Unser Mann an der Themse

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Londoner Designer mit österreichischen Wurzeln, Marios Schwab, wird gern als Satellit der heimischen Szene bezeichnet. Das stört ihn aber gar nicht, ganz im Gegenteil.

Sie werden gern als Aushängeschild der erweiterten österreichischen Modeszene nach Wien geholt, zuletzt für die Auftaktveranstaltung des Modefestivals von Unit-F: Hat das Sinn für Sie, sehen Sie sich als Teil dieser Modelandschaft?

Marios Schwab: Auf jeden Fall, und zwar eigentlich viel mehr, als das hier wahrgenommen wird. Ich habe schließlich in Salzburg mit 15 Jahren an einer Schule mit dem Modemachen angefangen, bin mit Handwerk und Tradition aus Österreich vertraut, und das hat mich auch später begleitet. Überhaupt habe ich die Tendenz, Vergessenes wieder aufzugreifen, neu zu beleben. Aber ich habe den Eindruck, dass hier gar nicht so viele meinen Namen kennen und ihnen eher die Designer ein Begriff sind, die vor Ort leben.

Letztes Jahr wurden Sie von der Wirtschaftskammer mit dem „go international“-Preis ausgezeichnet und 2007 gewannen Sie den international anerkannten „Swiss Textiles Award“; hilft das nicht beim Bekanntwerden? Wie wichtig sind Preise überhaupt?

Wenn es Geld zu gewinnen gibt, ist das natürlich immer toll, abgesehen davon sind solche Auszeichnungen tatsächlich wichtig, weil so der eigene Name über Nacht bekannt werden kann. Als ich den Swiss Textiles Award bekam, wurde man im ganzen deutschsprachigen Raum auf mich aufmerksam, der Schweizer Textilverband hat ausgezeichnete Kontakte.

Haben sich auch in Österreich nach Ihrer Auszeichnung neue Kontakte ergeben?

Eigentlich nicht viele, was ich schade finde, weil es eben die lange handwerkliche Tradition gibt, etwa die Vorarlberger Stickereien oder Lodenhersteller. Leider wagen sich viele nicht über ein einmaliges Sponsoring hinaus, dabei könnten die Firmen es ausnützen, wenn es international erfolgreiche Designer gibt, und ich spreche nicht von mir allein, um eine neue Bühne für sich zu erschließen.

Sind britische Firmen aufgeschlossener, oder ist der British Fashion Council erfolgreicher bei seinem Lobbying?

Ich glaube wirklich, dass im Vereinigten Königreich generell mehr Firmen offen sind für Kooperationen. Es gibt da ein ganz anderes Bewusstsein für vorhandene Möglich-keiten. Auch eine Marke wie Smythson, die Papierwaren herstellt, ist aufgeschlossen gegenüber Projekten mit jungen Designern. Und es gibt viele vergleichbare Beispiele, auch über die Mode hinaus. Daran sollte man auch in Österreich arbeiten, finde ich. In London kooperieren so viele Designer mit Autofirmen oder mit Hotels – man muss den jungen Leuten ein bisschen mehr zutrauen. Ich liebe die Tradition und bewundere sie, mit der Zeit muss man sich aber darum bemühen, sie für die Zukunft flottzumachen.

Wie effizient ist die Modeförderung in Großbritannien Ihrer Meinung nach?

Das Entscheidende in England ist, dass es nicht nur um Geld geht und dass die Förderung mehrstufig ist. Einerseits gibt es die von Lulu Kennedy initiierte Institution Fashion East. Dort nimmt man Talente auf, bietet ihnen eine Präsentationsfläche und stattet sie mit 3000 Pfund pro Saison aus, mit denen eine Kollektion präsentiert werden kann. Und dann gibt es eben den British Fashion Council, der selbst ein mehrstufiges Programm anbietet.

Schaffen es Labels, die alle Phasen durchlaufen haben, auf eigenen Füßen zu stehen?

Natürlich bleibt immer offen, ob ein Label am Ende überlebt. Man setzt bei der Förderung aber immer mehr auf Mentoring durch Profis, die bestens vernetzt sind.

War es für Sie selbst schwierig, unternehmerisch denken zu lernen?

Ich habe mich daran gewöhnt. Um vom Fashion Council gefördert zu werden, muss man seit etwa 2005 auch einen Businessplan einreichen, was meine Generation geprägt hat.

Hat das zu einer strukturellen Veränderung der Londoner Szene geführt?

Ja, denn so steht schon im Vorhinein fest, dass die Geförderten die Mode ernst nehmen als einen 24-Stunden-Job, bei dem es nicht nur ums Entwerfen geht. Wichtig ist vielmehr, unternehmerisch weiterzukommen. Gerade am Anfang muss man viel Zeit und Energie in Pressearbeit investieren.

Hat Medienpräsenz einen Einfluss auf den kommerziellen Erfolg, ist das spürbar?

Auf jeden Fall, denn daraus ergeben sich erst Sponsorings, ohne die es unmöglich ist, eine eigene Modeschau auf die Beine zu stellen: Eine Show in London kostet derzeit über 60.000 Pfund, anders ist das nicht zu schaffen.

Sie arbeiten jetzt auch seit drei Saisonen als Chefdesigner für das New Yorker Label Halston, bei dem auch Sarah Jessica Parker Teilhaberin ist. War das ein weiterer Quantensprung in puncto Bekanntheitsgrad?

Ja, daraus ergab sich für mein Label ein spürbarer Aufschwung in den USA, in Asien und Kanada. Wir waren zwar zuvor schon in diesen Märkten präsent, aber durch Halston ist die Präsenz sprunghaft angestiegen.

Wächst mit dem Erfolg auch der Druck?

Eigentlich nicht, es gelingt mir ganz gut, das von mir abzuhalten. Am Anfang war das natürlich anders; die Verpflichtung für Halston war sehr aufwendig, ich musste mit einem neuen Team arbeiten, was ebenfalls eine Herausforderung war. Auch die Logistik, was macht man wann, wann fliegt man wohin, die Zeitverschiebung mit Übersee. Daran musste ich mich erst einmal gewöhnen, aber es gehört natürlich dazu. Das Gute daran, zwei Designjobs parallel zu machen, ist, dass man sich schnell daran gewöhnt, Dinge abzugeben. Man muss das Loslassen lernen und anderen Verantwortung abgeben. Am Anfang macht man alles allein, aber irgendwann geht das nicht mehr, und das muss man einsehen, um erfolgreich wachsen zu können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2011)

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