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Popfest Wien: Musik im Scheinwerferlicht

Friis und Buhl
Friis und Buhl(c) Clemens Fabry
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Das Festival Popfest Wien will neuen Pop aus Österreich sichtbarer machen. Das Beispiel Dänemark zeigt, wie man international Aufmerksamkeit – und Exporterfolge – erzielt.

Es war ein ambitioniertes Vorhaben, das vergangenen September bei der „Austrian Music Convention“ in Wien diskutiert wurde: ein mehrtägiges Musikfestival für Wien, das den aktuell boomenden heimischen Pop erstens publikums- und medienwirksam ins Rampenlicht rückt. Und zweitens international vernetzt mit dem Ziel, Exporte anzukurbeln. Der Impuls kam von der Export-Förderinitiative Aman („Austrian Music Ambassador Network“), zu der sich heimische Labels zusammengeschlossen haben. Kontakte zu vergleichbaren Veranstaltungen wurden geknüpft, Ideen ausgetauscht, Pläne geschmiedet. Allein, das Geld zur Finanzierung blieb aus.

Dass heuer österreichische Bands und Künstler dennoch geballt in Wien auftreten werden, liegt an Christoph Möderndorfer. Der Organisator der „O-Töne“ im Museumsquartier veranstaltet von 6. bis 9. Mai am Karlsplatz das von der Stadt Wien finanzierte „Popfest Wien“. Auch wenn Möderndorfer anders als Aman die Exportförderung nicht dezidiert zum Ziel hat, verfolgt er doch Ähnliches: Durch das Sichtbarmachen will er „den Wert der Künstler und ihrer Arbeit heben“. Er versteht das vom Musiker und Journalisten Robert Rotifer kuratierte Festival als „Türöffner“ für heimische Künstler: zu mehr Publikum, zu besseren Gagen, wie er sagt. Und indirekt vielleicht doch auch zu internationalen Märkten. Denn mit Aman laufen Gespräche, die dichte Präsenz heimischer Acts zu nutzen, um rund ums Festival eine „Music Convention“ zu veranstalten und internationale Branchenvertreter nach Wien zu holen.


Erfolgsgeschichten. Dass ein Festival Exporte und internationale Karrieren fördern kann, beweist das dänische „Spot“-Festival. Seit 1994 werden Jahr für Jahr die spannendsten Newcomer aus Dänemark und anderen nordischen Ländern präsentiert, was regelmäßig ein internationales Fachpublikum anlockt. Und für jede Menge Erfolgsgeschichten sorgt. Etwa jener der Retrorocker „The Raveonettes“, deren Durchbruch nicht zuletzt auf den Lobpreisungen eines Kritikers des US-Magazins „Rolling Stone“ beruht, der die Band beim Festival in Arhus entdeckte. Danach standen viele Labels Schlange. „Das Festival wurde mit der Zeit zu einem internationalen Promotion-Vehikel“, zieht „Spot“-Mitarbeiter Christian Hald Buhl Bilanz. „Es gibt eine direkte Korrelation, wenn man vergleicht, wie viele dänische Bands vor zehn Jahren Erfolge im Ausland erzielen konnten und wie vielen das heute gelingt.“ Die hohe Priorität, die das Promoten von Popmusik seitens der Politik erfährt, mache sich bezahlt, so Hald Buhl. Und sei bei einem derart kleinen Heimmarkt absolut notwendig.

Strukturell wird im dänischen System zweigleisig gefahren: Mit einem Budget von jährlich rund 500.000 Euro konzentriert sich das Exportbüro „Music Export Denmark“ ganz auf ökonomische Ziele. „Mit einem Euro, der in die Exportförderung fließt, sollen zwei Euro an tatsächlichen Erlösen generiert werden“, sagt Hald Buhl. Ein Hauptaugenmerk liegt auf der finanziellen Unterstützung von Liveaktivitäten im Ausland. Das „Danish Rock Council“ mit einem Jahresbudget von jährlich rund 750.000 Euro verfolgt hingegen einen breiteren Auftrag. „Popmusik wird als ein Faktor des ,Nation Branding‘ gesehen, um die Reputation Dänemarks als spannender und kreativer Ort zu stärken“, so Hald Buhl. Dass damit auch der Tourismusstandort gestärkt wird, ist ein gewollter Nebeneffekt der Investitionen, die im Wesentlichen aus dem Topf des Kulturministeriums stammen.


