Bretter für Pisten-Individualisten

Bretter fuer PistenIndividualisten
Bretter fuer PistenIndividualisten(c) Clemens Fabry
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Personalisiertes Skidesign macht das Rennen - bisweilen mit der Illusion technischer Innovation.

„Ich bin eine Tapeziererin. Ich mach das einfach gern“, sagt Nicola Werdenigg. Allerdings tapeziert die ehemalige Skirennläuferin nicht ihre eigenen vier Wände, sondern Skier. Und: Sie lässt immer öfter andere ihre Skier „tapezieren“ oder besser gesagt, gestalten. Gemeinsam mit ihrem Mann Erwin führt sie das Unternehmen „Edelwiser“. Das Konzept ist einfach und passt perfekt zum Zeitgeist: Kunden können sich im Internet entweder ein vorgegebenes Design aussuchen. Oder ihren eigenen Entwurf einschicken und ein Paar individuelle Skier bestellen. Ein Geschäftslokal gibt es nicht. „Das ist im Internet oder auf der Piste“, so Werdenigg. Die Community wird, wie es sich für einen Online-Store gehört, gepflegt – auch offline. „Es gibt eine richtige Edelwiser-Familie.“ Man trifft sich zu gemeinsamen Skitests oder Ausflügen. Das Geschäft läuft gut. „Früher waren die Menschen nicht so mutig und haben immer fertige Designs bestellt. Das hat sich geändert“, so der ehemalige Skiprofi. Werdenigg-Spieß geht es aber nicht nur um schöne Bretter. Hinter dem individuellen Design steht ein ebensolcher Skistil. Von strengen Vorschriften oder perfektem Wedeln hält die 52-Jährige wenig.

Der Customize-Trend hat also auch die Skiwelt erreicht. Aber nicht nur wegen des Do-it-yourself-Trends wird Design immer wichtiger. Denn während die Skibautechnologie einerseits immer innovativere Ansätze sucht (was auch optisch sichtbar sein soll), tut sie das andererseits nicht unbedingt in dem Tempo, wie es uns die Industrie vorgaukelt.

Marketingschmäh. Thomas Feichtner hat sich genau deshalb vom Skidesign verabschiedet. „In den 1990er-Jahren ist es üblich geworden, dass ein Skihersteller jedes Jahr eine neue Kollektion herausbringen muss. Das Design wird da zur Kosmetik. Denn die Technik wird im Groben über viele Jahre beibehalten“, so sein Resümee. Die „vielen Jahre“ beziffert er auf bis zu fünfzehn. Feichtner, der heute für verschiedene Manufakturen wie Augarten oder Lobmeyr als Produktdesigner arbeitet und in Kiel Design unterrichtet, war bis 2001 für Head tätig. Zu seinen reduzierten Skimodellen XP 100 und X 40 steht er heute noch.

Feichtner ist überzeugt, dass das Design bei Skiern und Snowboard immer wichtiger wird. Das liegt aber nicht nur am Marketing, sondern auch am Zeitgeist, wenn man so möchte. Während österreichische Skifahrer vor allem in den 1990er-Jahren sehr technikorientiert waren, geht es jetzt eher um die Optik. „Design-Gimmicks wie Swarovski-Steinchen haben technische Gimmicks wie spezielle Dämpfungssysteme, die ohnehin nicht dämpfen, abgelöst.“ Und: Der Markt wird immer vielschichtiger. Während es früher zum Beispiel einfach nur Damenskier gab, gibt es jetzt Skier für die sportliche, styleorientierte oder gemütliche Dame.

Wobei das Thema Damenski ohnehin nicht überall auf Begeisterung stößt. „So etwas führen wir nicht. Ich finde es diskriminierend, wenn man zum Beispiel sagt, die Bindung muss weiter hinten montiert werden, weil Frauen einen breiteren Hintern haben. Abgesehen davon ist das absoluter Blödsinn“, sagt Nicola Werdenigg. Von klassischen Blümchenmustern hält sie naturgemäß wenig.

Besticktes Snowboard. Die neue Damenkollektion der Wiener Designerin Kathi Macheiner könnte ihr dennoch gefallen. Macheiner, bekannt durch ihr Label Sixxa, hat nun mit Atomic ein Snowboard auf den Markt gebracht. Ganz ohne Klischees kommt aber auch sie bei dem Damen-Board nicht aus. Es heißt nämlich „Fallen Angels“ und ist mit einer Stickerei versehen. Klischeehaft? Zur Verteidigung des Designs ließe sich sagen, dass Macheiner auch ihre sogenannte „Streetwear für Girls“ gerne bestickt.

Für Lilo Krebernik, Art Director für Snowboards bei Atomic, passt das Board perfekt zum aktuellen Trend. „Handillustrierte Muster, bei denen die Grafik im Detail ausgearbeitet wird, sind stark im Kommen. Das ist auch für den Illustrator eine schöne Wertschätzung.“ Auch das Thema Nachhaltigkeit ist bei den Boardern angekommen. So kommt nicht nur der Klassiker Holz zum Einsatz, sondern auch Hanf oder Jute. „Es geht um nachhaltige Produkte, die aber nicht ökomäßig ausschauen.“ Krebernik ist überzeugt, dass der Kunde wieder lang an seinem Board oder den Skiern Freude haben will. Und das erlöst die Designer von der Zweckentfremdung als Marketing-Dienstleister.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.01.2011)

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