Der wundersame grüne Pulvertee

A picker displays tea leaves she freshly collected at a tea plantation in Liping county
A picker displays tea leaves she freshly collected at a tea plantation in Liping countyREUTERS
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Mehr als nur ein Tee: Der japanische Matcha macht sich nicht nur als Getränk und beim Kochen gut, sondern kann dank seiner Inhaltsstoffe zum Teil sogar die Rolle von Medikamenten übernehmen.

Endlich einmal ein gesunder Hype. Denn während Bubble Tea eher für Übergewicht und Karies sorgt, geht Matcha viel mehr in Richtung Gesundheit. Allerdings: Den Geschmack dieses Grünteegetränks in Pulverform mag sicher nicht jeder. „Echter, hochqualitativer Matcha schmeckt nicht gerade berückend, irgendwie krautig, nach Gras und Grün“, sagt ein Arzt, der Matcha ansonst in den Olymp der trinkbaren Gesundheit hebt. „Matcha-Tee hat auf alle Organe eine äußerst positive Wirkung“, so Mediziner und Matcha-Forscher Walter Glück im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Vom Hirn übers Herz bis zu den Muskeln, vom Immunsystem bis zu den Nerven, von der Haut bis zum Darm, von den Gefäßen bis zu den Gelenken – unser gesamter Körper soll von diesem giftgrünen Getränk profitieren. Nicht zuletzt ist es ein sanfter Wachmacher.

Glaubt man einigen Studien, soll der Tee Konzentrationsstörungen bessern, Stress und Fett ab- und Muskeln aufbauen. Er soll Schutz vor Karies, Rheuma und Arteriosklerose bieten, hohe Cholesterinwerte und das Diabetesrisiko senken. Es gibt auch vereinzelt Studien, die vorsichtig von Krebshemmung und Alzheimer-Prävention sprechen. Hinreichend belegt ist das meiste allerdings noch nicht. Doch weltweit wird weiter an Matcha und seinen Wirkungen geforscht. Dass das Modegetränk gesund ist, daran zweifelt heute kaum mehr ein Wissenschaftler.

„Kaum ein Medikament kann mit den außergewöhnlichen Eigenschaften von Matcha mithalten“, schreibt Glück in seinem Buch „Matcha, das gesunde Grüntee-Wunder“. Das Heilsame ist laut Glück das riesige Arsenal an wertvollen Inhaltsstoffen – ein nahezu perfekter Cocktail aus Vitaminen und Mineralstoffen, keimtötenden Katechinen und dem gut beforschten Wundermittel EGCG (Epigallocatechingallat) sowie einem enormen Reichtum an Antioxidantien.

Das sind jene unverzichtbaren Stoffe, die den bösen freien Radikalen, die allerlei Krankheiten mitverschulden – von Herzinfarkt bis Krebs – Einhalt gebieten. Von diesen besitzt Matcha angeblich mehr als jedes andere Lebens- oder Genussmittel. Für die Wirkungsstärke von Antioxidantien wurde der sogenannte Orac-Wert eingeführt. Matcha weist pro Gramm rund 1500 Mikromol davon auf – zum Vergleich, Acai-Beerenmark kommt auf 1100, Chilipulver auf 236, ein roher Granatapfel auf 45 und die viel gepriesenen Goji-Beeren bringen es gerade einmal auf 33 Einheiten.


Verjüngung der Haut.
„Ein unglaublich hohes Potenzial an Antioxidantien“, schwärmt auch Mediziner Markus Metka, Präsident der Österreichischen Anti-Aging-Gesellschaft. Studien mit Grüntee-Extrakt haben denn auch auf eine Verjüngung der Haut hingewiesen. „Wahrscheinlich spielt der hohe Konsum von Matcha auch eine große Rolle für die Langlebigkeit der Japaner“, meint Metka.

Wer echten, hochqualitativen Matcha aus Japan trinkt, nimmt nicht nur – wie bei normalem Grüntee – die wasserlöslichen Anteile des Tees zu sich, sondern auch das vermahlene Teeblatt als Ganzes. Verwendet werden dafür nur die besten Blätter der hochwertigsten Grüntee-Sorte Tencha, die nur einmal im Jahr von Hand geerntet wird.