Netzwerke. „Der zentrale Faktor, um Musik zu exportieren, ist das Netzwerk der Menschen, die damit arbeiten“, sagt Henrik Friis von „Music Export Denmark“. Um das in den Zielmärkten aufzubauen, wurde die Eventreihe „Spot On Denmark“ geboren. Nach Berlin, Paris oder Brüssel macht diese am 4. Februar nun auch im Wiener B72 Station. Mit drei Bands, Branchenvertretern und dem Ziel, permanente Anknüpfungspunkte zu lokalen Bookern, Promotion- und Distributionspartnern zu finden. „Wir versuchen, Brückenköpfe zu bauen“, beschreibt Friies die Rolle von „Music Export Denmark“. „Wenn Bands versuchen, neue Märkte zu bearbeiten, und einen realistischen Plan haben, dann sind wir zur Stelle.“ Egal, ob Indie-Band oder Mainstream-Act ...ein gutes Produkt und professionelle Arbeit vorausgesetzt. „Wir sind Katalysatoren für den Erfolg“, stellt Hald Buhl klar, „keine Garanten“. Und freut sich über Platz eins in den deutschen Singles-Charts, den Sängerin Aura Dione zuletzt innehatte, genauso wie über den Vertrag mit dem renommierten Label „4AD“, den das Indie-Kollektiv Efterklang abschließen konnte. Beide wurden zuletzt intensiv bei Touraktivitäten unterstützt.

In Österreich fehlt eine solche konsequente und kontinuierliche staatliche Exportförderung von Popmusik, wie sie in vielen europäischen Ländern längst üblich ist. Dem 2005 als Tochter des Musikinformationszentrums Mica installierten Musikexportbüro „Austrian Music Export“ fehlt nach anfänglichen Subventionen das Geld, um mehr als punktuelle Maßnahmen – man organisiert heuer etwa das österreichische Musikprogramm bei der Expo in Shanghai – setzen zu können. Aman als privatwirtschaftliche Initiative heimischer Labels (wenngleich mit Impulsförderung von 400.000 Euro ausgestattet) gelang es nicht, diese Lücke zu füllen. Der Label-Zusammenschluss dient aber zumindest als Plattform zur „Bündelung von Interessen“, wie es Hannes Tschürtz von ink Music formuliert. Derzeit wird im Aman-Umfeld etwa an Maßnahmen gearbeitet, wie heimische Indie-Labels auf den Märkten der Beneluxländer reüssieren können. Durchaus nach dänischem Vorbild: Die geografische Nähe erleichtert das Touren. Es gibt eine hohe Dichte an Clubs, der Tonträgerverkauf ist noch nicht gänzlich weggebrochen.

„Dänische Künstler profitieren davon, dass es ein Publikum gibt, das die lokale Szene feiert. Sie können zu Hause wachsen“, schildert Hald Buhl. Auch hierzulande sind Acts wie Kreisky, Clara Luzia oder Soap & Skin längst Publikumsmagneten. Ob das „Popfest Wien“ diesen Trend verstärken und neues Publikum ansprechen kann, muss sich erst zeigen. Im Erfolgsfall soll das Festival jedenfalls jährlich stattfinden. Vielleicht zeigt auch der internationale Erfolg von Soap & Skin Wirkung. Denn wie beschreibt es Hald Buhl treffend: „Wenn Künstler sehen, dass es ihre Weggefährten im Ausland schaffen, bestärkt sie das in ihrem Glauben und Tun enorm.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2010)

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