Kultivierte Naivität als Nachdenkhilfe

Industrial-Designer Rudolf Greger bietet mit seiner Firma seit Kurzem Service-Design an. Im Interview erklärt er, warum seine Kunden manchmal ratlos sind, was der neue Trend kann und was eben nicht.

Wann haben Sie das erste Mal den Begriff „Service-Design“ gehört?

2006 bin ich das erste Mal damit in Verbindung gekommen. Das „Service-Design“ oder „Design Thinking“ an sich, das hat es ja schon immer gegeben. Ich habe nur nicht gewusst, wie man es nennt. Die neue Managementlehre findet jetzt Namen dafür. Was gut ist, weil wir unsere Leistungen als Designer besser präsentieren können.

Konnten Sie das vorher nicht?

Designer wissen oft nicht, was für einen Wert sie schaffen. Die Betriebswirtschaft hilft, den besser zu benennen.

Wie reagieren Ihre Kunden darauf?

Ganz eigenartig. Wenn ich sage, wir machen Service-Design, dann weiß niemand so genau, was es ist, aber jeder kennt jemanden, der es brauchen könnte. Es ist also für alle ein Thema, aber schwerer zu greifen.

Wie erklären Sie Service-Design?

Es ist eine Dienstleistung, ein Prozess, der für den Kunden so angenehm wie möglich gestaltet wird.

Der Begriff „Design“ wird ja mittlerweile sehr inflationär verwendet.

Ja eh. Im Prinzip ist ja jeder, der sich in der Früh anzieht, Designer – weil er aus einer gegebenen Situation eine gewünschte macht. Service-Design ist auch ein Oberbegriff für andere Sparten wie Informationsdesign.

Wie notwendig sind dann Service-Designer?

Der Konsument wird in vielen Bereichen nicht mehr geschätzt. Es gibt kaum gute Beratung oder Bedienung. Wenn ein Unternehmen es also besser macht – dann gewinnt es alles.

Was kann Service-Design nicht?

Es kann unwillige Unternehmer nicht dazu bringen, wie Steve Jobs zu sein.

Was kann es dann?

Design ist ein unverzichtbares Element für Erfolg in der Zukunft und sollte ein wesentlicher Bestandteil jeder Unternehmensstrategie sein. Wir Designer denken einfach anders. Wir sind darauf trainiert, neue Wege zu finden. In der Wirtschaft wird jetzt etwa ständig das Rating geändert. Da können wir den Wirtschaftlern helfen. Wir können sie anstacheln, neue Lösungen zu finden.

In Brüssel fehlen also ein paar Designer?

Ja klar. Ich nenne das kultivierte Naivität. Ein Designer kann es sich erlauben, Blödsinn zu verzapfen, ein Wirtschaftsexperte nicht. Die Ideen des Designers bringen den Experten aber vielleicht weiter, wenn er vorher nicht aus dem Kästchen denkt. Und plötzlich läuft's.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2012)

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