"Das heißt noch lange nicht, dass man Mercedes fährt"

heisst noch lange nicht
heisst noch lange nicht(c) CLAUDIO FARKASCH
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Die Pratersauna feiert dieser Tage ihr dreijähriges Bestehen. DiePresse.com bat anlässlich des Geburtstags die Club-Betreiber, Hennes Weiss und Stefan Hiess, zum Gespräch.

DiePresse.com: Wie fällt nach drei Jahren euer Pratersauna-Fazit aus? Wie hat sich der Club hinsichtlich Programm, Zielsetzung und -gruppe entwickelt?

Hennes Weiss und Stefan Hiess: Als wir vor genau drei Jahren die Pratersauna Türen öffneten, haben wir mit unserem Qualitätsanspruch an uns selbst wahrscheinlich einen neuen Maßstab hinsichtlich Booking Intensität in diese Stadt gebracht. Wir waren uns damals selbst nicht ganz sicher, ob die Nachfrage diesbezüglich besteht bzw. die 'Szene' dies verträgt. Heutzutage ist es für uns selbstverständlich und wird es (leider) fast schon gefordert, jedes Wochenende zwei bis drei Headliner am Tableau zu servieren. Schlussendlich haben sich alle (sowohl wir selbst, der Club, das Programm und die Zielgruppe) mit dem Rad der Zeit weiterentwickelt und es ist ein schönes Gefühl, ein Teil von Wien und seiner Subkultur zu sein.

Die Pratersauna wurde vom "De:Bug"-Magazin zum zweiten Mal in Folge hinter dem "Berghain" in Berlin zum zweitbesten Club im deutschsprachigen Raum gewählt. Wie ist dieses Ranking einzuschätzen?

Diverse Rankings sind immer relativ und mit Vorsicht zu genießen. Wir haben von Beginn an unsere Maßstäbe im Vergleich mit internationalen (und nicht nationalen) Clubs gesucht und entsprechend war es unser langfristiges Ziel, auch in dieser Liga mitzuspielen. Durch Booking-Exchanges, unserer "Pratersauna World Tour" und internationalen Vertrieb unseres Magazins "Dampf" war die Kommunikation von Beginn an strategisch ins Ausland gerichtet. Der zweite Platz - direkt nach dem besten Club der Welt Berghain Berlin - im DE:BUG Ranking nach nur einem Jahr Clubbestehen hat uns dann doch auch selbst überrascht und uns motiviert, an unserer Philosophie festzuhalten.

Einer der jährlichen Fixpunkte und zugleich Höhepunkte ist wohl das "Prater Unser"-Festival. Sind weitere Veranstaltungen dieser Art geplant und wenn ja, welche? Wie sieht die Booking-Strategie in der nahen Zukunft aus?

Das besondere an unserem Geschäftsmodell im Vergleich zum Mitbewerb ist ein gesunder Mix an Eigenformaten (z.B. Aufguss, DuschDich), Koop- & Fremdveranstaltungen (wie z.B. Praterei, Stadtpark Musik, Club Pompadour, Hart aber herzlich, etc.) und Sonderformaten wie "Backyard-Sale" oder "Nachtschwimmer". Neben unserem persönlichen Festival-Highlight "Prater Unser" gibt es dann noch das "Poolbar" und "Waves Vienna"-Festival, welche das Jahresprogramm ausgewogen abrunden und schlussendlich für jeden auch soundtechnisch etwas dabei sein sollte. Die Booking-Strategie beruft sich nicht auf einzelne Stars, sondern wir versuchen über das Jahr hinweg ein konstantes Level an Qualität in diese Stadt zu bringen.

Inwieweit sind die Ende 2011 bzw. Anfang 2012 eröffneten Clubs - wie Grelle Forelle oder Chaya Fuera - Konkurrenz für die Pratersauna?

Im Wesentlichen bemerken wir das Auf- bzw Zusperren alter und neuer Clubs kaum. Selbst das Zusperren des Planetariums hat sich eher negativ, als positiv auf uns ausgewirkt. Vermutlich weil Planetarium, Fluc und Pratersauna ein attraktives "Ausgehdreieck" geblidet haben, von dem alle profitiert haben. Merklich spürbar für uns sind vereinzelte Veranstaltungen, die durch Ihr Booking bzw Ihre Philosophie die selbe Zielgruppe ansprechen, wie wir. Zur Zeit ist das aufgrund Ihrer Bookings am ehesten die Forelle, aber auch Abende im Flex, Volksgarten, Badeschiff und/oder vor allem unregelmäßige Veranstaltungen in Off-Locations. Im Großen und Ganzen schwanken unsere Besucherzahlen zwar saisonal etwas, haben sich aber seit dem Aufsperren kaum verändert.

Im Juni wurde "Austrian Talent Network" - ein Projekt für Kreative mit Migrationshintergrund gestartet: Iinwieweit findet sich Zeit Aufgaben wie diese mit dem zeitraubenden Tagesgeschäft zu vereinen?

Schlussendlich ergeben sich durch Synergien immer wieder spannende Projekte, wie eben "Austrian Talent Network", welche wir einfach nicht ausschlagen möchten. Wie wir das manchmal alles zeitlich unter einem Hut bringen ist uns manchmal selbst ein Rätsel, möchten hiermit aber die Gelegenheit nützen, unserem Team rund um uns ein großes Dankeschön auszurichten.

Wie steht es finanziell um die Pratersauna? Decken die Erträge der vergangenen drei Jahre die Aufwendungen?

Um ehrlich zu sein noch nicht, aber zumindest haben wir mal 50 Prozent unseres Businessplan-Solls erreicht. Hier besteht leider der große Irrtum so manch unserer Gäste, nur weil die Bude voll ist, heißt das noch lange nicht, dass man einen Mercedes fährt. Speziell in den ersten eineinhalb Jahren haben die Kosten uns fast erschlagen und wir mussten sehr viel Lehrgeld bezahlen. Das Zauberwort heißt hier Geduld und Vertrauen in die eigene Sache. Bei uns stand schon immer der Spaß an der Arbeit im Vordergrund und so soll es auch bleiben.

Zum 3. Geburtstag des Elektronik-Clubs im Prater gratulieren am 18. Juli ab 21.33 Uhr u.a. Art Department, Joyce Muniz, DJ Moogle, Friedrich Locke und Ex-Song-Contest-Teilnehmer Tony Wegas.

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