Wie Zündholz und Reibfläche

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Der Fördercall »Kooperation«von Departure und Wirtschaftsagentur Wien spannte Kreativ- und klassische Wirtschaft zu innovativen Paaren zusammen.

Schicksal ist keine Kategorie. Und auf den Zufall kaum Verlass. Zumindest bei jenen Partnerschaften, die man eher unromantisch eingeht. Und eher deshalb, weil man sich davon etwas verspricht. Dann klingt das Ganze etwas technischer, so wie „Kooperation“. Eine dazugehörige „Kennenlern“-Story haben aber auch Zweck-, nicht nur Liebesbeziehungen. In Wien werden in den nächsten Jahren ein paar Produkte und Dienstleistungen davon erzählen können, wer da wie ein wenig nachgeholfen hat: Etwa der Call „Kooperation“, den Departure und die Wirtschaftsagentur Wien gemeinsam ausgerichtet haben. Und natürlich das „Matching“, das ein wesentlicher Teil während des Prozesses war, bei dem Vertreter aus der klassischen und aus der Kreativwirtschaft zueinander fanden. In zwölf Projektkonstellationen darf sich jetzt mit finanzieller Unterstützung etwas anbahnen. Innovationen sollen da entstehen und Geschäftsmodelle anrollen, die ihren Erfolg nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich unter Beweis stellen.


Verbindungsfunktion. Bevor es „funkt“ oder die Ideen zünden, kommt der manchmal schwierigere Teil, das Aufeinander-Zugehen. „Während der Ausschreibung für den Kooperations-Call, war jedoch klar zu erkennen, dass es ein sehr großes Interesse seitens der Wiener Wirtschaft an einer Zusammenarbeit mit Kreativen gibt“, erzählt Bettina Leidl, Geschäftsführerin von Departure. Schließlich benötige die klassische Wirtschaft den „Zugang zu Innovation und Kreativität. Für die Kreativwirtschaft wiederum zählt der Zugang zu Produktion und Vertrieb zu den großen Herausforderungen“, so Leidl.

Doch das Paarebilden ist in der Wirtschaft nicht ganz so einfach wie in der Tanzschule. Wie's funktioniert, hat die jährliche Vienna Design Week schon mehrfach demonstriert. Vor allem mit dem Format der „Passionswege“. Dabei gehen lokale Handwerkstradition und internationales Design manchmal auch recht überraschende Beziehungen ein. Oftmals sind daraus auch schon längerfristige Partnerschaften entstanden. Der Fleischhauer von nebenan, der letzte Bürstenmacher Wiens, der Luftballonhändler, die traditionelle Glasmanufaktur – plötzlich trat das versteckte Wissen der Stadt aus den Hinterhöfen ins Bewusstsein des Designs und der Kreativwirtschaft. Eine Auswahl der Produktresultate aus den Partnerschaften waren kürzlich in der Ausstellung „Werkstadt Vienna. Design engaging the City“ im Wiener MAK und zuletzt auch in Mailand zu sehen.

Und auch Departure sieht sich inzwischen explizit in der Rolle des Schuhlöffels, der zwei potenziellen Partner hilft, in ein gemeinsames Projekt zu schlüpfen. Zum ersten Mal wurde von Departure kein branchenspezifischer Call durchgeführt. „Departure und die Wirtschaftsagentur verstehen sich hier als der Brückenbauer“, erklärt Leidl. Und dabei versuchen sie auch die Brücke instand zu halten: „Zu unseren zentralen Aufgabenstellungen gehört es, die Projekte auch in Zukunft weiter zu begleiten.“

Mutmacher. Anfangs stehen sich spätere Projektpartner manchmal noch recht schüchtern gegenüber, verschanzen sich hinter Unternehmenskulturen und Vorbehalten. Doch „wenn man den Prozess anfangs moderiert und zwischen den unterschiedlichen Unternehmenskulturen vermittelt, können sich spannende Projekte entwickeln“, sagt Leidl. Und Türen, die sich nicht von selbst geöffnet haben, die wurden geöffnet: beim „Matching“ der Kooperationspartner, berichtet Leidl. Auch um den Prozess zu beschleunigen kamen „Door Opener“ zum Einsatz: Doris Rothauer für die Kreativwirtschaft. Und Thomas Joszeffi für die klassische Wirtschaft. Sie haben auch dafür gesorgt, dass jene zusammenfinden, die zusammenpassen. Und dafür, dass die Beziehungen auf den richtigen Erwartungen basieren. „Es war notwendig, im Prozess auszuloten, was wichtig für die Unternehmen ist und welche die entscheidenden Fragestellungen für sie sind“, sagt Leidl.

29 Projekte wurden insgesamt eingereicht, zwölf wurden schließlich von einer Jury ausgewähltund auf einen gemeinsamen Weg geschickt, weiterhin begleitet von Departure und der Wirtschaftsagentur, damit sie auch dort enden, wo sie hinwollen: in einer erfolgreichen Markteinführung etwa. Fast 1,5 Millionen Euro schütten Departure und die Wirtschaftsagentur gemeinsam als Förderung dafür aus.


Breites Spektrum. Aber auch Social Design hat bei den Kooperationen seinen Platz: Die Bäckerei Felzl will mit der Hilfe der Designerin Katharina Dankl die Brotüberproduktion sinnvoll reduzieren. Der traditionelle Wiener Spielehersteller Piatnik will sein Know-how für Demenzkranke einsetzen, die Agentur Section.a hilft ihm dabei. Und eine Kooperation zwischen der Galerie Senn und dem Immobilienprojekt „Viertel Zwei“, könnte zeigen, dass Investoren- und öffentliche Interessen, nämlich an der Kunst, gar nicht so weit auseinanderliegen müssen. „Die Qualität der Kooperationsprojekte liegt darin, dass die Partner ihre bewährten Wege und Strukturen verlassen. Es zeigt sich eine Trendwende in Richtung kollektiver Kreativität mittels gegenseitiger Inspiration“, erklärt Leidl. Da verlassen dann auch Hersteller wie Thonet den traditionellen Weg des Bugholzstuhls und machen den Konsumenten gemeinsam mit dem Studio Breaded Escalope zu Ko-Designern. Auch ein neues Wassersportnotsignal, ein Gebärdensprache-Avatar oder ein Karriereportal könnten in ein paar Monaten davon erzählen, wie sich erfolgreiche Kooperationen am besten anbahnen lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2013)

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