Neues Fitnesskonzept: Trainieren wie ein Kind

Erwan Le Corre (l.), Erfinder von Mov-Nat, und Orthopäde Martin Gruber auf dem Hindernisparcours in der Sporthalle Wien.
Erwan Le Corre (l.), Erfinder von Mov-Nat, und Orthopäde Martin Gruber auf dem Hindernisparcours in der Sporthalle Wien.(c) Stanislav Jenis
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Mov-Nat nennt sich ein neues Fitnesskonzept aus den USA, das anders als viele Trends zuvor von Bestand sein will und auf natürliche Bewegungen setzt, die im Zuge des Erwachsenwerdens in Vergessenheit geraten sind.

Ein Tiger, der in einem Fitnessstudio auf einem Laufband seine Kondition trainiert. Neben ihm ein Affe, der Cardio-Übungen macht und sich mit Musik über Kopfhörer ablenkt. Hinter ihnen ein auf einen Bildschirm starrender Bär beim Krafttraining. „Schwer vorstellbar, ein solcher Anblick, oder?“, sagt Erwan Le Corre, Erfinder von Mov-Nat, das für Natural Movement steht. „Das wäre ja auch absurd. Diese Tiere bekommen in ihrer natürlichen Umgebung genug Bewegung – im Gegensatz zu uns Menschen, die viel sitzen und sich zumeist auf flachen, asphaltierten Straßen bewegen.“

Was für ihn auch der Grund dafür ist, dass viele Bewegungen im Laufe des Erwachsenwerdens schlicht vergessen werden – ursprüngliche Bewegungen wie etwa Springen, Balancieren, Werfen, Fangen, Tragen und Klettern. „Viele von uns wissen nicht einmal mehr, wie sie sich ohne Zuhilfenahme der Hände auf den Boden setzen und wieder aufstehen können“, meint Le Corre. „Um aber dennoch nicht ganz auf Bewegung zu verzichten, strampeln sie sich in Fitnessstudios ab – bei unnatürlichen, monotonen Übungen, die sie bald langweilen. Daher werden diese Trainingsprogramme oft nicht durchgezogen, sie machen einfach keinen Spaß.“

Le Corres Ansatz ist daher ein anderer: Natürliche, aber im Alltag kaum mehr angewendete Bewegungsabläufe sollen neu vermittelt werden, um daraus weitere Kombinationen zu erlernen und zu optimieren. „Entscheidend dabei ist ein ebenso ganzheitlicher wie individueller Zugang, der – richtig dosiert und ohne zu überfordern – Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer gleichermaßen fördert.“

Training in Kleingruppen

Angeboten wird das aus den USA stammende Konzept in Österreich erstmals in der Sporthalle Wien im achten Bezirk (www.sporthalle.at). Die 50-minütigen Trainingseinheiten werden seit dieser Woche in Kleingruppen unter professioneller Aufsicht von Sportwissenschaftlern abgehalten. Neben klassischem Kraft- und Ausdauertraining auf Geräten, die man auch aus gewöhnlichen Fitnessstudios kennt, können dort auf einer Art Hindernisparcours beispielsweise Balance- und Geschicklichkeitsübungen gemacht werden. Je nach Frequenz der Besuche kostet ein Training rund 20 Euro, für etwa 250 Euro im Monat kann man das Angebot unbegrenzt nutzen. In Kooperation mit dem Medizinzentrum Alserstraße bietet die Sporthalle auch medizinisches Training an. „Damit werden Menschen auf dem Weg zurück in die Gesundheit und zum persönlichen Wohlbefinden begleitet“, sagt Orthopäde Martin Gruber, Mannschaftsarzt beim Österreichischen Skiverband, Initiator und Leiter der Sporthalle. „Dank individuellen Programmen und gezieltem Training werden hier beachtliche Ergebnisse erzielt, ob nach Krankheit, Unfall, bei Verspannungen, Fehlbelastungen oder anderen Beschwerden, die den Bewegungsapparat betreffen.“

Kurze Halbwertszeit?

