Wiener Modeszene: Handtuch werfen ist jetzt in

Modepalast
Modepalast(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In der Wiener Modeszene ist der Advent nicht die stillste Zeit. Vergangene Woche wurde bekannt, dass demnächst Schlüsselpositionen in wichtigen Institutionen neu besetzt werden müssen.

Gleich zweimal war letzte Woche in der Wiener Modeszene davon zu hören, dass sich Menschen beruflich und persönlich weiterentwickeln wollen. Das ist begrüßens- und im Regelfall auch nicht weiter bemerkenswert. Im gegebenen Fall werden dadurch aber beide Male massive Umstrukturierungen in etablierten Strukturen nötig. Und während ein Neuanfang eine günstige Gelegenheit für strukturelle Eingriffe darstellt, scheinen die Vorstellungen der Geld gebenden Stellen mitunter etwas vage.

Alle Ziele erreicht

Im einen Fall verspürten die Gründerinnen des Modepalasts, Cloed Baumgartner und Jasmin Ladenhaufen, Lust nach Neuorientierung und verkauften das Konzept ihrer B2C-Messe an die Agentur HeadPro: Der Fortbestand der Veranstaltung ist gesichert, es gibt sogar Pläne für weitere Expansion in die Bundesländer („Die Presse“ hat berichtet). Im anderen Fall verwies fast zeitgleich das Unit-F-Führungsduo auf „veränderte persönliche Interessen“ (Ulrike Tschabitzer-Handler) und die Notwendigkeit „persönlicher Weiterentwicklung“ (Andreas Oberkanins): Man gab bekannt, dass das sogenannte Büro für Mode seine Tätigkeit im Bereich der Mode-Strukturförderung mit Ende 2013 einstellen wird.

So gehen also gleich zwei Führungsduos etablierter Institutionen auf die Suche nach neuen Herausforderungen, die zwar nicht außerhalb der Mode liegen mögen, jedoch außerhalb ihres bisherigen Wirkungsbereichs. „Wir haben die Ziele, mit denen wir anfangs angetreten sind, erreicht“, ließen Oberkanins und Tschabitzer-Handler bei einer Pressekonferenz wissen, die mit den Unit-F-Geldgebern, Kulturministerin Claudia Schmied und Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny abgehalten wurde.

Konkrete Ansagen hätte man sich in diesem Mediengespräch insofern erwarten können, als es mit „Zur Zukunft der Modeförderung“ überschrieben war. Verbindliche Visionen, die hier in erster Linie von Stadt und Bund hätten kommen können, blieb die Veranstaltung aber schuldig. Vorerst gibt es nur zwei Gewissheiten: Die Zukunft der Modeförderung findet ohne Unit F statt. Und die bislang zur Verfügung stehenden Gelder bleiben von Bund und Stadt auch weiter budgetiert.

Keine Vorgaben

„Mich hätte ja brennend interessiert, was die Ministerin und der Kulturstadtrat konkret zum Thema Modeförderung zu sagen haben“, bemerkte etwa die Modeexpertin Brigitte Winkler, die selbst im Jahr 2000 der Jury angehörte, die das von Oberkanins, Tschabitzer-Handler und dem damals Dritten im Bunde, Andreas Bergbaur, vorgestellte Konzept für eine von Bund und Stadt kofinanzierte Förderplattform auswählte. Sie zeigte sich enttäuscht, fand es „verwunderlich, dass man an die Öffentlichkeit geht, wenn man so wenig zu sagen hat“.

In der Tat blieb unklar, ob die Geldgeber aus zwölf Jahren Arbeit mit Unit F besondere Erkenntnisse ableiten und es von ihrer Seite Wünsche oder Empfehlungen an die Nachfolgeinstitution gibt. Bis Juli 2013 soll ja über diese Gewissheit herrschen: Im Februar wird es eine Ausschreibung geben, die diesbezügliche Konzepte einfordert. Eine (international besetzte) Jury wird diese sichten.

Ebenso wenig wollten sich Stadtrat Mailath-Pokorny und Ministerin Schmied darauf festlegen, ob der dank zwölf Jahre lang aus öffentlicher Hand fließenden Mittel durchaus auch international bekannte Name Unit F als Markenzeichen beibehalten werden soll. Die Ministerin sprach sich gegen irgendwelche „Top-down-Vorgaben“ bei der Neuausschreibung aus.

Die Frage, ob ein anderes als das Modell „geförderter Verein verteilt Fördergelder von Bund und Stadt“ denkbar sei, blieb ebenfalls unbeantwortet. Kulturstadtrat Mailath-Pokorny sprach hier von einer „erfolgreichen Konstruktion“, an der nicht zwingend gerüttelt werden müsse. Implizite Empfehlungen gab es: So wurden die Zusammenstellung internationaler Jurys für die Austrian Fashion Awards und die professionelle Förderabwicklung durch Unit F gelobt.

Veränderte Situation

Mit den zu erwartenden Neuerungen in der Förderszene konfrontiert, meinte Hermann Fankhauser, Designer des Labels „Wendy & Jim“ und Assistent an der Universität für angewandte Kunst: „Dass die Förderschiene beibehalten wird, ist ein Muss – und stellt die einzige Möglichkeit dar, wie ein junger Designer in Österreich sinnvoll überleben kann.“ Er findet es darüber hinaus überlegenswert, eine Adjustierung der Förderkriterien vorzunehmen. „Vor zehn Jahren war es für ein Label noch okay, sich nur über die ästhetische Erscheinung zu definieren. Heute ist es wichtig, den wirtschaftlichen Aspekt mitzudenken.“ Hier, meint Fankhauser, habe es „zuletzt ein wenig an Realitätssinn gefehlt“. Er kennt aufgrund seiner Lehrtätigkeit die Bedürfnisse des Nachwuchses und empfiehlt, künftig mehr Hilfestellung in Richtung Produktion und Vertrieb anzubieten. Künftige Förderer können an ihrer To-do-Liste zu arbeiten beginnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.12.2012)

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