TED Talks: 18 Minuten für eine bessere Welt

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Sie stehen für Forschung, Querdenken und Innovation: Auf Ted-Konferenzen (Technology, Entertainment und Design) soll auf einfache Art Wissen vermittelt und nebenbei Geschichte geschrieben werden.

Der Raum wird abgedunkelt und nur vorn im Saal ist Licht. Ein Mann humpelt auf die Bühne und beginnt zu erzählen: Von seiner Arbeit, die „very nerdy“ ist, davon, dass er viel mit Lasern zu tun hat, und wie er durch Zufall dazu kam, den kleinsten 3-D-Drucker der Welt zu entwickeln. Eine Erfindung, da werden sich viele später einig sein, die das Potenzial hat, die Welt nachhaltig zu verändern: In Wien sind die Ted-Konferenzen angekommen.

Ted, das steht für „Technology, Entertainment und Design“ und damit für 18-minütige Vorträge, die von ausgewählten Sprechern, neudeutsch: Speakern, vorgetragen werden. Aus Amerika kommend hat sich das Eventformat wie ein großes Spinnennetz über die ganze Welt verbreitet, nach London, New York, Hong Kong und seit zwei Jahren eben auch Wien.

„Bei Ted sollen neue technologische Entwicklungen leicht und verständlich erklärt werden“, erklärt Vlad Gozman das System. Die Themen können von technischen Innovationen bis zu kulturpolitischen Ansätzen so gut wie alles beinhalten. Aber auch ungewöhnliche Erlebnisse von Kunstmessen und verrückte Projekte wurden schon präsentiert.

Gozman sitzt in seinem Büro in einer Werbeagentur auf der Wiener Mariahilfer Straße. Der gebürtige Rumäne war es, der die Veranstaltung vor zwei Jahren nach Wien geholt hat. Aus persönlichem Interesse: „Ich bin damals sehr aktiv in der Online-Community gewesen, und mir haben die Vorträge gefallen.“ Mittlerweile arbeiten 13 Leute daran, eine jährliche Konferenz in Wien und ihre zahlreichen Side-Events auf die Beine zu stellen.

Clinton, Gates, Page. Denn die Konferenzen können sich durchaus sehen lassen, auch im internationalen Ted-Umfeld. Da freilich schritt bereits Bill Clinton ans Rednerpult, ebenso Bill Gates, Larry Page von Google und Wikileaks-Gründer Julian Assange. In Wien traten zumindest bekannte Namen wie Journalistin Corinna Milborn, Werber Niko Alm und Lilli Hollein, Kuratorin der Vienna Design Week, oder eben Klaus Stadlmann, Erfinder des kleinsten 3-D-Druckers der Welt, vors Mikrofon.

Das prominente Rednerprofil liegt nicht zuletzt an einer effizienten Marketing-Maschinerie: Ted, das bedeutet, neuen Trends nachzugehen. Ted, das bedeutet, zu wissen, in welche Richtung die Welt sich drehen wird. Sätze wie „Unsere Speaker sind die Rockstars von morgen“, „Ted is my brain spa“ und „Es ist ein elementarer Bestandteil unserer Mission, Wissen in die Welt zu tragen“, sind geläufige Sätze in der Community. Auch wenn sie fast guruhaft klingen. „Ich will mit Ted der Gesellschaft etwas zurückgeben. Für mich ist Ted eine Bühne. Eine Bühne für Menschen, die wirklich etwas geleistet haben“, erklärt Gozman seine Mission.

Und diese Bühne gibt es schon ziemlich lange. Die erste Ted-Konferenz wurde 1984 im kalifornischen Monterey abgehalten, bekannt wurde das Event aber erst durch den Journalisten und Verleger Chris Anderson, der die Veranstaltungsreihe 2002 übernahm. Er begann die Preise für eine Teilnahme an der Konferenz zu erhöhen, nahm dafür aber die Vorträge auf und stellte sie kostenlos ins Internet. Seither kann die ganze Welt an Ted teilnehmen – und tut es auch: Vorträge von Al Gore oder der Schimpansen-Forscherin Jane Goodall wurden millionenfach aufgerufen. Seit 2005 können die Ted-Konferenzen obendrein nach einem Franchise-Prinzip in jedem Land der Erde abgehalten werden. Gekennzeichnet sind diese unabhängigen Konferenzen mit einem „x“ als Namenszusatz. In Wien finden also Tedx-Konferenzen statt, den echten Ted gibt es nur in Monterey.

Gemeinsam haben alle Events ihre strengen Statuten. „Vorträge von politischen Parteien sind tabu, und auch das Bewerben von Firmen ist nicht erlaubt“, präzisiert Gozman. Finanziert werden die Events durch Sponsoren und Eintrittsgelder. So kostet ein Ticket für die Konferenz in Wien 55 Euro für Studenten und 100 für Erwachsene. „Wir überlegen aber, die Preise zu erhöhen“, sagt Gozman. In Amerika zahlen Teilnehmer bis zu 7.500 Dollar.

Alles geplant. Diese Gebühren rechtfertigen die Macher mit der Qualität der Vorträge und ihrer akribischen Ablaufplanung. Tatsächlich wird nichts dem Zufall überlassen. „Wir coachen die Speaker für jeden Auftritt, arbeiten heraus, was ihre Kernidee ist“, sagt Gozman. Dafür müssen sie (zumindest in Wien) kostenlos vor das Publikum treten. Ausgewählt werden die Speaker von den Organisatoren; in Wien versucht Gozman etwa lokale Größen als Sprecher zu gewinnen – „Rohdiamanten“, wie er sie nennt, aus den Bereichen Forschung und Innovation, aber auch Kunst und Kultur.

Dass die Vorträge nachhaltig die Welt verändern, ist natürlich nicht erwiesen. Auch wenn Gozman versichert, dass die heute bekannte Touchscreen-Technologie schon sehr früh auf einer Ted-Konferenz vorgestellt wurde. „Noch lange bevor Apple begonnen hat, sie zu verarbeiten.“

Es ist ohnehin das Lebensgefühl, das Menschen zu Ted-Konferenzen treibt. „Für mich ist das eine große Inspiration“, sagt etwa Lukas Brunbauer, Coach in Wien. Der 32-Jährige ist zufällig auf TedxVienna aufmerksam geworden und seither Fan. Weil ihn die Vorträge (die er größtenteils im Internet sieht) zum Nachdenken anregen. „Es ist ein gedanklicher Anstoß, Dinge zu verändern“, sagt er. Außerdem gefällt ihm der Gedanke, Teil einer weltweiten Community zu sein: „Das ist einfach faszinierend.“

Wieso er denn bereit sei, etwas zu zahlen, wenn die Konferenzen zum Teil live im Internet übertragen werden? „Wieso geht man auf ein Konzert?“, erwidert er prompt. Eine Band wolle man ja auch live sehen.

Vielleicht geht es aber auch um die Angst, etwas zu verpassen. Wer will schließlich nicht dabei sein, wenn auf der Bühne eine Idee präsentiert wird, die in absehbarer Zukunft die Welt verändern könnte.

Bühnengespräche

18 Minuten darf ein Ted-Vortrag maximal dauern. In dieser Zeit sollen innovative Ideen und Gedankenansätze einfach und verständlich vermittelt werden.

120 Personen besuchten die TedxVienna-Konferenz, als sie 2010 das erste Mal abgehalten wurde. Im Jahr darauf waren es schon 350. Infos unter www.tedxvienna.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2012)

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