Start-ups: "Männer sind selbstbewusster"

Start- ups:
Start- ups: "Männer sind selbstbewusster"Anne-Sophie Wass
  • Drucken

In den heimischen Start-ups arbeiten nur zwölf Prozent Frauen. Damit ist die Gründerszene auf dem besten Weg, dieselben Fehler wie große Firmen zu machen. Warum ist das so?

Statistisch gesehen, sind sie eine Ausnahme. Eine kleine Minderheit, die auf dem Papier kaum existiert. Die eine ist junge Mutter und 29 Jahre alt, die andere 31 Jahre alt und kam mit 13 von Afrika nach Österreich. Und: Beide haben eben erst ein Start-up gegründet.

Anfang der Woche hat der Businessangelfond Speedinvest gemeinsam mit dem Verein „Austrian Startups“ den „Startup-Report 2013“ präsentiert: eine Umfrage unter 575 Österreichern, die in der heimischen Gründer-Szene tätig sind. Die Ergebnisse waren durchaus erwartbar. 86 Prozent konzentrieren sich auf einen Markt über Österreich hinaus, 69 Prozent gründen ein Start-up aus Selbstverwirklichung und Spaß, die Förderlandschaft ist gut, aber die Businessangelszene ist eine Katastrophe.

81 Prozent hat einen Hochschulabschluss und – was die heimische Szene besonders freut – es gibt immer mehr Uni-Absolventen, die gleich nach dem Studium bei einem Start-up anfangen. Doch ein Punkt ließ wieder einmal aufhorchen: Nur zwölf Prozent Frauen sind in der Start-up-Szene tätig. „Es ist eine Katastrophe“, sagte Oliver Holle, Chef von Speedinvest, bei der Präsentation dann auch gleich. „Wir wissen, dass wir eine Männerdomäne sind. Aber das ist und bleibt ein Problem.“

Tatsächlich sieht es so aus, als würde sich in der Start-up-Szene eine Tatsache wiederholen, gegen die etablierte Unternehmen seit Jahren kämpfen. Frauen bleiben im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen zurück.

Und das in einer Branche, die ein Durchschnittsalter von 32,3 Jahren aufweist. Also aus jener Generation besteht, die die Früchte der Emanzipationsarbeit schon längst ernten könnten. Wie ist das also zu erklären?

Spricht man mit Adiam Emnay, 31 Jahre alt und in Eritrea geboren, und ihrer Kollegin Anne-Sophie Wass, 29 und Mutter, erkennt man schnell, dass sich die Muster, an denen Frauen, in etablierten Unternehmen scheitern, auch beim Gründen eins zu eins wiederfinden.

„Männer präsentieren sich einfach viel selbstbewusster. Sie treten ganz anders auf“, sagt Emnay, die selbst in der Start-up-Szene gut vernetzt ist. Die gebürtige Afrikanerin hat für Holles Speedinvest gearbeitet, ist Vorstandsmitglied bei „Austrian Startups“ und hat daher oft Frauen und Männer bei der Präsentation ihrer Firma beobachtet. „Da ist immer wieder Ähnliches passiert. Die Frauen waren super qualifiziert, aber sie sind immer so unsicher aufgetreten“, erzählt sie. Im Vergleich dazu wären die Männer hereinspaziert, „als hätten sie die Innovation schlechthin zu verkaufen, dabei hatten sie nur die hundertste Social-Media-Idee.“ Man braucht das Ende der Geschichte nicht abzuwarten, um zu wissen, was passieren wird. Die Frau wird sich nicht durchsetzen. Wie so oft.

