Inhaltsstoffe wie zehn Tassen herkömmlicher Tee“, sagt der Geschäftsführer von Kissa Tea. Solchermaßen kann man das inhaltsschwere Teepulver nun auch zu noch gesünderer Weihnachtsbäckerei verarbeiten – von der Earl-Grey-Praline bis zur Rooibos-Trüffel. Und das Endergebnis kann man dann wohl gesundes Naschen nennen.

Literatur

„Das Chia-Kochbuch. 100 Rezepte mit dem Superfood“: Mit Chia-Samen – inzwischen hinlänglich als äußerst gesundes Lebensmittel bekannt – lassen sich auch Wiehnachtsbäckereien machen. Im erwähnten Buch (Kneipp Verlag, 128 Seiten, 17,99 €) verrät die Ernährungsexpertin Tanja Braune auch einige Rezepte für Kekse und Kuchen. Von Tanja Braune stammt auch „Süßes ohne Zucker. Kuchen, Kekse, Torten und Desserts mit den besten Zuckeralternativen“, ebenfalls Kneipp Verlag, 132 Seiten, 17,99 €.

„Zauberhafte Backideen. Backen, verpacken, glücklich machen“: Zwar sind die Rezepte in diesem Buch (Südwest Verlag, 208 Seiten, 10,30 €) mehr auf Effekt denn auf Gesundheit aus, wer aber die gesunde Art von Zucker, Mehl und Milch verwendet, kann aus allen daraus auch (Weihnachts-)Kekse backen.

In „Kochen und Backen mit der Kräuter-Liesel“ (Liesel Malm, Bassermann Verlag, 140 Seiten, 18,50 €) finden sich auch Rezepte für gesunde, etwas außergewöhnliche Bäckereien.

Erdnuss-cookies

Zutaten für ca. 12 Stück: 50 g Mehl, 1 TL Backpulver, 110 g Haferflocken, 4 TL Chia-Samen, 70 g Butter, weich, 90 g brauner Zucker (oder Birkenzucker), 180 g Erdnussbutter, 2 Eier, 1 TL Vanillepulver, 120 g dunkle Schokolade, in kleinen Stücken.

Zubereitung:
• Backofen auf 180 Grad Ober- und Unterhitze vorheizen, ein Backblech mit Backpapier auslegen.
• In einer Schüssel das Mehl mit dem Backpulver gut vermischen, dann Haferflocken und Chia-Samen unterrühren.
• In einer zweiten Schüssel Butter und Zucker schaumig rühren und die Erdnussbutter, Eier und Vanille gut untermischen. Dann langsam die Hafermischung unterrühren, zuletzt die Schokostücke untermengen.
• Kleine Kugeln formen, auf das Papier geben und flach drücken. Etwa zwölf Minuten goldbraun backen.

Aus dem Buch: „Das Chia-Kochbuch“

Ein Wort zu Schokolade: Die gesunden Seiten von Kakao wurden in zwei weiteren aktuellen Studien bestätigt. Demnach verbessern die in Kakao vorkommenden pflanzlichen Stoffe die Herz- und Gefäßfunktion und verringern die Beanspruchung des Herzens während des Alterungsprozesses.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2015)

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