Gestörtes Selbstwertgefühl kann krank machen

Gestoertes Selbstwertgefuehl kann krank
Gestoertes Selbstwertgefuehl kann krankPräsenz Verlag
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Eine übertriebene Beschäftigung mit sich selbst, gesteigerter Ehrgeiz, Machtstreben, ein dominierendes Bedürfnis nach Anerkennung, - diese Eigenschaften werden mit dem Begriff Narzissmus in Verbindung gebracht.

Eine übertriebene Beschäftigung mit sich selbst, gesteigerter Ehrgeiz, Machtstreben, ein dominierendes Bedürfnis nach Anerkennung, selbstverliebt – diese Eigenschaften werden mit dem Begriff Narzissmus in Verbindung gebracht. Tatsächlich haben Narzissten auch aufgrund dieser Eigenschaften hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaft, der Kultur und der Politik hervorgebracht.

Narzissten in Politik & Wirtschaft

„Auf der anderen Seite sind es aber gerade die vielen Narzissten in den Schlüsselpositionen von Politik und Wirtschaft, die für die rücksichtslose Ausbeutung der Erde wie auch für die Finanz- und Wirtschaftskrisen der letzten Jahre verantwortlich sind.“ Diesen schweren Vorwurf erhebt Werner Berschneider in seinem Buch „Wenn Macht krank macht, Narzissmus in der Arbeitswelt“. Der Autor mit einer Ausbildung in Logotherapie (sinnzentrierte Gesprächstherapie nach Viktor Frankl) ist Coach und Managementtrainer.

Narzissmus bedeutet vor allem eine Störung des Selbstwertgefühls. Das äußert sich besonders in der mangelnden Fähigkeit, mit Kritik umgehen oder erlittene Kränkungen verarbeiten zu können. Der Autor beschreibt ausführlich die verschiedenen Formen des Narzissmus. „Allen gemeinsam ist das Pendeln zwischen Grandiosität und Minderwertigkeitsgefühl und das übermäßige Interesse am eigenen Selbst.“ Da ist der gesunde Narzisst, der sich selbst akzeptiert, als eine Voraussetzung für ein gelungenes Leben; der dickhäutige, unbeirrte, rücksichtslose Narzisst; der dünnhäutige, verletzliche Narzisst und der gut angepasste, funktionierende Narzisst.

Die Ego-Orientierung hat laut jüngsten Umfragen in den letzten Jahren ungebremst zugenommen. Soziologe Christopher Lasch: „Wir leben in einem Zeitalter des Narzissmus.“ Lebt man nur nach dem Motto „Wenn du perfekt bist, kannst du nie beschämt werden, wenn du perfekt bist, wirst du auch geliebt“, so könne man das Leben erfolgreich bewältigen, glauben sowohl Vorgesetzte als auch deren Mitarbeiter. In vielen Industrieunternehmen seien überdimensionale Durchsetzungs- und Leistungsfähigkeit gefordert, bemerkt der Autor. „Narzissten zeigen sehr wenig Einfühlungsvermögen und setzen sich bedenkenlos über die Bedürfnisse ihrer Partner hinweg.“

Die Entstehung des pathologischen Narzissmus beginnt oft schon in der Kindheit, einerseits durch Vernachlässigung, Misshandlung, Beschämungen, anderseits aber auch durch übermäßiges Verwöhnen oder Hochloben. Die Lektüre des Buches leitet jedenfalls dazu an, das eigene Spiegelbild einmal kritisch zu betrachten und auch andere Menschen einmal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Anhand von Fallgeschichten gibt der Autor Hilfestellungen für Betroffene, wie sie sich gegenüber Narzissten schützen können. Schlussendlich gibt es auch den Leitfaden „Erziehung zum gesunden Narzissmus“. nie

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2012)

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