Unangenehme Themen

Es sind gelernte, vielleicht auch typische Verhaltensmuster, die den Frauen im Weg stehen. Sei es beim Verkaufen von Geschäftsideen, beim Fragen nach Vorschüssen beim Investitionsgeld („Das ist vielen Frauen sehr unangenehm“) oder beim Finden von neuen Business-Partnern.„Ich kann das bis zu einem gewissen Grad auch verstehen“, sagt Emnay. Man sucht sich die, die einem ähnlich sind. Das sind bei Männern nun einmal Männer“, sagt die 31-Jährige. Es bräuchte mehr Vorbilder, ist sie daher überzeugt. Frauen, die bereits einen Erfolg mit ihrem Start-up vorweisen können, davon gibt es nur ganz wenige. Und mehr Aufklärung. „Gerade bei den Tech-Start-ups glauben ganz viele Frauen, dass sie programmieren können müssen“, sagt sie. Aber das stimme nicht. Die meisten Gründer, nämlich 45 Prozent, haben ein Wirtschaftsstudium abgeschlossen, wie der „Austrian Startup-Report“ belegt.

Emnay selbst hat sich mit ihrer Geschäftspartnerin Anne-Sophie Wass davon jedenfalls nicht abhalten lassen. Die beiden haben gerade erst ein Unternehmen gegründet. Auf ihrer Online-Plattform „Dubaruba“ verkaufen sie Ware von afrikanischen Designern, kaum traditionelles, sondern junges Design, das fair gehandelt und nachhaltig produziert wurde. Die Idee ist Emnay auf den zahlreichen Reisen in ihren alten Heimatkontinent gekommen. Die Designer hat sie vor Ort ausgewählt. Jetzt gibt es auf Dubaruba.com Taschen aus Kaffeesäcken, Schokolade aus Ghana, iPad-Hüllen aus Zementsäcken und bunte Ketten des Labels Pichulik, das es auch auch schon in die Zeitschrift Elle geschafft hat.

Schlechte Erfahrungen oder gar Diskriminierungen hätten die beiden nicht erlebt. „Manchmal hab ich das Gefühl, dass man als Frau schnell belächelt wird. Eh lieb, dass ihr das macht“, sagt Wass, die auch als Künstlerin und Fotografin tätig ist. Finanziert haben die beiden den Start ihres Unternehmens vorerst selbst. Investoren wolle man erst später an Bord holen. Ein normaler Weg. Denn sind Frauen erst einmal im Startup drinnen, haben sie dieselben Probleme wie Männer.

Gewerbeordnung bremst.

Im Visionspapier, das der Verein „Austrian Startup“ herausgegeben hat, ist daher auch das Schaffen von Risikokapital ein Kernpunkt: Investitionen in Unternehmen sollen steuerlich absetzbar sein. Weiters wird eine Änderung der Notarspflicht (zu kompliziert für ausländische Investoren) sowie eine Änderung der Gewerbeordnung gefordert. „Manche Gründer fallen gleichzeitig in drei Gewerbeordnungen. Und die Wirtschaftskammer weiß dann selbst nicht Bescheid“, sagt Emnays Kollege Can Ertugrul bei der Präsentation.

Emnay, die beim Papier selbst mitgearbeitet hat, kann das nur bestätigen. In Hinblick auf Frauen findet sie, dass Förderprogramme und Vernetzungsveranstaltungen wichtig sind. Von denen es wenige, aber doch ein paar gebe. An der Entwicklung so einer Veranstaltung hat sie selbst gearbeitet, das Projekt sei jetzt aber ob ihrer eigenen Firma ins Hintertreffen geraten.

Link: Dubaruba

start-ups und Visionen

Nur zwölf Prozent Frauen sind in der heimischen Start-up-Szene tätig. Das besagt der neue „Startup-Report 2013“.

Auf fünf Säulen stellt der Verein „Austrian Startups“ seine Visionen für die heimische Start-up-Szene: darunter Bildung, durch IT-Unterricht in der Volksschule, die Mobilisierung von Risikokapital durch steuerliche Absetzbarkeit der Investition, eine bessere Förderlandschaft durch weniger Papierkram und mehr Politik-Fokus durch einen Gründerbeauftragten. Infos unter: www.austrianstartups.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.