Etliche Wochen vor der Ernte wird die Teepflanze mit lichtundurchlässigen Netzen oder Bambusmatten bedeckt. Diese Beschattung verlängert die Reifezeit, was zu einer Qualitätssteigerung führen soll. In jedem Fall führt es zu einer vermehrten Chlorophyll-Produktion, die dem Tee sein intensives Grün verleiht. Nach der Ernte werden die Blätter gedämpft, getrocknet und von Stengeln und Blattrippen befreit. Auch der anschließende Mahlprozess ist bestimmten Gesetzen unterworfen. Und braucht Zeit – um rund 30 Gramm Matcha-Pulver zu produzieren, benötigt eine traditionelle Granitsteinmühle etwa eine Stunde.


Matcha ist teuer.
Kein Wunder also, dass Matcha seinen Preis hat. „40 bis 50 Euro pro 30 Gramm kostet der beste“, weiß Experte Glück. Freilich gibt es ihn auch billiger. Und auch Imitate überschwemmen den europäischen Markt – Tee, der nicht beschattet wird, Blätter, die samt Stengel und Rippen gemahlen werden. Preiswerter Matcha wird also weniger aufwendig hergestellt, ist von nicht so hoher Qualität. „Der billigere Matcha ist gelbgrün im Aufguss, der gute hat ein dunkles, kräftiges Erbsengrün“, sagt Eva Haas vom Teehaus Haas & Haas am Stephansplatz. „Höhere Qualitäten haben feinere Geschmacksnuancen, billigere sind bitterer.“ Und schlechte Qualitäten sind blassgelb bis -braun und schmecken mitunter säuerlich.

Auch das inzwischen auf dem Markt erhältliche Grünteepulver, so Haas, weise nicht unbedingt erste Qualität auf. Es sei streng genommen kein reiner Matcha und werde immer wieder für Matcha-Eis, Koch-Matcha oder Matcha-Latte verwendet. Nichts gegen Matcha-Latte, jedoch – „Milcheiweiß schwächt die gesunde Wirkung“, sagt Glück.

Apropos Koch-Matcha: Es obliegt freilich jedem selbst, ob er sein Mahl mit etwas weniger wertvollem oder doch mit dem luxuriösen Matcha zubereitet. Glück listet in seinem Buch einige Rezepte dafür auf, das neueste Kochbuch kommt jedoch aus dem Leopold-Stocker-Verlag: „Matcha. Die Krone des Grüntees in der Küche“.

Auch wenn Autorin und Kochexpertin Clea ihr Werk als reines Kochbuch konzipiert hat, verzichtet sie nicht darauf, kurz die gesunde Seite des „Rolls-Royce“ unter den Grüntees hervorzuheben: vom „Anti-Krebs-Lebensmittel“ ist hier zu lesen, das unter anderem auch imstande ist, die Fettverbrennung anzukurbeln und den Blutzuckergehalt zu regulieren.

Und wer nur oft genug Matcha-Creme mit weißer Schokolade und Himbeeren oder Matcha-Tiramisu (Clea-Rezepte) oder exotischen Garnelensalat an Matcha-Schaum oder geräucherte Rinderzunge mit Matcha (Glück-Rezepte) isst, kann Gaumen und Gesundheit Gutes tun. Und vielleicht sogar ein paar Jahre länger leben.

Richtig trinken

Matcha (Japanisch für gemahlenen Tee) trinkt man nicht nur, Matcha zelebriert man. Es kommt auf die richtige Zubereitung an.

Aufschäumen: Eine Portion Matcha (entspricht etwa zwei Messlöffeln = Chashaku) in eine Keramikschale geben, danach etwas Wasser von etwa 80 Grad Celsius (Wasser nach dem Kochen vier bis fünf Minuten stehen lassen) dazugeben und verrühren, sodass sich alle Brocken auflösen. Dann den Rest des Wassers (60 bis maximal 200 Milliliter) hinzufügen und mit einem Bambusbesen (= Chasen) etwa zwei Minuten schaumig schlagen. Je mehr Schaum, desto besser der Tee – erst durch den Kontakt mit Sauerstoff entfaltet das pulverisierte Teeblatt die volle Wirkung.

Kein Licht: Der größte Feind des Pulvers ist übrigens Sonnenlicht – ist Matcha ihm nur einige Stunden ausgesetzt, verliert er einen großen Teil seiner Wirkung.

Buchtipps

Matcha. Das gesunde Grüntee-Wunder

von Walter Glück
Kneipp Verlag
96 Seiten, 12,95 €

Matcha. Die Krone des Grüntees in der Küche.

von Clea
Leopold-Stocker-Verlag, 72 S., 12,95 €

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2014)

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