Flottmacher für die Mattscheibe

Flottmacher fuer Mattscheibe
Flottmacher fuer Mattscheibe(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Als eigenständiges Thema hat Mode im Fernsehen Seltenheitswert. Für ihre ständige Präsenz sorgen aber TV-Stylisten, die fallweise auch die Arbeit junger Designer sichtbar machen.

Zugegebenermaßen setzt sich, wer zu HDTV-Zeiten von einer „Mattscheibe“ spricht, potenzieller Kritik an seiner altvaterischen Ausdrucksweise aus. Von matt nämlich keine Spur, von Scheibe eigentlich auch nicht, und sowieso ist alles flimmerfreies Hightech. Versteht man die Mattscheiben-Referenz wiederum als Verweis auf die, sagen wir, Achtziger- und Neunzigerjahre, erweist sie sich im gegebenen Kontext als nicht ganz unpassend. Damals nämlich firmierte zum letzten Mal Mode im österreichischen Fernsehen, da noch ausschließlich in öffentlich-rechtlicher Form existierend, in einer eigenen Sendung als für sich bestehendes Thema.

Burgi Schneider-Manns Au unterwies als Modebeauftragte des ORF interessierte Zuseher in Angelegenheiten des internationalen Laufstegtreibens und vermittelte – in der Ära vor dem Defileemarathon auf „Fashion Television“ oder im Internet frei verfügbaren Modevideos – einen Hauch von – warum nicht – Glamour. Seither hat sich das heimische Senderpanorama aber vergrößert und der Fokus modeaffiner Berichterstattung (freilich nicht nur in Österreich) in Richtung Society oder miniatürliche Trendreports verlagert, durchsetzt von einer Prise Modelcasting oder, siehe „Project Runway“, von auf der Müllhalde nach brauchbaren Versatzstücken kramenden Jungdesignern. Für echten Wissenszuwachs sorgen fallweise im Kulturumfeld ausgestrahlte Beiträge.

Typgerecht und nicht kariert. Doch selbst wenn sie nur selten Thema sein darf, ist Mode nicht vom Bildschirm wegzudenken: Das Wetter wird nicht von unbekleideten Damen und Herren angesagt. Als Hingucker oder Stein des Anstoßes sorgt sie nicht nur für Gesprächsstoff bei den Zuschauern, sondern hat auch Einfluss auf das Image der TV-Stationen. „Ein Fernsehsender muss meiner Meinung nach die Kleidung der Moderatoren als Teil seiner Corporate Identity erkennen“, meint die aktuelle Modechefin des ORF, Ariane Rhomberg. Als sie sich Mitte der Neunzigerjahre um das Styling der Moderatoren zu kümmern begann, wurde einzig die Generalansage – also die Damen und Herren, die durch das Programm führten – vom Sender ausgestattet. „Moderatoren der Nachrichtensendungen wie Robert Hochner oder Danielle Spera haben anfangs noch ihre private Kleidung getragen“, erinnert sich Rhomberg.

Um die Kongruenz von Sendungsinhalt, Look der Moderatoren und Erwartungen der Zuschauer zu gewährleisten, ist es meistens nötig, den Geschmack der Moderatoren behände zu steuern. Das bestätigt auch Astrid Roblitschka, Chefstylistin von „Servus TV“: „Wenn ein Moderator besonders stilsicher ist, ist es denkbar, dass er in seinem eigenen Outfit vor die Kamera tritt. Das ist aber der Ausnahmefall.“ Shadi Pouyazadeh, Modechefin bei Puls4, unterstreicht auch den Aspekt personenspezifischer Typberatung: „Ich weiß natürlich, wem was steht und wem was gefällt. Schließlich suche ich die Kleidung aus, in der die Moderatoren arbeiten und sich der Öffentlichkeit präsentieren.“ Zu bedenken sind stets die Faustregeln der TV-Stylisten-Zunft: Klein Gemustertes flimmert, Grün macht wegen des gleichfarbigen Studiohintergrunds unsichtbar, Schwarz und Weiß sind problematisch.


Talentförderung. Bei den meisten Sendern wird ein bestehender Fundus für die ständigen Moderatoren Saison um Saison erneuert; Altbewährtes darf aber bleiben: „Eine Privatperson tauscht ja auch nicht alle paar Monate ihre Garderobe komplett aus“, bemerkt Ariane Rhomberg und erzählt von der besonderen Bindung ihrer „Models“ zu einigen Stücken: „Es gibt Kleidungsstücke, an denen manche Moderatoren irrsinnig hängen, und wenn wir ihre Garderobe durchgehen, bitten und betteln sie, dass etwa ein Sakko noch eine Saison bleiben darf, während ich den Tag herbeisehne, an dem wir uns von dem alten Ding trennen können.“ Eine nicht unerhebliche Rolle spielen für die Stationen zudem Kooperationen mit Handelsketten, Marken oder Designern als Ausstatter von Sendungen oder Moderatoren. Besondere Werbewirksamkeit erhofft man sich von Shows wie „Dancing Stars“ oder „Austria's Next Topmodel“, in denen Outfits eine zentrale Rolle spielen. „Bei ,Dancing Stars‘ achten die Zuseher sehr auf die Kleider – entsprechend viele Anfragen werden über den Kundendienst an mich herangetragen“, bestätigt Ariane Rhomberg.

„Als Stylistin habe ich größeren Spielraum, wenn ich ein Modemagazin ausstatte oder eine Society-Show“, sagt Astrid Roblitschka. Je nach Geschmack der Moderatoren und Inhalt einer Sendung signalisiert sie Bereitschaft, mit kleinen Labels zusammenzuarbeiten. „Da ich selbst aus einem kreativen Beruf komme“, setzt die frühere Fotografin fort, „liegt mir viel daran, junge Talente nach Möglichkeit zu unterstützen.“ So hat sie unlängst Kollektionsteile von Mija T. Rosa für die Moderatorin Miriam Hie und das Format „Lichtspiele“ ausgewählt.

Shadi Pouyazadeh signalisiert zwar ebenfalls Bereitschaft, Jungdesigner zu unterstützen, hat aber weniger Spielraum und gibt zu bedenken: „Da ich für jeden Moderator an fünf Tagen in der Woche ein eigenes Outfit brauche, muss eine entsprechend große Auswahl vorhanden sein.“ Auf diesen Aspekt pocht auch Ariane Rhomberg – mit Designern wie Thomas Kirchgrabner, Michèl Mayer und Thang de Hoo hat sie aber schon gearbeitet und sagt: „Ich schaue mir natürlich an, was die jüngeren Labels machen. Oft ist es aber schwierig, den richtigen Moderator und die richtige Sendung zu finden.“ Allzu avantgardistische Looks überfordern das Publikum, ist sie sich sicher. Ein Keypiece vom Laufsteg ist also, wenn man so will, für die heimische Mattscheibe ein wenig zu flott.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2012)

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