Therapie auf Krankenschein zu teuer

Die Krankenkassen wenden jetzt schon 65 Millionen Euro für Psychotherapie auf.

WIEN(c.d.). Wer in Österreich eine Psychotherapie braucht, hat keine Garantie, sie von der Krankenkasse bezahlt zu bekommen – zumindest nicht zur Gänze. Derzeit werden nämlich üblicherweise nur 21,80Euro pro Stunde gewährt. Die Kosten liegen aber zwischen 50 und 100 Euro. Alle Krankenversicherungen haben allerdings auch Verträge mit psychotherapeutischen Versorgungsvereinen, die ihre Leistungen direkt mit den Kassen abrechnen. Der Patient zahlt nichts, muss aber auf eine Warteliste. Dass man auf dieser jahrelang steht, weist der Hauptverband der Sozialversicherungsträger als Märchen zurück. Die Wartezeit hänge aber von den Bedürfnissen der Patienten und der Zahl der darauf spezialisierten Vertragsärzte ab.

Psychotherapie ist im Übrigen erst seit 1996 eine Kassenleistung. Dafür gewährte der Gesetzgeber den Kassen sogar eine Beitragserhöhung, die damals 43,6 Millionen Euro ins Kassenbudget brachte. Hochgerechnet auf heutige Beitragsleistungen sind das 59 Millionen Euro. Die derzeitigen Ausgaben für Psychotherapie machen aber bereits 65 Millionen aus. Wie viel man für eine Vollversorgung auf Krankenschein aufwenden müsste, ist umstritten. Schließlich gehen die einen von zwei, die anderen von fünf Prozent der Bevölkerung aus, die psychiatrische Betreuung brauchten. Eine Studie errechnete vor vier Jahren einmal einen Aufwand von 340 Millionen Euro. Angesichts der angespannten Finanzsituation der Krankenkassen ist eine Vollversorgung aber ohnehin Illusion. „An sich wünschenswert, aber zu teuer“, heißt es im Gesundheitsministerium.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2010)

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