Richtig Fieber messen

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Die rektale Fiebermessung gilt als die verlässlichste Methode. Gerade bei Kindern sagt die Höhe des Fiebers oft nichts über die Schwere der Krankheit aus.

Im Prinzip sind moderne Fieberthermometer heute technisch so weit fortgeschritten, dass man sich weitgehend darauf verlassen kann, egal, wo man misst“, sagt der Kinderarzt Reinhold Kerbl, Vorstand der Abteilung für Kinder- und Jugendliche am Krankenhaus Leoben. Dennoch sei es nicht egal, ob auf der Stirn, im Ohr, unter der Achsel oder rektal gemessen werde.

„Wenn man auf der Stirn misst, muss man bedenken, dass ein Luftzug die Temperatur verändern kann, im Ohr kann das eine Ohrenentzündung tun.“ Bei einer rektalen Messung (die – am besten flexible – Spitze des Thermometers wird ein bis zwei Zentimeter in den Po geschoben) herrscht die konstanteste Temperatur, sie gilt als die zuverlässigste Methode und ist vor allem bei Säuglingen angebracht. Messungen im Po ergeben übrigens immer eine etwas höhere Temperatur als beispielsweise auf der Stirn oder unter den Achseln. Mit der Achsel ist das auch so eine Sache bei Kindern: Das Thermometer verschiebt sich da relativ leicht.

Normal sind Temperaturen von 36 bis 37,5 Grad, von Fieber spricht man ab 38 Grad, von hohem Fieber ab 39 Grad, lebensbedrohlich wird es in der Regel ab 41 Grad. Kerbl: „Wenn ein Baby unter sechs Monaten fiebert, sollte man sofort einen Kinderarzt aufsuchen.“ Eine Möglichkeit, zu testen, ob ein Baby Fieber hat, ist ein Griff in seinen Nacken. Ist dieser verschwitzt oder heiß, kann dies ein erstes Anzeichen für Fieber sein.

Kinder bekommen übrigens deutlich häufiger Fieber als Erwachsene. Bei Mädchen und Buben ab dem ersten Lebensjahr hängt es laut Kinderarzt dann sehr vom Zustand des kleinen Patienten ab, wie Eltern reagieren sollen. „Es gibt Kinder, die bei 38 oder sogar 39 Grad fröhlich und aufgeweckt sind, spielen, keinerlei Krankheitszeichen zeigen.“ Da müsse man sich als Elternteil nicht gleich extrem sorgen, „meist reicht ausreichend Flüssigkeit und Schlaf, eventuell ein Fieberzäpfchen“. Manche Kinder aber sind bei 38,5 Grad ziemlich beeinträchtigt, sind apathisch, unlustig, mögen nicht mehr spielen, nicht mehr essen. „Dann sollte man einen Arzt konsultieren.“

Essen erhöht Temperatur. „Manche Patienten kommen mit 37,3 Grad zu mir und beklagen sich, sie hätten Fieber. Erstens ist das kein Fieber und zweitens kann eine leichte Temperaturerhöhung mit der Tageszeit und auch mit dem Essen zusammenhängen“, erklärt der Allgemeinmediziner Rudolf Hainz aus Wien. Nach einem üppigen Essen, so der Mediziner, steige die Körpertemperatur automatisch um 0,2 bis 0,3 Grad an, auch im Tagesverlauf könne die Temperatur ansteigen, meist erreiche sie am Nachmittag ihren Maximalwert.

Hainz arbeitet am liebsten mit elektronischen Fiebermessern mit Ohrtrichter, „das ist der heutige Standard, das ist am angenehmsten“. Im Mund müsse beispielsweise unter der Zunge gemessen werden, und das sei für viele unangenehm. „Erwachsene, die zwei Tage Fieber haben, können meist zuwarten, denn Fieber ist ja keine Krankheit, sondern eine an und für sich gesunde Reaktion des Körpers zur Beseitigung von Viren und Bakterien. Wer schnell hoch fiebert, hat meist ein gutes Immunsystem, wenn jemand nie Fieber bekommt, ist das indes eventuell kein gutes Zeichen in Richtung Immunsystem.“ Man soll Fieber also nicht gleich und unbedingt mit allen Mitteln bekämpfen, denn es handelt sich um eine Selbstheilung des Körpers. Wenn (hohes) Fieber allerdings zwei, drei Tage anhalte, so Hainz, müsse man acht geben, denn es könnte sich eine bakterielle Superinfektion entwickeln (auf eine virale Infektion pfropft sich eine zweite, meist schwerere Infektionskrankheit auf).

Was man in keinem Fall tun sollte: sporteln oder saunieren mit Fieber. „Jede höhere Kreislaufbelastung kann ins Auge gehen, unter Umständen droht eine Herzmuskelentzündung, die auch tödlich enden kann“, warnt Hainz.

Ganz andere Dinge sind bei alten Menschen zu bedenken. „Der hochbetagte Patient hat auch bei einem gefährlichen Infekt oft gar kein Fieber mehr oder nur ganz leicht erhöhte Temperatur, da ist die Temperatur nicht immer ein Richtwert“, betont Georg Pinter, Vorstand der Abteilung für Akutgeriatrie und Remobilisation am Klinikum Klagenfurt.

Schwerer Infekt auch ohne Fieber. Alarmglocken, so der Geriater, sollten unbedingt läuten, wenn sich der ältere Mensch funktionell verschlechtert (Gangstörung, plötzlich zunehmender Hilfsbedarf bei den täglichen Aktivitäten), über ausgeprägte Schwäche klagt, plötzlich desorientiert wirkt oder seine Angehörigen auf einmal nicht mehr erkennt. „Da steckt viel öfter als man glaubt ein Infekt dahinter, aber eben ohne Fieber.“

Das Fehlen von Fieber sei also im hohen Alter absolut kein Parameter, es könne auch beispielsweise eine schwere Lungenentzündung fieberfrei verlaufen, häufig sind auch die Entzündungswerte bei alten Menschen anfangs noch nicht erhöht. „Hier bestehen noch deutliche Wissenslücken.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2016)

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