Dass neue Fitnesstrends die Eigenart einer kurzen Halbwertszeit haben und nach anfänglicher Euphorie zumeist wieder in der Versenkung verschwinden, leugnet Gruber nicht und kann dieses Schicksal auch für Mov-Nat nicht ausschließen. „Wir werden sehen, wie die Menschen das Konzept annehmen, aber wir sind guter Dinge, da wir ein ganzheitliches, abwechslungsreiches Programm anbieten.“ In der Anfangsphase werden daher kostenlose Probestunden angeboten, „damit“, so Gruber, „jeder das Training ausprobieren kann, bevor er sich eine Meinung darüber bildet“. Einer, der dieses Programm schon seit Jahren anwendet, ist Abfahrtsweltcupsieger Klaus Kröll, der in der Sporthalle als Gesellschafter mit an Bord ist. „Martin Gruber ist der Arzt meines Vertrauens. Ich habe mir das Projekt damals erklären lassen und war sofort interessiert“, sagt Kröll. „Die Vielfalt im Training macht dieses Konzept so interessant. Auch für einen Skirennfahrer wie mich, für den das Kraft- und Ausdauertraining sonst recht eindimensional ist und der in seinem Leben schon oft falsch trainiert hat.“ Zur Eröffnung der Sporthalle am Dienstag reiste Erwan Le Corre eigens aus Kalifornien an, wo der gebürtige Franzose seit Jahren lebt. „Die Natur war schon als kleines Kind meine Turnhalle“, erzählt er. Mit 15 begann er ein Karate-Training. Mit 18 erhielt er den schwarzen Gürtel. „Danach habe ich mich mit verschiedenen Sportarten, wie etwa Gewichtheben, Klettern und Langlaufen, beschäftigt und schließlich meine eigene Methodik entwickelt.“

Mov-Nat ist das Resultat, das in rund 30 Studios auf der ganzen Welt zum Einsatz kommt. „Mein Antrieb, das Programm weltweit zu verbreiten, ist aus dem Wunsch entstanden, dieses sehr spezifische, durchdachte Training nicht nur Spitzensportlern und rekonvaleszenten Patienten zugänglich zu machen, sondern einer breiten Bevölkerung“, sagt Le Corre. „Damit wir uns die Freiheit, die uns durch mangelnde Bewegung im Alltag genommen wird, ein Stück weit zurückholen.“

Neue Therapie-App für den Alltag

Kostenloses Training. Am kommenden Dienstag, 25. Oktober, ab 17.30 Uhr, gibt es die Möglichkeit, in der Sporthalle Wien im achten Bezirk das Mov-Nat-Konzept bei einem kostenlosen Training mit dem Orthopäden und ÖSV-Teamarzt, Martin Gruber, kennenzulernen und sich von ihm und seinem Team aus Sportwissenschaftlern persönlich beraten zu lassen.

Neben klassischen Kraft- und Ausdauergeräten, die man auch aus gewöhnlichen Fitnessstudios kennt, befindet sich dort auch eine Art Hindernisparcours – beispielsweise für Balance- und Geschicklichkeitsübungen.

Trainingsplan. Dabei wird Gruber auch das Programm „Physio Vital“ vorstellen, ein spezieller Trainingsplan zur Vorbereitung auf den Winter, um das Verletzungsrisiko zu verringern. Dieses Programm, das Gruber in Kooperation mit dem Pharmahersteller Novartis entwickelt hat, gibt es auch als Therapie-App. Es kann von der Vorsorge über therapiebegleitende Bewegung bis hin zum individuellen Trainingsprogramm genutzt und in den Alltag integriert werden. Für Fragen steht auch Wolfgang Bonitz zur Verfügung, Medical Director bei Novartis.

Anmeldungen unter www.physio-vital.at. Sportbekleidung wird empfohlen.

In Kürze

Konzept. Bei Mov-Nat sollen natürliche, aber im Alltag kaum mehr angewendete Bewegungsabläufe neu vermittelt werden, um daraus weitere Kombinationen zu erlernen und zu optimieren. Angeboten wird das Konzept in Österreich erstmals in der Sporthalle Wien im achten Bezirk: www.sporthalle.at

Person. Erfinder von Mov-Nat ist Erwan Le Corre. Der gebürtige Franzose lebt in den USA und hat unter anderem den schwarzen Gürtel in Karate. Sein Programm kommt in weltweit rund 30 Studios zum Einsatz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2016)

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