Creative Industries: Das Holz, aus dem die Baukunst ist

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Der Vorarlberger Hermann Kaufmann fordert als Architekt seit 30 Jahren das Potenzial traditioneller Handwerkskünste und die Möglichkeiten moderner Holztechnologien heraus.

Wahrscheinlich konnte er gar nicht anders: Hermann Kaufmann kam auf die Welt, in Reuthe im Bregenzerwald. Und große Teile dieser Welt waren – aus Holz. Zwischen Spänen, Harz, Sägen und Brettern wurde Kaufmann groß, in einer Familie aus Handwerkern und Architekten, sein Onkel war Leopold Kaufmann, einer der Vorreiter des modernen Holzbaus. Heute reizt er den nachhaltigen Werkstoff selbst als Architekt aus. Die Bauwerke aus Holz wachsen, genauso wie die Aufgaben, die sie tragen können. „Mich interessiert die technische Weiterentwicklung des Holzes“, sagt Kaufmann. In noch größere Dimensionen möchte er es überführen, weiterforschen, den Vorfertigungsgrad etwa, wie er sagt, noch erhöhen. Heute ist Kaufmann Professor am Institut für Bautechnik und Entwerfen an der Technischen Universität München, Fachgebiet Holzbau.

Wie stark das Holz-Know-how vor allem in Vorarlberg wächst, kann man auch abzählen: an den Stockwerken des Life-Cycle Tower in Dornbirn, den Kaufmann entworfen hat. Acht Geschoße, so hoch ist kein anderes Gebäude in Österreich, das zum Großteil aus Holz errichtet ist. Noch ganz andere Rekorde wären Holz und Holzarchitektur imstande zu brechen. Dabei versucht Kaufmann, Tradition und Technologie sinnvoll zu verbinden. Das Wissen der Vergangenheit auch in die Zukunft zu führen.

Er studierte an der Technischen Hochschule Innsbruck und an der TU Wien, dort war der Architekt Ernst Hiesmayer so etwas „wie eine architektonische Vaterfigur“, erzählt Kaufmann. „Hiesmayer hat sich auch damit beschäftigt, was man aus historischen Gebäuden ableiten und in moderne überführen kann.“ Von der Vorarlberger Holzbautradition saugte er fasziniert auf, was er aufschnappen konnte. Und das war eine Menge. „Es war eine entscheidende Prägung für einen jungen Menschen, den handwerklichen Zugang früh zu spüren“, erzählt Kaufmann von den Zeiten als seine Freunde Fußball spielten und er Bretter für den Vater zuschnitt. Werkstatt und Baustellen statt Fußballplatz. „Doch keiner hat mir die Faszination Holz verleidet“, sagt Kaufmann. Sonst hätte er nicht 1983 sein Architekturbüro in Schwarzach gegründet, das heute 24 Mitarbeiter beschäftigt. Und sonst würden heute nicht die Gewerbehallen, Wohnbauten, Häuser, Gemeindezentren und Schulen sowohl seinMaterial-Know-how demonstrieren als auch von einem architektonisch-nachhaltigen Anspruch zeugen.


Vorarlberger Baukultur. Wie eine Sprache hat Kaufmann gelernt, Holz zu verstehen. Was nicht immer ganz einfach ist, wie er zugibt. „Holz ist ein Material, das stark diszipliniert. Da muss man tief hineinsteigen, in die Gesetzmäßigkeiten eines Materials, um auch damit intelligent umgehen zu können“, sagt Kaufmann. Und das können in Vorarlberg Architekten und Handwerker gleichermaßen. „Da sind auch in den letzten Jahren ein gegenseitiges Verständnis und ein gegenseitiger Respekt gewachsen“, sagt Kaufmann.

Voneinander hat man gelernt, und voneinander profitiert man heute: Das Handwerk bekam durch die Architektur neues Selbstbewusstein. Und die Architektur Lösungs- und Gestaltungsstrategien, die so neu gar nicht mehr sind. Auch Hermann Kaufmann hat dazu beigetragen, dass sich in Vorarlberg das Bewusstsein für Baukultur in vielen Gemeinden festgesetzt und sogar institutionalisiert hat, in Gestaltungsbeiräten etwa. „Architekten und Gemeinden sind in Vorarlberg Partner“, sagt Kaufmann. Dort dürfen sogar Bushaltestellen architektonische Wertschätzung erfahren. Für Krumbach im Bregenzerwald hat Kaufmann sie entworfen. Und ab 26. Oktober werden dort ganz neue stehen. Vorarlberger Architekten und Handwerksbetriebe realisieren die Ideen von sieben international renommierten Architekturbüros. Krumbach hat sie für das Projekt Bus:Stop eingeladen. Damit auch die internationalen Architekten ein wenig staunen dürfen, wie Baukultur und Handwerkskunst in Vorarlberg hochgehalten werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2013)

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